Vorsteuerabzug aus Erschließungsanlagen

Vorsteuerabzug erfordert Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung

Der Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen setzt voraus, dass der Unternehmer diese Leistungen für sein Unternehmen und damit für seine unternehmerische Tätigkeit bezogen hat. Davon ist auszugehen, wenn zwischen der bezogenen Eingangsleistung und den Ausgangsleistungen des Unternehmers ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang besteht.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und der Bundesfinanzhof haben darüber hinaus entschieden, dass einem Unternehmen in bestimmten Fällen auch dann der Vorsteuerabzug zusteht, wenn der Leistungsbezug nur mittelbar durch das Unternehmen veranlasst ist. 

Mittelbare Veranlassung bei unentgeltlicher Weiterlieferung

Eine solche zum Vorsteuerabzug berechtigende mittelbare Veranlassung hat die Rechtsprechung im Fall des Betreibers eines Steinbruchs bejaht, der die Kosten für den erforderlichen Ausbau einer Gemeindestraße zum Steinbruch übernimmt und die Straße nach Fertigstellung unentgeltlich an die Kommune weiterliefert und damit auch die Nutzung durch die Öffentlichkeit ermöglicht. 
Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist in diesen Fällen, dass die bezogene Eingangsleistung nicht über das hinausgeht, was unerlässlich war, um die eigene unternehmerische Tätigkeit zu ermöglichen, die Kosten der Eingangsleistung (kalkulatorisch) in die Ausgangsumsätze eingehen und der Vorteil des Dritten (der Allgemeinheit) allenfalls nebensächlich ist. Auch eine unentgeltliche Wertabgabe ist nicht zu versteuern, wenn kein unversteuerter Endverbrauch droht.

Restriktive Anwendung dieser Rechtsprechung durch das BMF

Diese auch für andere Unternehmer:innen günstige Rechtsprechung wendet die Finanzverwaltung jetzt im Grundsatz an. Im Kern bleibt sie jedoch bei ihrer bisherigen, restriktiven Auffassung. In einem früheren Schreiben – noch auf Basis der alten Rechtsprechung – hatte die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug für die unentgeltliche Weiterlieferung von Erschließungsanlagen (z.B. Erstellung der öffentlichen Ver- und Entsorgungsnetze, der Entwässerungs- und Verkehrsanlagen, der Grünanlagen, Parkflächen und Kinderspielplätze sowie die Errichtung der Kommunikationsanlagen und Anlagen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, wie beispielsweise Lärmschutzwände) versagt. Hieran hält die Finanzverwaltung fest, weil in diesen Fällen im Regelfall die unentgeltliche Weitergabe von Leistungen zu einem unversteuerten Endverbrauch führen würde. Mit anderen Worten soll der Vorteil der Allgemeinheit in diesen Fällen nicht bloß nebensächlich sein und damit den Vorsteuerabzug des Unternehmers ausschließen.

Zu strenge und pauschale Auffassung der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung grenzt die positive Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übermäßig stark und pauschal ein. Es wäre vielmehr im Einzelfall zu prüfen, ob eine Erschließungsanlage aus der Sicht des Unternehmers unerlässlich und der Vorteil der Allgemeinheit lediglich nebensächlich ist. Betroffenen Unternehmen, zu denen insbesondere Bauunternehmen zählen, ist daher anzuraten, gegen negative Entscheidungen der Finanzämter gerichtlich vorzugehen.