Finanzverwaltung klärt ertragsteuerliche Behandlung von Genussrechten

Genussrechte sind hybride Finanzinstrumente

Neben den klar abgrenzbaren Finanzierungsformen als Eigenkapital oder Fremdkapital (beispielsweise Darlehen) haben sich seit vielen Jahren auch sogenannte hybride Finanzierungsinstrumente entwickelt, die sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalmerkmale aufweisen. Zu diesen hybriden Finanzierungsformen zählen auch Genussrechte. Ziel einer solchen Finanzierung ist häufig einerseits die Stärkung des Eigenkapitals der Gesellschaft, andererseits die steuerliche Abzugsfähigkeit der Vergütungen. In den letzten Jahren war die ertragsteuerliche Behandlung von Genussrechtskapital auch innerhalb der Finanzverwaltung umstritten. Nun hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein Schreiben veröffentlicht, das die Sichtweise der Finanzverwaltung ausführlich darlegt.

Definition und Abgrenzung zu anderen Kapitalüberlassungen

Da der Begriff des Genussrechts gesetzlich nicht definiert ist, beginnt das BMF-Schreiben mit einer eigenständigen Definition. Danach umfasst der Begriff schuldrechtliche Gläubigerrechte, durch die dem Rechteinhaber im Zusammenhang mit einer Kapitalüberlassung grundsätzlich Vermögensrechte zugestanden werden, die typischerweise nur Gesellschafter:innen zustehen. Der Genussrechtsinhaber besitzt einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Kapitalgesellschaft auf Rückzahlung des überlassenen Kapitals und in der Regel einen Anspruch auf Verzinsung. Eine Genussrechtsvereinbarung darf jedoch keine gesellschaftsrechtlich geprägten mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte (Kontrollrechte, Stimmrechte etc.) vermitteln. Abzugrenzen ist das Genussrecht insbesondere von der stillen Gesellschaft (gemeinsamer Zweck) und von partiarischen Darlehen (keine Verlustbeteiligung).

Eigen- oder Fremdkapital in der Steuerbilanz

Für die bilanzielle Einordnung stellt das BMF-Schreiben eine zweistufige Prüfungsreihenfolge auf. In einem ersten Schritt wird dabei geprüft, ob es sich um Eigenkapital oder Fremdkapital handelt. Eine Qualifikation als Eigenkapital kommt dabei nur in Betracht, wenn das Genussrechtskapital von einem Anteilseigner überlassen wird. Die Kapitalüberlassung von einem fremden Dritten stellt dagegen stets Fremdkapital dar. Bei der Überlassung durch einen Anteilseigner ist dagegen darauf abzustellen, ob die Kapitalüberlassung mit einer ernstlich beabsichtigten Rückzahlungsverpflichtung versehen ist; auch in diesem Fall stellt das Genussrecht Fremdkapital dar. Dagegen spielt die Einordnung in der Handelsbilanz für die steuerbilanzielle Einordnung keine Rolle. Somit kann auch Genussrechtskapital, das nach den Vorgaben des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) in der Handelsbilanz als Eigenkapital ausgewiesen werden kann, steuerlich Fremdkapital sein.

Ansatz einer Verbindlichkeit in der Steuerbilanz

Bei einer Einordnung als Fremdkapital ist in einem zweiten Schritt noch zu prüfen, ob ein Ansatz als Verbindlichkeit in der Steuerbilanz erfolgen kann. Der Ansatz als Verbindlichkeit ist der Regelfall, scheidet jedoch in zwei Fällen aus:

  • Eine Verbindlichkeit ist nicht (mehr) zu passivieren, wenn nicht von einer wirtschaftlichen Belastung am Bilanzstichtag auszugehen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit einer Geltendmachung der Forderung durch den Gläubiger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht (mehr) zu rechnen ist.
  • Außerdem darf für eine Verpflichtung, die nur zu erfüllen ist, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, eine Verbindlichkeit erst dann angesetzt werden, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind (§ 5 Abs. 2a EStG). 

Wenn ein Ansatz als Verbindlichkeit in der Steuerbilanz ausscheidet, führt deren Wegfall bzw. die Kapitalüberlassung steuerbilanziell zu einem Ertrag. Beruht der hierdurch ausgelöste Wegfallgewinn auf dem Gesellschaftsverhältnis, ist er durch den Ansatz einer Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der betroffenen Forderungen zu neutralisieren.

Zahlungen auf das Genussrechtskapital bei der Einkommensermittlung

Ist das Genussrecht steuerbilanziell als Eigenkapital zu qualifizieren, scheidet ein Betriebsausgabenabzug für die gezahlten Vergütungen aus. Im Fall des Fremdkapitals liegen dagegen Betriebsausgaben vor, die allerdings steuerlich nicht abzugsfähig sind, wenn mit den Genussrechten das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös verbunden ist (§ 8 Abs. 3 Satz 2, 2. Alternative KStG). 

  • Dabei legt die Verwaltung eine Beteiligung am Gewinn weit aus und fasst hierunter eine Bemessung an Kennzahlen wie Jahresüberschuss, EBIT und EBITDA etc. Keine Beteiligung am Gewinn liegt dagegen vor, wenn die Vergütung abhängig vom Ergebnis einer bestimmten Unternehmenssparte, von einzelnen Wirtschaftsgütern oder anderen Konzerngesellschaften ist.
  • Eine Beteiligung am Liquidationserlös ist anzunehmen, wenn dem Genussrechtsinhaber anlässlich der Liquidation der Kapitalgesellschaft über die Rückzahlung des Genussrechtskapitals hinaus auch ein Recht auf eine zumindest teilweise Beteiligung an den stillen Reserven eingeräumt wurde. Bei Genussrechtskapital mit Verlustbeteiligung liegt eine Beteiligung am Liquidationserlös auch vor, wenn für den Fall der Liquidation des Unternehmens ein Anspruch auf Rückzahlung des Genussrechtskapitals mindestens zum Nennwert vereinbart ist. Dagegen kann allein durch die Dauer der Kapitalüberlassung noch keine Beteiligung am Liquidationserlös begründet werden.

Schreiben sorgt für Rechtssicherheit

Das Schreiben ist für alle noch offenen Fälle anzuwenden und ersetzt vorherige Schreiben. Die Ausführlichkeit und Klarheit des Schreibens sind aus Sicht des Rechtsanwenders zu begrüßen. Insbesondere werden frühere Streitfragen gelöst, indem jetzt klargestellt wird, dass es für die steuerbilanzielle Behandlung weder auf die handelsbilanzielle Einordnung noch auf die Dauer der Kapitalüberlassung ankommt. Bei entsprechender Vertragsgestaltung lässt sich somit der Ausweis als Eigenkapital in der Handelsbilanz mit dem Ansatz einer Verbindlichkeit in der Steuerbilanz und der Abzugsfähigkeit für die gezahlten Vergütungen kombinieren.

BMF-Schreiben vom 11.4.2023: Ertragsteuerliche Behandlung von Genussrechtskapital

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Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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