Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Wegfall von Karenzentschädigung
Verstoß gegen Wettbewerbsverbot lässt Karenzentschädigung rückwirkend entfallen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine Klausel, die den rückwirkenden Wegfall einer Karenzentschädigung für den Fall vorsieht, dass ein GmbH-Geschäftsführer gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot verstößt, zulässig ist.
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot gegen Karenzentschädigung – soweit so gut
Der (ehemalige) Geschäftsführer einer GmbH unterlag einem zweijährigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung. Zudem war vereinbart, dass diese Karenzentschädigung rückwirkend, also von Beginn an (ex tunc) wegfallen sollte, wenn der Geschäftsführer während der Dauer des Wettbewerbsverbots dagegen verstieße. Ferner enthielt der Anstellungsvertrag einen Passus, nach dem der Geschäftsführer im Fall eines Verstoßes eine etwa bereits gezahlte Karenzentschädigung an die GmbH zurückzahlen müsse. Es kam wie es kommen musste: der Geschäftsführer wurde Ende Mai 2012 abberufen und sein Anstellungsverhältnis gekündigt. Die entsprechend fällige Karenzentschädigung für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot des Geschäftsführers wurde jedoch zu dessen Ärger nicht gezahlt. Im Juni 2013 nahm er einen Geschäftsführerposten bei einem Konkurrenzunternehmen der GmbH an. Parallel verlangte er klageweise von der „alten“ GmbH die Zahlung „seiner“ Karenzentschädigung für die gesamte Zeit des vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots von 24 Monaten – und verlor am Ende vor dem BGH.
Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot bedeutet das Ende für die Karenzentschädigung – und zwar von Anfang an!
Die BGH-Richter hatten keine Sympathie für die Ansicht des ehemaligen GmbH-Geschäftsführers und wiesen die Klage komplett ab. Sie erklärten knapp: mit dem Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot war auch der Anspruch auf die Karenzentschädigung rückwirkend vollumfänglich entfallen. Eine daraus etwa resultierende unbillige Belastung des Geschäftsführers sah der BGH nicht. Insbesondere sei die Entschädigung hier nicht als eine Einkommensersatzleistung, die grundsätzlich billigerweise nicht rückwirkend weggenommen werden dürfe, zu betrachten, weil es der GmbH sogar vertraglich erlaubt war, ganz auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten mit der Konsequenz des Wegfalls der Entschädigung. Auch kam es nach Ansicht der BGH-Richter nicht in Betracht, allein den rückwirkenden Wegfall der Karenzentschädigung als unwirksam zu beurteilen, denn dies wäre eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Klausel gewesen. Durch die Reduzierung einer vertraglichen Bestimmung kann nämlich nur ein die zeitlichen Schranken übersteigendes Wettbewerbsverbot auf das noch zu billigende zeitliche Maß zurückgeführt werden.
Was ist wichtig?
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGHs sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote nur dann gerechtfertigt und nicht sittenwidrig, wenn und soweit sie notwendig sind, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind nur wirksam, wenn sie in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten. Dem Geschäftsführer einer GmbH, mit dem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wird, muss grundsätzlich keine Karenzentschädigung versprochen und später gezahlt werden. Im aktuellen Urteil hat sich der BGH nun erstmalig zum rückwirkenden Verfall einer Karenzentschädigung geäußert und klargestellt, dass – wenn dennoch eine Entschädigung versprochen wird – die Vertragsparteien ihre Höhe frei vereinbaren und auch wirksam den rückwirkenden Wegfall einer versprochenen Karenzentschädigung für den Fall vereinbaren können, dass der Geschäftsführer gegen das Wettbewerbsverbot verstößt. Das Urteil gilt im Übrigen nicht für nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern.
BGH, Urteil vom 23.04.2024, II ZR 99/22