Vorsteuerabzug bei Immobilienvermietung inklusive Lieferung von Wärme

Kernaussage

Das FG hatte zu entscheiden, ob die Lieferung von Wärme im Rahmen einer Immobilienvermietung eine unselbständige Nebenleistung zu steuerfreien Vermietung darstellt, die den Vorsteuerabzug ausschließt.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige ist eine Gemeinde, die in den Jahren 2012 und 2013 eine Hackschnitzelheizungsanlage mit Wärmenetz für die Versorgung von Gewerbebetrieben, Privathaushalten und für die gemeindeeigenen Liegenschaften errichtete. Die gemeindeeigenen Liegenschaften wurde sowohl teilweise selbst hoheitlich genutzt und teilweise vermietet. Im Jahr 2013 wurden 66,44 % der Wärmemengen fremdverkauft und 33,56 % für die Belieferung der eigenen Liegenschaften verwendet. Davon betreffen 13,39 % den hoheitlich eigengenutzten Bereich und 20,17 % die Vermietung von Liegenschaften einschließlich Wärmeverkauf.

Im Jahr 2012 zahlte die Steuerpflichtige Vorsteuern für die Errichtung der Hackschnitzelanalge in Höhe von 4.308 €. Hiervon nahm die Steuerpflichtige eine Kürzung für den nichtabziehbaren Vorsteuerteil in Höhe von 13,39 % für den hoheitlich genutzten Bereich vor. Das Finanzamt folgte diesem Vorsteuerabzug nicht, sondern war der Ansicht, dass neben den auf die hoheitliche Nutzung entfallenden Beträge auch Vorsteuern soweit die Nutzung der Anlage auf die vermieteten Liegenschaften entfiel, zu kürzen sei. Hierfür berechnete das Finanzamt einen Anteil von 20,17 % und nahm daher eine Kürzung der Vorsteuern in Höhe von 33,56 % (20,17 % + 13,39 %) vor. Die Finanzverwaltung setzte jedoch fehlerhaft anstatt eines Vorsteuerabzugs in Höhe von 2.862,23 €, einen Betrag in Höhe von 3.452,24 € fest. Gegen den Bescheid lege die Steuerpflichtige Einspruch ein, weil ihrer Auffassung nach, die Vermietung der Wohnungen und die Lieferung der Wärme unter Bezugnahme des EuGH Urteils vom 16.04.2015 keine einheitliche Leistung darstelle, sodass die Wärmelieferung nicht unter die Befreiungsvorschrift nach § 4 Nr. 12 UStG fiele und damit kein Vorsteuerabzug zu versagen sei. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens fiel dem Finanzamt die fehlerhafte Kürzung des Vorsteuerbetrages auf, und korrigierte dies nach
§ 129 AO. Die Steuerpflichtige wehrte sich hiergegen, weil ihrer Auffassung nach, die Voraussetzungen des § 129 AO nicht vorlägen.

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die Klage unbegründet ist. Nach Auffassung des FG hat das Finanzamt zutreffend die Änderung nach § 129 AO vorgenommen. Die produzierte Wärme stelle eine unselbstständige Nebenleistung zur steuerfreien Hauptleistung dar, sodass die Kürzung der Vorsteuern vorzunehmen sei.

Die Voraussetzungen nach § 129 AO liegen dem FG zufolge im Streitfall vor, weil aus der Akte ersichtlich ist, dass die offenbare Unrichtigkeit auf einem mechanischen Rechenversehen basiert. Denn das Finanzamt hatte als Ergebnis der Ermittlungen eine Kürzung des Vorsteuerabzugs in Höhe von 33,56 % in seiner Akte dokumentiert. Dadurch wurde deutlich gemacht, dass sich die nichtabziehbaren Vorsteuern aus Sicht des Finanzamtes aus einer Multiplikation der Vorsteuern mit dem Prozentsatz von 33,56 % ergeben sollte. Sofern das Finanzamt hierfür aber nicht den rechnerisch richtigen Betrag in Abzug gebracht hat, basiert dies nach Aktenlage offenkundig auf einem mechanischen Fehler. Es existieren keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bearbeiter den Betrag aufgrund von nicht mechanischen Erwägungen zu Grunde gelegt hat. Insbesondere hat das Finanzamt im Jahr 2013 bei gleichbleibendem Prozentsatz das richtige Ergebnis ermittelt, sodass der Prozentsatz mit dem erklärten Betrag multipliziert werden sollte.

Nach Auffassung des FG handelt es sich bei der Wärmelieferung um eine unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien Hauptleistung „Vermietung“, sodass die Eingangsleistungen für steuerfreie Ausgangsleistungen verwendet wurden und der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist.

Gem. § 15 Abs. 4 UStG können nur die Vorsteuern für den Teil der sonstigen Leistungen in Anspruch genommen werden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Nach Auffassung des FG ist die Ermittlung des nichtabziehbaren Teils im Streitfalls anhand der Kilowattstunden sachgerecht.

Die Wärmelieferung im Zusammenhang mit der Vermietung stellt nach Auffassung des FG eine einheitliche steuerfreie Leistung i.S.d. § 4 Nr. 12 UStG dar. Jeder Umsatz ist grundsätzlich eine eigene selbstständige Leistung; allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Hierfür muss aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers darauf abgestellt werden, ob die Leistung einheitlich oder getrennt zu betrachten ist. Eine Nebenleistung liegt dabei vor, wenn diese keinen eigenen Hauptzweck, sondern lediglich ein Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden in Anspruch zu nehmen. Dies gilt auch für den Fall, dass der Steuerpflichtige für den Verbraucher zwei oder mehrere Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzig untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

Nach Auffassung des FG ist die Wärmelieferung aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers kein eigener Hauptzweck, sondern eine unselbständige Nebenleistung. Das FG begründet seine Auffassung im Streitfall über den Mietvertrag, der nach Auslegung des FG eine Überlassung von nutzbaren Räumen als primäre Leistungsverpflichtung des Vermieters ansieht. Denn aus § 2 des Vertrags setzt die vertragliche Nutzbarkeit der Räume deren Beheizbarkeit voraus und schließt die Lieferung von Wärme einschließlich der Abrechnung dieser mit ein. Der Mieter hatte dabei keinerlei Einfluss auf den Lieferanten der Wärmeleistung. Neben der fehlenden Auswahlmöglichkeit der Lieferanten waren im Streitfall auch die Nutzungsmodalitäten für die Wärmelieferung nur bedingt vom Mieter auswählbar.

Hinweis

Das Urteil wurde nicht zur Revision zugelassen, weil nach Auffassung des FG keine Gründe für die Zulassung einer Revision i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO vorlagen.

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