Ausbuchung wertloser Aktien aus dem Depot
Verluste aus Aktien
Aktienkurse entwickeln sich mitunter nicht immer in die erhoffte Richtung. Erleidet ein Anleger mit einer Aktie Verluste und ist – beispielsweise aufgrund einer Insolvenz der Aktiengesellschaft – auch nicht mehr mit einer Kurserholung zu rechnen, so sollte sich dieser erlittene Kursverlust zumindest steuermindernd auswirken. Hierfür ist erforderlich, dass diese Verluste realisiert werden. Eine Realisation erkennt das Gesetz neben dem Grundfall der Veräußerung in der „Einlösung, Rückzahlung oder Abtretung“ einer Kapitalanlage.
Enge Auslegung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung vertritt hierzu die Auffassung, dass nur die Veräußerung, also die entgeltliche Übertragung der Aktie auf jemand anderen, zu einer Verlustrealisierung führt. Selbst wenn der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt, z.B. weil einem Kurswert von wenigen Cent ein Ausführungsentgelt der depotführenden Bank von einigen Euro gegenübersteht, will die Finanzverwaltung hierin bislang keine „Veräußerung“ erkennen.
Rechtsprechung erkennt Verluste an
Bereits im vergangenen Jahr hat der Bundesfinanzhof – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – entschieden, dass eine verlustrealisierende Veräußerung auch dann vorliegt, wenn die Veräußerungskosten den Veräußerungserlös übersteigen. Die Entscheidung begünstigt jedoch nur solche Fälle, in denen es noch zu einer Veräußerung, z.B. über die Börse, gekommen ist. Es sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen eine solche Veräußerung nicht mehr möglich ist, z.B. weil die Aktiengesellschaft nicht mehr an einer Börse gelistet oder sie liquidiert ist. In der Praxis werden solche wertlosen Anteile von der Depotbank früher oder später ersatzlos ausgebucht. Eine Einstellung des Verlusts in den Verlustverrechnungstopf für Aktiengewinne erfolgt hingegen – aufgrund der ablehnenden Auffassung der Finanzverwaltung – nicht. In einem solchen Fall hat nun das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass auch die ersatzlose Ausbuchung endgültig wertlos gewordener Aktien durch die depotführende Bank zu einem einkommensteuerlich berücksichtigungsfähigen Verlust führt. Es handle sich in einem solchen Fall zwar nicht um eine Veräußerung, aber um eine „ausbleibende Rückzahlung“ und damit einen Veräußerungsersatztatbestand. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Steuerpflichtiger seine Aktien kurz vor der Ausbuchung noch für einen symbolischen Euro verkauft oder – weil ihm eine Veräußerung nicht mehr möglich war – diese Aktien ausgebucht werden. In beiden Fällen habe der Anleger einen steuerlich beachtlichen Vermögensverlust erlitten.
Einordnung und Handlungsempfehlung
Die Entscheidung des Finanzgerichts überzeugt in der Begründung und ist auch in der Sache zu begrüßen. Mit Einführung der Abgeltungsteuer wollte der Gesetzgeber eine vollständige Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreichen. Hierzu zählen auch Verluste aus der Ausbuchung wertloser Aktien. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Der Bundesfinanzhof wird im Rahmen der Revision Gelegenheit haben, seine bisherige Linie zur „Veräußerung“ von Kapitalanlagen (Forderungsausfall, Verkauf unter den Veräußerungskosten) fortzuentwickeln. Bis dahin sollte – wenn eine verlustrealisierende Veräußerung nicht (mehr) möglich ist – der Verlust im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht und diese gegebenenfalls bis zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs offengehalten werden.