Keine Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG allein durch Einlageminderung

Negatives Kapitalkonto durch Haftsumme der Kommanditistin gedeckt 

Im Streitjahr wurden Entnahmen der alleinigen Kommanditistin der Kommanditgesellschaft in Höhe von ca. 600.000 € erklärt. Dabei betrug die eingetragene Haftsumme der Kommanditistin ca. 1 Mio. €. Abzüglich des laufenden Gewinns und zuzüglich der Einkünfte aus der Ergänzungsbilanz führten die Entnahmen zu einer Erhöhung ihres bereits bestehenden negativen Kapitalkontos und folglich zu einer Einlageminderung im Sinne des § 15a Abs. 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Gesamtsumme des Kapitalkontos überschritt dabei nicht die im Handelsregister eingetragene Haftsumme.

Soweit …

  • die Entnahme aufseiten der Kommanditistin nicht zum Be- oder Entstehen von Haftung führt (Ausnahme) und 
  • vorangegangene Verluste bereits genutzt worden sind,

… wäre der Kommanditistin der Betrag der Einlageminderung als Gewinn hinzuzurechnen. 

Wiederaufleben der Haftung

Das Finanzamt interpretierte die Ausnahme zur Gewinnhinzurechnung als Fallkonstellation, bei der aufgrund einer Entnahme eine Außenhaftung des Kommanditisten entstanden ist (Wiederaufleben der Haftung). Es sah den Ausnahmetatbestand durch die Erhöhung des negativen Kapitalkontos nicht verwirklicht und setzte die Gewinnhinzurechnung abweichend von der eingereichten Erklärung für das Jahr 2016 auf ca. 200.000 € fest. Dagegen klagte die Kommanditgesellschaft. Als Begründung verwies die Klägerin auf die im Handelsregister eingetragene Haftsumme, die bis zu ihrer Höhe eine Haftungsentstehung – oder Haftungserhöhung durch Entnahme – verhindern solle.

Kein Verlustausgleichspotenzial 

In seinem Urteil vom 16.2.2022 entschied das Finanzgericht Köln zugunsten der Klägerin und bejahte für den Streitfall das Vorliegen des Ausnahmetatbestands. Die vom Finanzamt durchgeführte Gewinnhinzurechnung wurde für rechtswidrig erachtet. Als Begründung verwies das Finanzgericht auf den Sinn und Zweck der Vorschrift: Die Gewinnhinzurechnung soll als Bestrafung verhindern, dass die Kommanditistin durch vorübergehende Einlagen oder vorübergehende Haftungserweiterungen ohne echte wirtschaftliche Eigenbelastung steuerliche Verlustausgleichspotenziale generiert. Diese Missbrauchsvermeidung wurde laut Finanzgericht auch von der im Handelsregister auf die Kommanditistin eingetragene Haftsumme bereits getragen, da hier eine echte wirtschaftliche Eigenbelastung von Verlustanteilen vorlag (Bestehen der Haftung).

Bestehen der Haftung

Der Bundesfinanzhof folgt in seinem Urteil vom 16. Januar 2025 der Argumentation des Finanzgerichts Köln und misst der Auslegung nach Sinn und Zweck sowie der damit verbundenen teleologischen Reduktion mehr Bedeutung zu als dem Gesetzeswortlaut. Er macht deutlich, dass es für den Tatbestand der Außenhaftung keinen Unterschied macht, ob die Außenhaftung wieder auflebt, durchgehend bestanden hat oder aber infolge der Erhöhung der Haftsumme im Handelsregister sogar erst im Jahr der Einlageminderung entsteht. Eine bedingt durch die Einlageminderung vorgenommene Erhöhung der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme entspricht damit dem Normzweck des § 15a EStG und stellt keine sich widersprechende Gestaltungsmöglichkeit dar. Im Umkehrschluss besteht im Fall einer (erneuten) Herabsetzung der Haftsumme das Risiko einer rückwirkenden Gewinnhinzurechnung.

Überprüfung der eingetragenen Haftsumme

Die Veröffentlichung des Urteils vom Bundesfinanzhof sorgt für Erleichterung aufseiten der Kommanditisten. Unternehmen sowie Steuerberater:innen können fest damit rechnen, dass das Finanzamt neben dem Wiederaufleben der Haftung auch die bestehende Haftung als zulässigen Ausnahmetatbestand akzeptiert und keine Gewinne hinzurechnet. Eine Überprüfung der bei den Mandant:innen jeweils eingetragenen Haftsumme erscheint mit Rückblick auf dieses Urteil in Fällen mit Gewinnhinzurechnungspotenzial für sinnvoll. 

Dr. Lutz Engelsing

Steuerberater

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