Gültigkeit einer gesellschaftsvertraglichen Schiedsklausel
Kernaussage
Aufgrund einvernehmlicher Anrufung eines staatlichen Gerichts in einer Streitigkeit zwischen der Gesellschaft und einem ausgeschiedenen Gesellschafter, die sich aus einer Ausscheidensvereinbarung ergibt, kann eine im Gesellschaftsvertrag enthaltene Schiedsklausel nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie auf alle - nach Ausscheiden des Gesellschafters zwischen diesem und der Gesellschaft - entstehenden Streitigkeiten keine Anwendung finden soll.
Sachverhalt
Der Antragsteller war bis Oktober 2009 Gesellschafter der Antragsgegnerin, einer überörtlichen Sozietät von Rechtsanwälten und einer Steuerberaterin. Der Sozietätsvertrag enthält in § 15 folgende Schiedsklausel: „Alle Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag, einschließlich Streitigkeiten über seinen Bestand oder seine Beendigung, die zwischen den Sozien und/oder zwischen einem oder mehreren Sozien einerseits und der Sozietät andererseits entstehen, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs von einem Schiedsgericht endgültig und verbindlich entschieden. Auf das schiedsrichterliche Verfahren finden die Vorschriften der ZPO nach der Maßgabe Anwendung, dass die Schiedsrichter bei einem deutschen Insolvenzgericht als Insolvenzverwalter bestellt sein müssen.“ Im Dezember 2014 leitete die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller ein Schiedsverfahren ein. In dem Schiedsverfahren macht sie einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Antragsteller geltend. Der Anspruch bezieht sich auf den der früheren Beteiligungsquote des Antragstellers an der Sozietät entsprechenden Ausgleich etwaiger Verpflichtungen der Antragsgegnerin gegenüber ihrem Sozius U.K., wegen dessen Inanspruchnahme durch den Sonderinsolvenzverwalter der B-GmbH auf Rückzahlung einer Insolvenzverwaltervergütung in Höhe von ca. 11,4 Mio. € nebst Zinsen. Der Antragsteller hält das Schiedsverfahren für unzulässig.
Entscheidung
Der geltend gemachte Freistellungsanspruch wird von der gesellschaftsvertraglichen Schiedsklausel erfasst. Der Auslegung der Schiedsklausel steht nicht entgegen, dass die Parteien ein Verfahren vor dem Landgericht geführt haben. Das Oberlandesgericht hat zu Recht angenommen, dass die Parteien die Schiedsklausel lediglich für den betreffenden Streitgegenstand durch die einvernehmliche Anrufung des staatlichen Gerichts aufheben wollten. Umstände, die zu einem anderen Ergebnis führen würden, sind nicht dargelegt worden. Insofern kann hierin kein Indiz gesehen werden, dass die Parteien jegliche Streitigkeiten, die nach dem Ausscheiden des Antragstellers aus der Sozietät entstehen, dem Anwendungsbereich des § 15 des Gesellschaftsvertrags entziehen wollten. Ein solcher Parteiwille könnte allenfalls in Bezug auf die Ausscheidensvereinbarung angenommen werden. Der geltend gemachte Freistellungsanspruch ergibt sich jedoch nicht hieraus, sondern betrifft das Verhältnis zwischen Sozietät und dem Antragsteller als ehemaligem Mitglied der Sozietät.
Konsequenz
Die Entscheidung überzeugt. Die einer Schiedsvereinbarung unterliegenden Parteien sollten beachten, dass eine konkludente einvernehmliche Abbedingung lediglich für den betreffenden Streitgegenstand angenommen werden kann.