Die Drohung mit Selbstmord durch einen Arbeitnehmer kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies gilt vor allem nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts dann, wenn der Arbeitnehmer mit dieser Drohung Druck auf den Arbeitgeber zum Erreichen eines bestimmten Ziels ausübt.
Sachverhalt
Der Kläger war seit 1992 bei der Beklagten als Straßenwärter beschäftigt. Im Frühjahr 2013 wurde er nach einer stationären psychosomatischen Behandlung als arbeitsunfähig für die Tätigkeit als Straßenwärter entlassen und gleichzeitig einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Im Sommer 2013 nahm der Kläger an einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) teil. Gegenstand dessen war u.a. auch eine Absprache über zukünftige Einsatzmöglichkeiten des Klägers. Im Rahmen der Maßnahme tätigte der Kläger Aussagen, die von anderen Teilnehmern als Drohung mit Selbstmord und Amoklauf aufgefasst wurden. Die daraufhin verständigte Polizei brachte den Kläger mit seinem Einverständnis in die psychiatrische Ambulanz eines Klinikums. Die dort behandelnden Ärzte kamen zu dem Ergebnis, dass der Kläger sich glaubhaft von jeglichen selbst- oder fremdgefährdenden Tendenzen distanzieren konnte. Im September 2013 kündigte die Beklagte schließlich das Arbeitsverhältnis außerordentlich aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung. Begründet wurde dies insbesondere damit, dass der Kläger mit Druck versucht habe, seine Ziele durchzusetzen. Der Kläger erhob daraufhin Kündigungsschutzklage und bekam vor dem Landesarbeitsgericht zunächst Recht. Das Bundesarbeitsgericht hob das Urteil jedoch wieder auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.
Entscheidung
Aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts steht nicht fest, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung aufgelöst worden ist. Die vom Landesarbeitsgericht angegebene Begründung sei nicht ausreichend, um eine wirksame außerordentliche Kündigung anzunehmen. Zwar sei zutreffend, dass eine ernstliche Drohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben des Arbeitgebers und/oder der Arbeitskollegen "an sich" als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht komme. Ein solches Verhalten stelle eine erhebliche Verletzung der Rücksichtnahmepflicht dar, die auch während der Wiedereingliederung bestünde. So könne auch eine Drohung mit Selbstmord ein Grund zur Kündigung sein. Dies gelte jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - auf die Herbeiführung eines bestimmten Zieles (nie wieder als Straßenwärter arbeiten zu müssen) abgezielt werde. Ob die Drohung des Klägers auch als ernstlich zu beurteilen war, bedarf im vorliegenden Fall der weiteren Sachaufklärung durch das Landesarbeitsgericht.
Konsequenz
Werden Drohungen gegen einen Arbeitgeber während eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ausgesprochen, verringert dies das Gewicht der Pflichtverletzung nicht per se und schließt vor allem auch eine Verwertung als Kündigungsgrund nicht aus.
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