Catch-All Klauseln – eine Gefahr für den Geheimnisschutz im Unternehmen

Der Fall

In dem Fall, den das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden hatte, ist die klagende Arbeitgeberin eine führende Herstellerin u.a. von Verpackungsmänteln. Der beklagte Mitarbeiter war bei der Klägerin maßgeblich an der Produktentwicklung beteiligt. Sein Arbeitsvertrag enthielt folgende Klausel zur Geheimhaltung:

„Herr D wird über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie alle sonstigen ihm im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden Angelegenheiten und Vorgänge der Gesellschaft Stillschweigen bewahren. Er wird dafür Sorge tragen, dass Dritte nicht unbefugt Kenntnis erlangen. Die Verpflichtung zur Geheimhaltung besteht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus und umfasst auch die Inhalte dieses Vertrages.“

Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfuhr die Klägerin, dass der beklagte Mitarbeiter E-Mails, die spezifische Leistungsdaten enthielten, an verschiedene konkurrierende Unternehmen weitergeleitet hatte. Die Klägerin verklagte den Mitarbeiter daraufhin auf Unterlassung. 

BAG: Catch-All-Klauseln benachteiligen Arbeitnehmer unangemessen

Das Bundesarbeitsgericht wies im Oktober 2024 die Klage als unbegründet ab. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin bestehe nicht. Ein Unterlassungsanspruch folge zum einen nicht aus dem Geschäftsgeheimnisgesetz, da es sich bei den technischen Daten, die der Beklagte an die Konkurrenz übermittelt hatte, nicht um Geschäftsgeheimnisse handelte. Das Geschäftsgeheimnisgesetz sieht nämlich vor, dass es sich bei einer Information erst dann um ein Geschäftsgeheimnis handelt, wenn zu dessen Schutz angemessene Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurden. Vorliegend lagen keine angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen vor. 

Zum anderen folge ein Unterlassungsanspruch auch nicht aus der arbeitsvertraglichen Geheimhaltungsklausel. Bei der Klausel handele es sich um eine sogenannte „Catch-All-Klausel“, die uneingeschränkt und unendlich zur Verschwiegenheit verpflichten soll. Eine solche Klausel komme einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot gleich und ist daher unangemessen benachteiligend und damit unwirksam. Eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht könnte sich allenfalls auf einzelne, konkret bestimmte Geschäftsgeheimnisse beziehen.

Ausblick für die Praxis

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zeigt, dass Arbeitgeber bei zu weit gefassten Geheimhaltungsklauseln oder sogar Catch-All-Klauseln in Arbeitsverträgen zu Vorsicht zu raten ist. Stellt die arbeitsvertragliche Catch-All-Klausel die einzige Geheimhaltungsmaßnahme im Unternehmen dar, folgt aufgrund der Unwirksamkeit dieser Klausel daraus kein vertraglicher Schutz. Zum anderen folgt daraus aber auch, dass kein Geschäftsgeheimnis nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz vorliegt. Folglich fehlen auch gesetzlich vorgesehene Beseitigungs-, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche. Es besteht damit kein Geheimnisschutz mehr. 

Arbeitgeber:innen sollten daher ihre Arbeitsverträge überprüfen (lassen) und zu weit gefasste Geheimhaltungsklausel oder Catch-All-Klauseln anpassen. 

BAG, Urt. v. 17.10.2024 – 8 AZR 172/23

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