Amerikanische Zollpolitik bringt internationale Lieferverträge in Gefahr
Auswirkungen von Zöllen auf bestehende Lieferverträge
Mit der Amtsübernahme von Donald Trump scheint eine absolute Zeitenwende in der Zollpolitik eingetreten zu sein. Aufgrund negativer Handelsbilanzen zu anderen Staaten und um die eigene Produktion zu fördern, hat sich Trumps Regierung am 2.4.2025 dazu entschieden, weltweit massiv Handelszölle einzuführen. Dies entfachte nicht nur einen echten Zollkrieg zwischen den Staaten, auch von innen wehrten sich amerikanische Gerichte gegen die Zollpolitik Trumps. In der Privatwirtschaft wachsen seitdem Unsicherheiten. Insbesondere bereits geschlossene internationale Lieferverträge müssen nun genauer untersucht werden. Problematisch sind Fälle, in denen sich ausländische Verkäufer vertraglich verpflichtet haben, Waren an Abnehmer in den USA zu liefern noch bevor die Zölle eingeführt worden sind. Wer trägt das wirtschaftliche Risiko für die Zollerhöhungen? Welche Möglichkeiten haben Unternehmen, Preisanpassungen zu verlangen? Was sollte bei künftigen Lieferverträgen beachtet werden? Entscheidend sind grundsätzlich die vertraglich vereinbarten Lieferbedingungen.
Incoterms
In der heutigen Praxis verweisen internationale Lieferverträge meist auf das UN-Kaufrecht unter zusätzlicher Einbeziehung der Incoterms 2020. Hierbei handelt es sich um Vertragsklauseln, die von der internationalen Handelskammer herausgegeben werden und die standardisierte Abwicklung von Handelsgeschäften ermöglichen. Nach dem vereinbarten Incoterm richtet sich dann die Zollverpflichtung. Allerdings trägt nur bei der Verwendung der Klausel „Delivered Duty Paid“ (DDP) der Lieferant das Risiko der Einfuhrzölle. Hierdurch wird eine echte Bringschuld vereinbart, was dazu führt, dass der Verkäufer die Ware entladebereit und verzollt am Bestimmungsort bereitstellen muss. Bei den restlichen Varianten der Incoterms hat der Abnehmer den Zoll zu entrichten und trägt damit auch das Risiko für eine Zollerhöhung.
Force Majeure-Klauseln
Lieferverträge enthalten oftmals auch sog. Force-Majeure Klauseln. Hiernach können sich die Vertragspartner ganz oder teilweise von ihren Verpflichtungen lösen, wenn ein Fall der Unmöglichkeit der Leistungserbringung aufgrund höherer Gewalt vorliegt. Unter höherer Gewalt werden üblicherweise von außen kommende Ereignisse verstanden, die billigenderweise nicht zu erwarten waren oder nicht vermieden werden konnten (z.B. die COVID19-Pandemie). Üblicherweise enthalten Force Majeure-Klauseln Kataloge, wann ein Fall höherer Gewalt vorliegen soll. Nur selten werden rein wirtschaftliche Härten oder gar Zölle in diesen Katalogen aufgeführt. In der Regel werden Zollerhöhungen von den geltenden Rechtsordnungen nicht als ein Fall der höheren Gewalt anerkannt. Dennoch bleibt es grundsätzlich denkbar, dass die Auslegung des konkreten Vertrages unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände zur Begründung der höheren Gewalt führen kann.
Hardship-Klauseln
Hardship-Klauseln bzw. Wirtschaftsklauseln sind ebenfalls ein oft genutztes Mittel, um sich vor unerwarteten Umständen zu schützen, die ein vertragliches Ungleichgewicht verursachen. Im Unterschied zu Force Majeure-Klauseln sollen die Leistungspflichten grundsätzlich aufrechterhalten werden. Führen außergewöhnliche Umstände zu einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit für eine Partei, an den vertraglichen Pflichten festzuhalten, sollen vielmehr Vertragsanpassungsansprüche entstehen. Ggf. haben sich die Vertragsparteien für solche Fälle auch Nachverhandlungsrechte eingeräumt. Dies kommt bei Lieferverträgen nur in Betracht, wenn der Käufer die entstandenen Mehrkosten nicht über einen erhöhten Preis an seinen Endkunden weiterleiten kann.
Gesetzliche Regelungen
Falls keine vertraglich vereinbarten Regelungen in Betracht kommen, kann schließlich nur noch das Gesetz unter sehr engen Voraussetzungen Abhilfe schaffen. Als gesetzliche Grundlage für einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. ein Rücktrittsrecht kommt ggf. der Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht. Allerdings ist schon die Anwendbarkeit der Vorschrift fraglich, wenn z.B. Incoterms genutzt worden sind. Schließlich haben sich die Parteien in diesen Fällen auf eine Risikoverteilung geeinigt und die gesetzliche Auffangvorschrift dürfte als subsidiär zurücktreten. Daneben sind die Voraussetzungen der Unzumutbarkeit nach § 313 BGB deutlich enger als vertraglich vereinbarte Wirtschaftsklauseln, da § 313 BGB im Unterschied zu Vertragsklauseln einen Eingriff in die Privatautonomie bedeutet. So lehnte der Bundesgerichtshof (BGH, Az. I ZR 27/91) z.B. die Unzumutbarkeit bei einer Kostensteigerung von 30% ab. Bei Einfuhrzöllen unter 30% dürfte daher ein Wegfall der Geschäftsgrundlag ebenfalls abzulehnen sein. Daneben bleibt die Annahme der Unzumutbarkeit auch bei höheren Zöllen eine Frage des Einzelfalls. GGF. kommen noch Leistungsverweigerungsrechte (§ 275 Abs. 2 BGB) in Betracht, wenn die durch die Zollerhöhung entstandenen Mehrkosten im Einzelfall zu einem groben Missverhältnis zwischen Leistungsaufwand des Schuldners und Leistungsinteresse des Gläubigers geführt haben. Allerdings wurde die gesetzliche Vorschrift bisher sehr restriktiv gehandhabt. In den allermeisten Fällen wird dem Schuldner daher kein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht nur aufgrund der Zollerhöhung zustehen.
Künftige Lieferverträge – wie kann man sich schützen?
Die Unternehmen müssen sich künftig genau überlegen, wer die Kosten von Zollerhöhungen tragen soll. Insbesondere durch Verwendung der Incoterms kann dies rechtsicher und unkompliziert geregelt werden. Es bleibt den Parteien selbstverständlich auch offen, anderweitige Vereinbarungen zu treffen. Wichtig ist nur, dass die Vertragspartner dies auch tun. Sich auf ältere Force Majeure-Klauseln oder Hardship-Klauseln zu verlassen ohne sich ausdrücklich über Zollveränderungen zu einigen, wäre angesichts der Rechtsunsicherheiten fahrlässig.