Einheitsbewertung für Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig
Hintergrund
Nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes bemisst sich die Grundsteuer für Grundbesitz nach dem sogenannten Einheitswert, der auf veralteten Wertverhältnissen aus dem Jahre 1964 für die „alten“ bzw. 1935 für die „neuen“ Bundesländer aufbaut. Seit Jahren ist eine Reform der Grundsteuer vor dem Hintergrund der veralteten Einheitswerte überfällig. Die Gesetzentwürfe zur Änderung der Grundsteuer von Niedersachsen und Hessen scheiterten letztes Jahr aufgrund der Uneinigkeit der Bundesländer. Nun zwingt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10.4.2018 den Gesetzgeber zum Handeln.
Sachverhalt
Die Entscheidung beruht auf drei Richtervorlagen des Bundesfinanzhofs und zwei Verfassungsbeschwerden, in denen Eigentümer von bebauten Grundstücken in verschiedenen „alten“ Bundesländern gegen die Festsetzung des Einheitswertes ihrer Grundstücke vor den jeweiligen Finanzgerichten vorgingen.
Entscheidung
Die Richter des Bundesverfassungsgerichts urteilen, dass die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen in den „alten“ Bundesländern mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar sind. Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führe zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gebe. Es wird angeordnet, dass der Gesetzgeber spätestens bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung treffen muss. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen die verfassungswidrigen Regeln weiter angewendet werden dürfen. Nach Verkündung der Reform sollen sie für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31.12.2024 greifen dürfen.
Das Gericht sieht für die Erweiterung der Vorlagefragen auf die Bewertungsregeln für land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Grundvermögen in den „neuen“ Bundesländern keinen Anlass. Hier sei eine eigenständige verfassungsrechtliche Würdigung erforderlich. Dies schließe nicht aus, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte auf die Beurteilung dieser Vorschriften zu übertragen.
Hinweis
Zwar betrifft das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zunächst einmal nur die Bewertungsregeln für Grundvermögen in den „alten“ Bundesländern. Die Argumentation der Richter ist wohl aber auch auf die Bewertungsregeln für Grundvermögen in den „neuen“ Bundesländern übertragbar. Insofern ist nicht davon auszugehen, dass diese Regelungen eine verfassungsrechtliche Prüfung passieren würden. Der Gesetzgeber wird insofern eine bundeseinheitliche Reform forcieren.
Es ist verständlich, warum die Richter den Gesetzgeber nicht zu einer kurzfristigen Lösung des Bewertungsproblems verpflichtet haben, denn die bundesweite Neubewertung der rund 35 Millionen Grundstücke in Deutschland bedarf
eines außergewöhnlichen Umsetzungsaufwands im Hinblick auf Zeit und Personal. Der Reformvorschlag des Gesetzgebers bleibt mit Spannung abzuwarten.