Bundesfinanzhof veröffentlicht Urteile zu nicht ortsfest eingesetzten Berufsgruppen
Kernaussage
Beruflich veranlasste Fahrtkosten von Arbeitnehmern sind grundsätzlich in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten abziehbar. Die Wege zwischen der Wohnung und dem Arbeitsort werden allerdings durch die sogenannte Entfernungspauschale eingeschränkt. Diese beträgt unabhängig vom Verkehrsmittel (von Ausnahmen abgesehen) 0,30 € je Entfernungskilometer. Dabei definiert das seit dem Jahr 2014 geltende neue Recht den Arbeitsort als „erste Tätigkeitsstätte“ im Gegensatz zur „regelmäßigen Arbeitsstätte“. Mit der Neuregelung sind auch materielle Änderungen verbunden, denn die erste Tätigkeitsstätte wird anhand der arbeitsvertraglichen oder dienstrechtlichen Zuordnung durch den Arbeitgeber bestimmt, während es nach der Altregelung auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers ankam. Liegt dagegen keine Tätigkeitsstätte vor, kann das nach dem Reisekostenrecht durch Ansatz von Fahrtkosten für Auswärtstätigkeiten und Verpflegungspauschalen zu einem günstigeren Ergebnis führen. Der Bundesfinanzhof hat jetzt für nicht ortsfest eingesetzte Berufsgruppen bedeutende Urteile veröffentlicht.
Sachverhalt
Der erste Streitfall betraf einen Polizisten, der arbeitstäglich zunächst seine Dienststelle aufsuchte und von dort seinen Einsatz- und Streifendienst antrat. Die Tätigkeiten in der Dienststelle beschränkten sich im Wesentlichen auf die Vor- und Nachbereitung des Einsatz- und Streifendienstes. In seiner Einkommensteuererklärung machte er Werbungskosten entsprechend der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nach Dienstreisegrundsätzen geltend. Er ging davon aus, dass keine erste Tätigkeitsstätte vorlag, da er schwerpunktmäßig außerhalb der Polizeidienststelle im Außendienst tätig war. Das Finanzamt berücksichtigte lediglich die Entfernungspauschale und strich die Mehraufwendungen für Verpflegung. Ähnlich erging es einer Pilotin mit fester Heimatbasis, die Reisekosten erfolglos geltend machte. Das Gleiche galt auch für eine Luftsicherheitskontrollkraft mit täglich wechselnden Einsatzorten auf dem 1.500 Hektar großen Flughafengelände. Zwei weitere Urteile betrafen befristete Arbeitsverhältnisse: Zum einen bekam ein Leiharbeitnehmer während der Befristung eine Zuordnung zu einer anderen Tätigkeitsstätte und beantragte ab diesem Zeitpunkt Reisekosten. Im anderen Fall sah ein sogenannter Gesamthafenarbeiter, der fast täglich ein neues Arbeitsverhältnis zu einem Hafeneinzelbetrieb begründete, seine Beschäftigung als Einsatzwechseltätigkeit. Lediglich der Leiharbeitnehmer bekam vor dem Finanzgericht Recht, aber hier ging die Finanzverwaltung in Revision.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hat die Einschränkung der Neuregelung als verfassungsgemäß angesehen und (fast) alle Fälle negativ beschieden. Hiernach ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer durch arbeits- oder dienstrechtliche Festlegungen sowie entsprechende Absprachen und Weisungen des Arbeitgebers dauerhaft einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet ist. Ist dies der Fall, kommt es auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht mehr an. Es reicht aus, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat. Das war bei dem Streifenpolizisten im Hinblick auf Schreibarbeiten und Dienstantrittsbesprechungen der Fall. Fliegendes Personal, das von seinem Arbeitgeber arbeitsrechtlich einem Flughafen dauerhaft zugeordnet ist und auf dem Flughafengelände zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten erbringt, die arbeitsvertraglich geschuldet sind, hat dort seine erste Tätigkeitsstätte. Das tat die Pilotin mit der Flugvor- bzw. Flugnachbereitung und somit war unerheblich, dass sie überwiegend im internationalen Flugverkehr tätig war. Der Bundesfinanzhof weist zudem darauf hin, dass auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z.B. Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof oder Flughafen) als großräumige erste Tätigkeitsstätte in Betracht kommt. Deswegen scheiterte auch die Luftsicherheitskontrollkraft mit ihrem Antrag. Licht im Schatten gibt es nur bei dem Leiharbeitnehmer: Denn erfolgt während der Befristung eine Zuordnung zu einer anderen Tätigkeitsstätte, stellt Letztere keine erste Tätigkeitsstätte mehr dar, weshalb ab diesem Zeitpunkt wieder die Dienstreisegrundsätze Anwendung finden. Bei dem Hafenarbeiter wurde der Fall an das Finanzgericht zurückverwiesen, um prüfen zu lassen, ob ortsfeste Einrichtungen des Arbeitgebers im Hafengelände vorliegen. Ist das der Fall, sieht es (wie auf dem Flughafen) schlecht aus.
Konsequenz
Die Neuregelung bringt nicht nur Nachteile, sondern die erste Tätigkeitsstätte kann durch dienst- und arbeitsrechtliche Festlegung auch steuerlich günstig gestaltet werden.