Bemessungsgrundlage für Wärmeabgabe einer Biogasanlage an andere Unternehmer

Kernaussage

Strittig ist weiterhin im 2. Rechtsgang einer Entscheidung des FG Niedersachsen v. 19.09.2019, ob und zu welcher Bemessungsgrundlage die Wärmeabgabe an andere Unternehmer trotz Zahlung eines sogenannten KWK-Bonus durch einen Netzbetreiber zu einer unentgeltlichen Wertabgabe führt.

Sachverhalt

Die Klägerin (K) betreibt eine Biogasanlage zur Erzeugung von Biogas aus Biomasse. Das erzeugte Biogas wird zur dezentralen Strom- und Wärmeproduktion in einem angeschlossenen Blockheizkraftwerk genutzt, indem es einem Verbrennungsmotor zugeführt wird, der einen Generator antreibt. Der so produzierte Strom wird überwiegend ins Netz eingespeist und nach dem EEG 2004 von dem Stromnetzbetreiber vergütet. Die dabei ebenfalls erzeugte Wärme dient zu einem Teil dem Produktionsprozess. Der überwiegende Teil der Wärme steht für andere Zwecke zur Verfügung oder bleibt ungenutzt. An ein Fernwärmenetz, über welches K ihrerseits Wärme hätte beziehen können, war diese im Streitjahr nicht angeschlossen.

Die K überließ überschüssige Wärme im Streitjahr ”kostenlos“ dem Unternehmer X zur Trocknung von Holz in Containern und eine GbR, die mit der Wärme ihre Spargelfelder beheizt. In beiden Verträgen ist geregelt, dass die Höhe der Vergütung je nach wirtschaftlicher Lage des Wärmeabnehmers individuell vereinbart und in den Verträgen nicht festgelegt werde. In den Verträgen ist außerdem geregelt, dass die Wärmeübergabe an der dafür vorgesehenen Schnittstelle der Rohrleitung zum Wärmetauscher der Trocknung erfolgt. Der Wärmeabnehmer ist für die Installation des Leitungsnetzes und eines eigenen Wärmetauschers zuständig und trägt auch deren Kosten.

Im Streitjahr erhielt K für ihre Stromlieferung von 6.714.247 kWh von ihrem Stromnetzbetreiber neben der sog. Mindestvergütung nach § 8 EEG in Höhe von 1.054.337,85 € einen Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 3 EEG (sog. KWK-Bonus), weil es sich bei dem von ihr erzeugten Strom um Strom i.S. von § 3 Abs. 4 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) handelte. Auch dieser KWK-Bonus in Höhe von 85.070,66 € wurde entsprechend der Umsatzsteuererklärung der K vom FA in die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze einbezogen.

Da die K den Wärmeabnehmern kein Entgelt in Rechnung stellte, ging das FA von einer unentgeltlichen Zuwendung seitens der K i.S. des § 3 Abs. 1 b Nr. 3 UStG aus. Den von der K von ihrem Stromnetzbetreiber erhaltenen KWK-Bonus sah es nicht als Entgelt eines Dritten nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG an. Mangels eines Einkaufspreises berechnete es die Bemessungsgrundlage für die Wertabgaben nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nach den Selbstkosten. Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Nachdem das FG im ersten Rechtsgang, der Klage stattgegeben hatte, entschied jedoch der BFH mit Urteil v. 31.05.2017 - XI R 2/14, dass der sog. KWK-Bonus, den der Stromnetzbetreiber an die K gezahlt habe, nicht als Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für die ”kostenlose“ Wärmeabgaben der K zu beurteilen sei.

Im zweiten Rechtsgang vertritt die K weiterhin die Auffassung, der sogenannte KWK-Bonus, den der Betreiber einer Biogasanlage mit Blockheizkraftwerk von seinem Stromnetzbetreiber erhalte, könne entgegen der Ansicht des BFH nicht als Entgelt für die Lieferung von Strom bewertet werden. Der BFH lasse bei seiner Begründung unbeachtet, dass die K gegenüber dem Stromnetzbetreiber stets nachweisen müsse, welche Wärmemenge gemessen in kWh nach dem EEG förderungswürdig genutzt werde. In welchem Umfang die beiden Wärmeabnehmer Wärme von der K erhalten haben, sei daher entgegen der Argumentation des BFH keineswegs unerheblich gewesen.

Hierzu hat das FG mit Urteil v. 19.09.2019 im zweiten Rechtsgang Folgendes entschieden.

Der sog. KWK-Bonus, den der Stromnetzbetreiber an den Betreiber einer Biogasanlage zahlt, ist nicht als Entgelt von dritter Seite i.S. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für die ”kostenlose“ Wärmeabgabe des Betreibers an andere Abnehmer zu beurteilen. Es handelt sich dabei vielmehr um eine Vergütung des Stromnetzbetreibers für an ihn gelieferten Strom.

Auf einen fiktiven Einkaufspreis bei selbst produzierten Gegenständen wie Wärme kann im Rahmen des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nur abgestellt werden, wenn es dem Unternehmer möglich war, diesen oder einen gleichartigen Gegenstand (d.h. Wärme) einzukaufen bzw. anderweitig zu beschaffen. Dies ist in Wärmelieferfällen etwa dann der Fall, wenn der Unternehmer an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist.

Ist ein (fiktiver) Einkaufspreis nicht feststellbar, sind die Selbstkosten als Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG anzusetzen. Eine Rechtsgrundlage, die unentgeltliche Wärmeabgabe stattdessen aus Vereinfachungsgründen nach dem bundesweit einheitlichen durchschnittlichen Fernwärmepreis des jeweiligen Vorjahres auf der Basis der jährlichen Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu bemessen, gibt es nicht.

Bei der Bestimmung der Selbstkosten ist nicht die sog. energetische Aufteilungsmethode, sondern die sog. Marktwertmethode anzuwenden, wonach die gesamten Selbstkosten nach demjenigen Schlüssel auf Wärme und Strom aufzuteilen sind, der dem Verhältnis der Marktpreise der produzierten Wärmmenge zur produzierten Strommenge entspricht. Dass der Betreiber der Biosgasanlage nicht an ein Fernwärmenetz angeschlossen war, ist dabei nicht zu berücksichtigen.

Hinweis

Nachdem das FG im zweiten Rechtsgang die Revision nicht zugelassen hatte, ist diese nunmehr nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH unter dem Aktenzeichen XI R 17/20 anhängig.

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