Wann ist Unterricht steuerfrei?
Hintergrund
Das Umsatzsteuergesetz befreit bestimmte Unterrichtsleistungen von der Umsatzsteuer. Allerdings gibt es Abweichungen zwischen der Regelung des Umsatzsteuergesetzes sowie der insoweit weniger restriktiven MwStSystRL. In geeigneten Fällen berufen sich daher Unternehmer, denen die Steuerfreiheit für Unterrichtsleistungen verwehrt wurde, auf die MwStSystRL, um die Befreiung zu erhalten.
Fall
Die Klägerin bot Kurse für Aquafitness an. Nachdem das Finanzamt diese Umsätze der Umsatzsteuer unterwarf, klagte die Unternehmerin. Sie war der Auffassung, dass ihre Kurse gemäß Art. 132 MwStSystRL befreit seien – als Schul- bzw. Hochschulunterricht, der von einem Privatlehrer erteilt wird.. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg bestätigte in erster Instanz diese Auffassung, da es überzeugt war, dass die Kurse auch belehrender Art waren und nicht der reinen Freizeitgestaltung dienten. Mit dem konkreten Inhalt der Kurse setzte sich das Finanzgericht dabei, entgegen dem Antrag des Finanzamts, nicht auseinander. Ferner ließ es die Revision nicht zu, woraufhin das Finanzamt eine Nichtzulassungsklage einlegte.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob die Entscheidung auf und verwies diese an das Finanzgericht zurück, da dieses, mangels Klärung der konkreten Kursinhalte, seine Sachaufklärungspflicht verletzt habe. Zwar sei es zutreffend, dass die MwStSystRL „Unterrichtseinheiten, die vom Unterrichtenden […] erteilt werden und sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen“, befreit und somit weiter gefasst sind als die entsprechende Regelung im Umsatzsteuergesetz. Das Finanzgericht hätte aber prüfen müssen, ob die Kurse hiervon umfasst sind. Der Bundesfinanzhof hat zumindest Zweifel, ob dem so ist. Angesichts der Kursbeschreibung „Wassergymnastik“ bzw. „Aquafitness“ liegt gemäß Bundesfinanzhof die Vermutung nahe, dass hier gemeinsam Wassergymnastik betrieben werde und lediglich in der ersten Stunde eine Einweisung erfolge, nicht jedoch der Schwerpunkt darin liege, die Teilnehmer so zu unterrichten, dass sie später diese selbst durchführen könnten.
Konsequenz
Wer Unterricht erbringt, sollte nicht nur prüfen, ob seine Leistungen tatsächlich steuerbefreit sind, sondern auch die laufende Rechtsprechung beachten. Hier droht den Unterrichtenden jedoch Ungemach, da der aktuelle Schlussantrag des Generalanwalts beim Europäischen Gerichtshof zur Frage der Steuerbefreiung von Fahrschulen, die Frage wesentlich restriktiver als die bisherige Rechtsprechung behandelt. Es bleibt abzuwarten, ob der Europäische Gerichtshof dem Antrag folgt.