Hoher Alkoholkonsum spricht gegen fachlichen Charakter einer Veranstaltung
Aufzeichnungspflichten bei bestimmten Betriebsausgaben
Bestimmte steuerliche Aufwendungen sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Ein Hauptanwendungsfall sind Bewirtungskosten, aber auch Aufwendungen für Geschenke, Gasthäuser, Repräsentation, häusliches Arbeitszimmer und unangemessene Aufwendungen gehören dazu. Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach § 4 Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) vom Abzug ausgeschlossen sind (z.B. für den nicht abzugsfähigen Bewirtungsanteil von 30 %), dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie besonders aufgezeichnet sind. Die Pflicht zur besonderen Aufzeichnung ist erfüllt, wenn diese Aufwendungen fortlaufend, zeitnah und bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich auf besonderen Konten im Rahmen der Buchführung gebucht oder bei Einnahmenüberschussrechnung von Anfang an getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben einzeln aufgezeichnet werden. Eine erstmals nach Ablauf des Geschäftsjahres vorgenommene Verbuchung genügt diesem Erfordernis nicht und führt zur Versagung des Betriebsausgabenabzugs. Nicht selten kommt es zum Streit mit dem Finanzamt, wie der entschiedene Fall des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg zeigt.
„Normale“ Veranstaltungs- oder Bewirtungskosten mit Aufzeichnungspflichten?
Eine GmbH aus dem Projektsteuerungsmarkt führte in den Jahren 2013 und 2014 jeweils zum Anfang des Jahres eine „Kick-off-Veranstaltung” bzw. im Jahr 2015 ein Betriebsjubiläum für ihre Kunden und Mitarbeiter:innen aus. Die Veranstaltungen fanden jeweils auf einer aktuell betreuten Baustelle statt. Zum Kundenkreis gehörten Unternehmen der Immobilienwirtschaft, insbesondere Bauträger, Immobilienfonds, für Eigenbedarf investierende Unternehmen sowie die bauende öffentliche Hand. Auf den Veranstaltungen liefen auf einigen Bildschirmen Werbetrailer der Firma, außerdem waren zu Cateringzwecken provisorische Tresen aufgebaut, an denen die Gäste sich Speisen „in die Hand“ sowie Getränke abholen konnten, um diese an Stehtischen zu verzehren und dabei ihre Kontaktgespräche fortzusetzen. Abgesehen von Hintergrundmusik wurde kein gesondertes Unterhaltungsprogramm angeboten. Neben den Gästen nahmen an den Veranstaltungen auch die vier Geschäftsführer:innen des Unternehmens und im Wesentlichen auch alle Mitarbeiter:innen teil, die sich jeweils um Gäste oder Gästegruppen zu kümmern hatten. Es wurden in den drei Veranstaltungsjahren durchschnittlich 221 Gäste jährlich betreut, davon 52 Mitarbeiter:innen. Während in den Buchführungen und Jahresabschlüssen der Streitjahre für andere unstreitige Bewirtungsaufwendungen ordnungsgemäße Aufzeichnungen vorgenommen wurden, zeichnete die Gesellschaft die der Höhe nach unstreitigen Kosten für das Catering der drei Veranstaltungen nicht einzeln und getrennt von den anderen Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 7 EStG) auf. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurden die bis dahin ungekürzt berücksichtigten Cateringaufwendungen der Veranstaltungen in Höhe von 9.313 € für 2013, 14.163 € für 2014 und 17.328 € für 2015 als nicht abziehbare Aufwendungen behandelt, weil die Aufzeichnungspflichten für Bewirtungsaufwendungen nicht erfüllt worden seien. Im Klageverfahren machte das Unternehmen geltend, die Darreichung der Speisen und Getränke hätte allenfalls das Niveau eines dem Rahmen der Veranstaltung angepassten Imbisses. Im Vordergrund habe der fachliche Austausch gestanden. Der überwiegende Repräsentations- und Werbezweck der Kick-off- und Jubiläumsveranstaltungen dränge die Ausgaben für Catering aus dem Anwendungsbereich der Bewirtungskosten (und damit auch aus den Aufzeichnungspflichten).
Bei Verstoß von den Aufzeichnungspflichten droht 100 % Schaden
Das Finanzgericht war zunächst der Überzeugung, dass die Cateringkosten der Klägerin für die Veranstaltungen in den Streitjahren betrieblich veranlasste Aufwendungen darstellten, weil der geschäftliche Netzwerkgedanke bestimmend war. Trotzdem wies der Senat die Klage ab, weil er die Aufwendungen als Bewirtungskosten aus geschäftlichem Anlass ansah, die überhaupt nur dann als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, wenn die qualifizierten Nachweis- und Aufzeichnungspflichten – wie hier nicht der Fall – erfüllt worden sind. Nach den Ausführungen des Gerichts unterfallen „reine“ Bewirtungen von Arbeitnehmer:innen nicht der Abzugsbeschränkung für Bewirtungskosten und damit auch nicht den diesbezüglich geltenden Aufzeichnungspflichten. Die Abzugsbeschränkung gelte aber für gemischte Veranstaltungen, bei denen neben Geschäftspartnern und Kunden auch eigene Arbeitnehmer:innen teilnehmen. Nichts anderes gelte, wenn die Verköstigung in einen anderen betrieblichen Vorgang eingebunden und diesem gegenüber untergeordnet ist.
Hoher Alkoholkonsum widerspricht qualitativ hochwertigem fachlichen Austausch
Nach Würdigung der vorgelegten Cateringrechnungen war der Senat nicht zur Überzeugung gelangt, dass Essen und Getränke im Hintergrund des fachlichen Austauschs bei den Veranstaltungen geblieben wären; denn bei Division der berechneten alkoholischen Getränke durch die vorgetragene Teilnehmerzahlen ergab sich für 2013 und 2014 rein rechnerisch unter vorsichtiger Berücksichtigung eines großzügigen Restbestands (30 % der abgerechneten Getränke), dass ein Teilnehmer der laut Klägerin vierstündigen Veranstaltung im Durchschnitt mindestens 0,7 Liter Bier und zusätzlich 0,5 Flaschen Rot- oder Weißwein oder Prosecco getrunken haben muss. Alkoholfreie Getränke wurden laut Rechnung nicht ausgegeben. Aus Sicht des erkennenden Senats müssten sich dadurch auf allen drei Veranstaltungen rein rechnerisch viele Teilnehmer:innen im Verlauf der Veranstaltungen nicht mehr in einem Zustand befunden haben, in dem das Führen fachlicher Gespräche realistisch erscheint, und, falls doch, dürften diese Gespräche nicht den für Repräsentations- und Werbezwecke qualitativ hochwertigen Charakter erreicht haben.
Schlussfolgerungen für die Beratungspraxis
Werden Bewirtungskosten als allgemeine Betriebsausgaben gebucht, besteht bei einer Prüfung des Finanzamts das Risiko, 100 % steuerlich auszufallen. Hier stellt sich z.B. die Frage, wo Aufmerksamkeiten aufhören und wo Bewirtungskosten beginnen. Eine Bewirtung liegt grundsätzlich vor, wenn die Darreichung von Speisen und/oder Getränken eindeutig im Vordergrund steht. Eine Bewirtung kann allerdings auch vorliegen, wenn die Beköstigung der bewirteten Person nicht im Vordergrund steht, sondern aus der Sicht des Bewirtenden „auch“ bzw. „in erster Linie“ der Werbung oder der Repräsentation dient. Bei der Unterscheidung sollten Sie steuerlichen Rat einholen.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.10.2023 – 6 K 6089/20