Wie wird die digitale Wirtschaft in Zukunft besteuert?
Hintergrund
Die konventionellen Besteuerungsprinzipien des Körperschaftsteuerrechts sind für „digitale Geschäftsmodelle“, wie E-Commerce (z.B. Amazon), Werbe- (z.B. Facebook) und Abonnementmodelle (z.B. Netflix) sowie kollaborative Plattformen (z.B. Airbnb), nicht sachgerecht. Bislang begründet hauptsächlich die physische Präsenz eines Unternehmens als Indiz für den Ort der Wertschöpfung das Besteuerungsrecht des betreffenden Landes. Bei der Erbringung von digitalen Dienstleistungen ist jedoch gerade eine physische Präsenz nicht mehr erforderlich. Digitale Unternehmen stützen sich weitgehend auf immaterielle Vermögenswerte. Durch Nutzer generierte Inhalte sowie Datenerfassung sind zu einer wesentlichen Aktivität der Wertschöpfung geworden. Insofern bedarf es neuer Indikatoren für eine signifikante wirtschaftliche Präsenz zur Begründung von Besteuerungsrechten. Die politischen Entscheidungsträger haben bereits mögliche Konzepte zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft vorgelegt.
OECD
Im Rahmen des gemeinsamen Projekts der OECD und G20 gegen Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung multinationaler Unternehmen wurde bereits die Besteuerungssituation der digitalen Wirtschaft untersucht. Am 16.3.2018 hat nun die OECD den Finanzministern der G20 einen Zwischenbericht dazu vorgelegt. Mangels eines gemeinsamen Konsenses wurden von den beteiligten Mitgliedstaaten eigenständige Besteuerungskonzepte entwickelt. Unter anderem die Anknüpfung an eine digitale Präsenz für Besteuerungszwecke.
EU-Kommission
Die EU-Kommission hat am 21.3.2018 zwei Richtlinienentwürfe „zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz“ und „zum gemeinsamen System einer Digitalsteuer auf Erträge aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen“ veröffentlicht. Damit soll auch ein Beitrag zur Entwicklung einer multilateralen, internationalen Lösung für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft geleistet werden.
Langfristig sollen der Betriebsstättenbegriff und die Vorschriften für die Gewinnzuordnung überarbeitet werden. So soll der Betriebsstättenbegriff um den Tatbestand der „signifikanten digitalen Präsenz“ ergänzt werden. Solch eine Präsenz soll vorliegen, wenn bestimmte Schwellenwerte für nutzerbasierte Kriterien wie Erträge, Zahl der Nutzer oder Zahl der Verträge überstiegen werden. Für die Gewinnzuordnung soll der „Authorised OECD Approach" zugrunde gelegt werden, angepasst auf die Art und Weise, wie die Wertschöpfung bei digitalen Geschäftstätigkeiten erfolgt.
Als Zwischenlösung schlägt die Kommission die Einführung einer vorübergehenden Steuer auf digitale Dienstleistungen („Digital Services Tax“) vor. Diese soll sich aus der Bereitstellung bestimmter digitaler Dienstleistungen ableiten lassen.
Bundesrat
Der Bundesrat hat bereits zu den Richtlinienvorschlägen mit Beschluss vom 27.4.2018 Stellung genommen. Danach kommt die vorgeschlagene Einführung einer digitalen Betriebsstätte nur verbindlich und einvernehmlich, mindestens auf OECD und nicht allein auf europäischer Ebene, in Betracht. Die Bundesregierung wird aufgefordert, bis zum Abschluss der Arbeiten der OECD zur digitalen Wirtschaft im Jahr 2020 mit größtmöglichem Nachdruck auf dieser Ebene einen Konsens anzustreben. Bis dahin hält der Bundesrat eine Interimssteuer als Zwischenlösung grundsätzlich für denkbar, sieht jedoch bei der konkreten Ausgestaltung noch erheblichen Diskussionsbedarf.