Jahresbeginn 2021: Gestaltung mit fälligen Umsatzsteuervorauszahlungen 2020

 

Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben

Im Rahmen der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung sind Betriebsausgaben für das Kalenderjahr anzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Als Ausnahme von diesem Grundsatz sieht das Einkommensteuergesetz für gewisse Fälle eine periodengerechte Berücksichtigung von Ausgaben vor. Danach gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die beim Steuerpflichtigen kurze Zeit vor oder nach Beendigung des Kalenderjahrs, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr angefallen. Als „kurze Zeit“ gilt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen. Das Gesetz regelt zwar den „Zahlungszeitpunkt“, nicht aber die „Fälligkeit“ der betroffenen Ausgabe. Bis vor Kurzem wurde allerdings eine Fälligkeit kurz vor Beginn oder nach Ende des Kalenderjahrs der wirtschaftlichen Zugehörigkeit (damit auch zehn Tage) sowohl in der Rechtsprechung als auch in der steuerrechtlichen Literatur weit überwiegend als einschränkende Voraussetzung für eine vom tatsächlichen Zahlungsjahr abweichende Zuordnung erachtet. Mittlerweile bestehen hieran erhebliche Zweifel, wie ein Beispiel im Zusammenhang mit den zu Anfang des nächsten Jahres fälligen Umsatzsteuervorauszahlungen November und Dezember 2020 zeigt.

Zehn-Tages-Zeitpunkt für Zahlung und Fälligkeit?

Die Finanzverwaltung setzt in ihren Verwaltungsanweisungen die Zahlung und die Fälligkeit im Zeitraum bis zum 10. Januar des Folgejahrs voraus, um die Betriebsausgabe im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu berücksichtigen. Besonders wichtig: Eine nach § 108 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) hinausgeschobene Fälligkeit verlängert den Zehn-Tages-Zeitraum nach Auffassung des Finanzamts nicht. Hiernach sind die Fälligkeiten der auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fallenden Beträge auf den nächsten Werktag zu verschieben. Beispiel: Die Umsatzsteuer November 2020 (mit Dauerfristverlängerung) oder Dezember 2020 (ohne Dauerfristverlängerung) ist am 10.1.2021 fällig. Weil das ein Sonntag ist, verschiebt sich die Fälligkeit auf den 11.1.2021. Folglich gehören diese Steuerzahlungen nach Verwaltungsauffassung nicht mehr zu den Betriebsausgaben des Jahres 2020.

Finanzgerichte widersprechen der Verwaltungsauffassung

Von der Verwaltungsauffassung sind mehrere Finanzgerichte abgerückt. Im Fall einer mit Dauerfristverlängerung am 10.2.2016 fälligen und am 6.1.2016 gezahlten Umsatzsteuer für Dezember 2015 hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass es auf die Fälligkeit außerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums mangels gesetzlicher Regelung nicht ankomme. Dass sich diese Auslegung damit den Grundsätzen der Bilanzierung nähere, sei hinzunehmen, denn einer zu weit gehenden Ausdehnung stehe der bereits auf Ausnahmefälle begrenzte Gesetzeswortlaut entgegen. Hier muss der Bundesfinanzhof in der Revision des Finanzamts entscheiden. Das hat er bereits in einem Revisionsverfahren nach dem Urteil des Sächsischen Finanzgerichts getan und die mit Dauerfristverlängerung am 12.1.2015 fällige (nach Verschiebung des auf den Samstag fallenden 10.1.), aber bereits am 9.1.2015 gezahlte Umsatzsteuer für November 2014 im Jahr 2014 als Betriebsausgabe zugelassen.

Konsequenz

In Kombination der bisherigen Entscheidungen ergeben sich daher für die Umsatzsteuer für Dezember 2020 (oder das vierte Quartal) bzw. mit Dauerfristverlängerung auch für November 2020 Gestaltungsmöglichkeiten. Ist eine Einzugsermächtigung erteilt, wird das Finanzamt die am 11.1.2021 fällige Umsatzsteuer außerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums abbuchen (in der Praxis ca. drei Tage später). Hinweis: Bei einer Zahlung durch Einzugsermächtigung gilt die Steuer immer als am Fälligkeitstag entrichtet. Wer das vermeiden und den Betriebsausgabenabzug im Jahr 2020 will, sollte die Einzugsermächtigung in Zeile 73 (Kennziffer 26) der Umsatzsteuer-Voranmeldung für diesen Monat widerrufen und die Zahlung bis zum 8.1.2021 (Eingang beim Finanzamt) leisten. Bei Dauerfristverlängerung könnte in Anlehnung an das oben genannte anhängige Verfahren ebenso mit der am 10.2.2021 fälligen Umsatzsteuer für Dezember 2020 (oder das vierte Quartal) umgegangen werden. Ohne Einzugsermächtigung erübrigen sich die Einträge in Zeile 73 und für eine rechtzeitige Anmeldung und Zahlung sollte Sorge getragen werden.

Dr. Lutz Engelsing

Steuerberater

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