Gewerbesteuer: Internationales Schachtelprivileg auf dem Prüfstand
Hintergrund
Gewinne aus Anteilen an einer ausländischen Kapitalgesellschaft sind gemäß § 8 Nr. 5 GewStG dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen, es sei denn, sie erfüllen das so genannte internationale Schachtelprivileg des § 9 Nr. 7 GewStG. Fließt die Gewinnausschüttung der ausländischen Kapitalgesellschaft einer inländischen Organgesellschaft zu, findet für Zwecke der Körperschaftsteuer die so genannte Bruttomethode Anwendung, wonach § 8b KStG erst auf Ebene des Organträgers anzuwenden ist. Gewerbesteuerlich erfolgte hingegen – zumindest bis 31.12.2016 – die Hinzurechnung bzw. Kürzung bereits auf Ebene der Organgesellschaft.
Die Tatsache, dass die Anforderungen an die Anwendung des internationalen Schachtelprivilegs deutlich höher sind als im reinen Inlandsfall (§ 9 Nr. 2a GewStG), hat das Finanzgericht Münster nun in seinem Vorlagebeschluss vom 20.9.2016 zum Anlass genommen, dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob die Norm der Kapitalverkehrsfreiheit widerspricht.
Sachverhalt
Eine inländische Organgesellschaft vereinnahmte Gewinnausschüttungen ihrer australischen Tochtergesellschaft. Bei dieser handelte es sich lediglich um eine Zwischenholding, die wiederum Anteile an mehreren Enkelgesellschaften in verschiedenen Ländern hielt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft nicht bloß § 8b KStG nicht anzuwenden sei, sondern versagte auch die Anwendung des internationalen Schachtelprivilegs, da die strengen Anforderungen nicht erfüllt seien. Insbesondere erfülle die australische Zwischenholding nicht den Aktivitätsvorbehalt des § 9 Nr. 7 GewStG; zudem handele es sich um keine (begünstigte) Landesholding, weil sie Beteiligungen an Enkelgesellschaften in mehreren Ländern außerhalb Australiens hielt. Im Ergebnis trat somit auch auf Ebene der Organträgerin (der Klägerin) keine Minderung des Gewerbeertrages ein.
Entscheidung
Bei einem Abstellen allein auf das maßgebliche nationale Recht kommt das Finanzgericht Münster zu demselben Ergebnis wie das beklagte Finanzamt, denn die Anforderungen des § 9 Nr. 7 GewStG waren vorliegend nicht erfüllt.
Das Finanzgericht Münster hat jedoch erhebliche Zweifel daran, dass die unterschiedliche Behandlung eines rein inländischen Beteiligungsstrangs einerseits und eines Drittstaatenbeteiligungsstrangs andererseits mit der europarechtlich gebotenen Kapitalverkehrsfreiheit zu vereinbaren ist. Insbesondere sei im Inlandsfall kein Aktivitätsvorbehalt zu beachten, was eine Beteiligung an ausländischen Kapitalgesellschaften steuerrechtlich weniger attraktiv mache. Auch der Gesichtspunkt der Missbrauchsabwehr könne eine Schlechterbehandlung von Gewinnausschüttungen ausländischer Kapitalgesellschaften nicht rechtfertigen. Die Kapitalverkehrsfreiheit gilt – anders als die Niederlassungsfreiheit – auch im Verhältnis zu Drittstaaten.
Konsequenz
Das Verfahren vor dem Finanzgericht Münster wurde bis zur Bekanntgabe der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs ausgesetzt. Unternehmen, die über vergleichbare Strukturen verfügen, sollten entsprechende Steuerbescheide offen halten und das Ruhen des Verfahrens beantragen.
In dem vorgenannten Kontext ist auch noch einmal auf die Gesetzesänderung durch das so genannte BEPS-Umsetzungsgesetz I vom 20.12.2016 hinzuweisen. Durch Einfügung eines § 7a GewStG hat der Gesetzgeber für Gewinne aus Anteilen im Sinne der § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG nunmehr auch für gewerbesteuerliche Zwecke die – aus der Körperschaftsteuer bereits bekannte – Bruttomethode eingeführt. Für Gewinne aus Anteilen, die nach dem 31.12.2016 zufließen, kommt es daher selbst bei Erfüllung der Voraussetzungen der vorgenannten Normen auf Ebene der Organgesellschaft nicht mehr zu einer vollständigen Entlastung. Stattdessen unterliegen nunmehr – wie bei der Körperschaftsteuer – 5 % der Dividende auf Ebene des Organträgers der Gewerbesteuer. Auf den Ausgang des Vorabentscheidungsverfahrens hat diese Gesetzesänderung jedoch keinen Einfluss.