Grundlegender Reformvorschlag der EU-Kommission zur Mehrwertsteuer

Hintergrund

Das aktuelle System der Mehrwertsteuer in der EU ist kompliziert, teuer und betrugsanfällig. Geschätzt gehen dem Fiskus ca. 150 Milliarden € jährlich durch Betrug verloren, 50 Milliarden € alleine durch grenzüberschreitende Transaktionen. Um dem ein Ende zu setzen, hat die EU-Kommission am 4.10.2017 einen Vorschlag zu einer grundlegenden Reform der Mehrwertsteuer vorgelegt. Grenzüberschreitende Umsätze sollen demnach einheitlich gemäß den Vorgaben des Bestimmungslandes besteuert werden. Hierdurch soll das seit 25 Jahren existierende System, das eigentlich als Übergangslösung konzipiert war, abgelöst werden.

Eckpunkte der Reform

Bevor die eigentliche Reform umgesetzt wird, soll übergangsweise das bisherige System ab dem 1.1.2019 durch folgende Maßnahmen verbessert werden:
  • Einführung des zertifizierten Steuerpflichtigen
    Unternehmer können den Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen erhalten. Sie gelten dann als vertrauenswürdig und können Vereinfachungen im innergemeinschaftlichen Warenverkehr in Anspruch nehmen. Dies setzt voraus, dass der Unternehmer keine schweren Verstöße gegen das Steuer- oder Zollrecht bzw. schwere Straftaten begangen hat. Ferner muss er über ein adäquates internes Kontrollsystem verfügen sowie zahlungsfähig sein. Die Anforderungen gelten als erfüllt, wenn dem Unternehmen schon der Status des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten für Zollzwecke (AEO) gewährt wurde.
  • Umsatzsteueridentifikationsnummer (USt-IdNr.)
    Die Gültigkeit der USt-IdNr. des Empfängers der Lieferung soll materielle Voraussetzung für die Steuerbefreiung werden.
  • Reihengeschäfte
    Die Behandlung von Reihengeschäften in der EU soll vereinheitlicht werden.
  • Konsignationslager
    Lieferungen in ein Konsignationslager zwischen zertifizierten Steuerpflichtigen sollen unter bestimmten Bedingungen als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt werden (zur derzeitigen Behandlung vgl. auch BMF-Schreiben v. 10.10.2017).

Bestimmungslandprinzip

Im Rahmen der Reform soll in einer ersten Stufe bis 2022 die Besteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen auf das Bestimmungslandprinzip umgestellt werden. Die Lieferung eines deutschen Unternehmers z.B. nach Frankreich wird dann wie ein Inlandsumsatz in Frankreich besteuert, also unter Beachtung des in Frankreich geltenden Steuersatzes. Steuerschuldner ist grundsätzlich der Lieferant, der die Umsatzsteuer in seinem Ansässigkeitsstaat über ein elektronisches Portal anmeldet. Sofern der Erwerber ein „zertifizierter Steuerpflichtiger“ ist, ist dieser Steuerschuldner. Nach Abschluss dieser ersten Stufe soll dann das Bestimmungslandprinzip auf sämtliche Dienstleistungen ausgeweitet werden.

Konsequenzen

Der Plan der EU-Kommission stellt die größte Reform der Umsatzsteuer in der EU seit 25 Jahren dar. Auch wenn der Rat der EU den Plänen noch einstimmig zustimmen muss, sollten sich die Unternehmen schon jetzt mit den Neuerungen befassen, da eine Umstellung erheblichen Änderungsbedarf für die Finanzbuchhaltung, die EDV und den Vertrieb mit sich bringen wird. Aufgrund der mit dem Status des zertifizierten Steuerpflichtigen verbundenen Vereinfachungen hilft es Unternehmen, diesen frühzeitig zu beantragen. Sofern die Unternehmen nicht schon für Zollzwecke als zugelassene Wirtschaftsbeteiligte erfasst sind, müssen hierzu die Voraussetzungen im Vorfeld geschaffen werden, z.B. die Implementierung eines Tax Compliance Management Systems. Gerne unterstützt die dhpg Sie hierbei.

Gert Klöttschen

Steuerberater

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