Kein Werbungskosten- und Sonderausgabenabzug bei Übertragung eines Mietobjekts gegen Leibrente
Kernaussage
Nachdem ein Sonderausgabenabzug für wiederkehrende Zahlungen im Zusammenhang mit der Übergabe privater Immobilien seit 2008 nicht mehr zulässig ist, hält das FG Bremen -entgegen BMF-Schreiben vom 11.3.2010 auch einen anteiligen Werbungskosten nicht für zulässig.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige erzielte im Streitjahr u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das Vermietungsobjekt hatte die Steuerpflichtige mit notariellem Vertrag aus 2011 von ihrem Vater unentgeltlich übertragen bekommen. Die Steuerpflichtige beantragte die Eintragung einer Reallast zugunsten des Übergebers für seinen Anspruch auf eine monatliche Leistung von 2.000,00 € bzw. nach Anpassung auf 2.500,00 €. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Steuerpflichtige Vermietungseinkünfte. Neben der mit den Beträgen des Vaters fortgeführten Absetzung für Abnutzung (AfA) und anderen Werbungskosten machte die Steuerpflichtige für die vertragsgemäßen Zahlungen an den Vater Werbungskosten in Höhe von 30.000,00 Euro (2.500,00 Euro/Monat × 12 Monate) geltend.
Das Finanzamt berücksichtigte die Zahlungen an den Vater nur teilweise (in Höhe des Ertragsanteils nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) EstG) als Werbungskosten. Hiergegen legte die Steuerpflichtige Einspruch ein. Sie führte aus, dass die dauernde Last bzw. Rente in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar seien.
Der Einspruch wurde vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass die Zahlungen der Steuerpflichtigen an ihren Vater wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung zu Lebzeiten darstellen. In diesem Fall könnten nur der in den Zahlungen enthaltene Zinsanteil (Ertragsanteil) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden. Gegen die Einspruchsentscheidung legte die Steuerpflichtige Klage ein.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass die Klage unbegründet ist. Die Zahlungen an den Vater können nach Auffassung des FG gar nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.
Dem FG zufolge sind die Zahlungen der Klägerin als Leibrenten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 EStG zu werten. Leibrenten sind demnach wiederkehrende Zahlungen, die für die Dauer der Lebenszeit einer Bezugsperson gezahlt werden. Diese stehen jedoch nach Auffassung des FG nicht im Zusammenhang mit den Vermietungseinkünften, sodass ein Abzug als Werbungskosten entfällt.
Ein Übergabevertrag mit dem ein Grundstück mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge auf einen Abkömmling gegen Gewährung einer Versorgungsleistung übertragen wird, ist nach ständiger Rechtsprechung steuerrechtlich nicht als Veräußerungsgeschäft zu betrachten. Die Übertragung stellt vielmehr eine unentgeltliche Übertragung unter Vorbehalt eines Teils der Erträge dar. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. stellten die wiederkehrenden Versorgungsleistungen in diesen Fällen weder Veräußerungsentgelt, noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar.
Gemäß BFH-Urteil vom 29.01.1992 (Az.: X R 193/87) besteht bei der Vermögensübertragung von Eltern auf Kinder gegen wiederkehrende Leistungen eine widerlegbare Vermutung, dass die Leistung und Gegenleistung nicht wie unter fremden Dritten aufgrund kaufmännischer Gesichtspunkte abgewogen wurden, sondern unabhängig vom Wert der übertragenen Vermögenswerte nach dem Versorgungsbedürfnis der Eltern und/oder nach der Ertragskraft des übertragenen Vermögens bemessen worden sind und damit eine beiderseitige Unentgeltlichkeit vorliegt. In diesen Fällen beinhalten die Versorgungsleistungen gemäß dem BFH-Beschluss vom 05.07.1990 keine Gegenleistung des Übernehmers. Das gilt jedenfalls immer dann, wenn die wiederkehrenden Leistungen auf die Lebenszeit des Versorgungsberechtigten gezahlt werden (BFH vom 31.08.1994 - X R 44/93) und aus den Nettoerträgen des übertragenen Vermögensgegenstands geleistet werden können.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Grundstücksübertragungsvertrag ein unentgeltlicher Übergabevertrag zur vorweggenommenen Erbfolge ist. Angesichts der Höhe der vereinbarten Rente und des angegebenen Werts des Grundstücks kann unter Berücksichtigung des Alters des Vaters der Klägerin bei der Übertragung nach Auffassung des FG nicht von einer Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgegangen werden.
Außerdem hat sich die Klägerin im Rahmen der Fortführung der AfA des Vaters auch auf die Unentgeltlichkeit der Übertragung berufen. Zudem bestehen dem FG zufolge keine Zweifel daran, dass im Zeitpunkt der Übertragung die begründete Erwartung bestand, dass die vereinbarten Versorgungsleistungen in vollem Umfang aus den Erträgen des Grundstücks getragen werden konnten. Die Rentenzahlungen durch die Klägerin sind somit nach Auffassung des FG dem privaten Bereich zuzuordnen.
Daran ändere auch nicht die Tatsache, dass Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mietgrundstücks nicht gemäß § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG zum Sonderausgabenabzug zugelassen sind. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG regelt den zuvor in § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG behandelten Sonderausgabenabzug für auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen. Allerdings ist dieser Sonderausgabenabzug für Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit Vermögensübertragungen ab dem 01.01.2008 durch das Jahressteuergesetz 2008 insoweit eingeschränkt worden, als er nur (noch) bei der Übertragung bestimmter, in § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG genau benannter Vermögensgegenstände zugelassen ist. Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung einer vermieteten Immobilie sind danach nicht zum Sonderausgabenabzug zugelassen.
Der Gesetzgeber klammerte damit bewusst bestimmte Vermögensübertragungen aus den steuerrechtlich beim Sonderausgabenabzug zu berücksichtigenden Sachverhalten aus, ohne grundsätzlich die Differenzierung zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Übertragungen aufzugeben. Deshalb ist es nach Auffassung des FG nicht möglich, bei der Übertragung eines Mietgrundstücks gegen Versorgungsleistungen wegen Fehlens einer gesetzlichen Zulassung des Sonderausgabenabzugs ersatzweise eine Berücksichtigung der Rentenzahlungen als Werbungskosten vorzunehmen.
Hinweis
Nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde ist die Revision beim BFH anhängig (Az.: IX R 11/19).