IDW ES 17 – Ein neuer Standard für börsenkursbasierte Kompensationen
Mit dem am 14. Mai 2025 veröffentlichten Entwurf des IDW ES 17 legt das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) erstmals einen eigenständigen Standard zur Beurteilung der Angemessenheit börsenkursbasierter Kompensationen vor. Ziel ist es, ein strukturiertes, theoretisch fundiertes und zugleich praxisnahes Rahmenwerk zu schaffen, das insbesondere für Angemessenheitsprüfungen nach dem Aktiengesetz bzw. Umwandlungsgesetz (z.B. für Squeeze-Outs oder Verschmelzungen) Anwendung finden soll.
Was regelt der IDW ES 17 konkret?
Der Standard definiert sechs zentrale Beurteilungskriterien, anhand derer die Angemessenheit eines Börsenkurses beurteilt werden kann. Diese Kriterien werden in einem Ampelsystem zusammengeführt, das eine transparente und nachvollziehbare Bewertung ermöglicht.
- Anteilseignerstruktur (gibt es dominierende Anteilseigner?)
- Liquidität (können Wertpapiere schnell, einfach und ohne signifikante Preisänderungen in großen Mengen gekauft und verkauft werden?)
- Marktabdeckung (in welchem Umfang publizieren professionelle Marktbeobachter Einschätzungen?)
- Umfang der Berichterstattung (wie hoch ist der Grad der Informationsbereitstellung?)
- Stichtagsprinzip (haben sich Struktur und Rahmenbedingungen zwischen Börsenkursstichtag und Bewertungsstichtag verändert?)
- Kursbeeinflussung (liegen Anhaltspunkt für z.B. Insidertransaktionen oder Marktmanipulation vor?)
Falls für alle sechs Beurteilungskriterien eine grüne Ausprägung im Ampelsystem vorliegt, darf der Börsenkurs als alleiniger Maßstab für den „wahren“ Wert herangezogen werden. Sofern mindestens eine Ausprägung gelb oder rot ist, ist die Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswertes nach dem IDW S 1 erforderlich.
Warum ist der Standard relevant?
In der Vergangenheit war die Bewertung börsennotierter Unternehmen – insbesondere im Rahmen von Strukturmaßnahmen – häufig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Der IDW ES 17 schafft hier erstmals einheitliche Bewertungsmaßstäbe, die sowohl für Wirtschaftsprüfer als auch für Gerichte und Unternehmen eine höhere Rechtssicherheit bieten sollen.
Was bedeutet das für die Praxis?
Für Bewertungsexperten und Transaktionsberater bedeutet der neue Standard:
- Mehr Verantwortung: Die Beurteilung des Börsenkurses wird zur prüferischen Kernaufgabe.
- Mehr Transparenz: Die Kriterien sind offen zu dokumentieren.
- Mehr Qualität: Die Anwendung des Ampelsystems fördert eine konsistente Bewertungspraxis.
Fazit und Ausblick
Der IDW ES 17 ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Standardisierung und Nachvollziehbarkeit bei börsenkursbasierten Bewertungen. Die Stellungnahmefrist läuft noch bis zum 31. August 2025. Es bleibt abzuwarten, inwieweit der finale Standard über die Bewertungspraxis hinaus auch Einfluss auf die Rechtsprechung und regulatorische Anforderungen nehmen wird.