Vorläufiger Rechtsschutz gegen befürchtete Beschlussfassung möglich?

Wer im Vorfeld einer Gesellschafterversammlung gegen einen „befürchteten“ Beschuss vorgehen will, hat schlechte Karten

Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes kann grundsätzlich gegen gefasste – und damit vorläufig wirksame – Beschlüsse einer GmbH-Gesellschafterversammlung vorgegangen werden. Auch gegen einen Beschluss, mit dem der Geschäftsanteil eines Gesellschafters gegen dessen Willen eingezogen wird, kann auf diese Weise Schutz erlangt werden, indem das angerufene Gericht der GmbH die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste zum Handelsregister (die den Betroffenen nicht mehr als Gesellschafter ausweist) untersagt und dessen Weiterbehandlung als Gesellschafter bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache über die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses anordnet. In diesem Zusammenhang stellte das Münchener Oberlandesgericht (OLG) aktuell klar, dass nur gegen Beschlüsse vorgegangen werden kann, die bereits „in der Welt“ sind, indes nicht gegen solche, die lediglich zu befürchten sind, aber noch gar nicht gefasst wurden. 

„5 Minuten vor der Zeit“…

Die Parteien stritten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren um die Weiterbehandlung eines GmbH-Anteilseigners als Gesellschafter der GmbH im Vorfeld eines von ihm befürchteten Einziehungsbeschlusses. An der GmbH sind er und ein weiterer Gesellschafter zu je 50% beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag kann die Einziehung eines Geschäftsanteils ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters u.a. dann beschlossen werden, wenn „ein Gesellschafter die Interessen der GmbH in schuldhafter Weise grob verletzt, eine weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht zumutbar ist und ein Verbleiben des Betroffenen den Bestand der GmbH ernstlich gefährden würde“. In diesen Fällen steht dem Betroffenen nach der weiteren Bestimmung der GmbH-Satzung bei der Beschlussfassung kein Stimmrecht zu. Im Dezember 2024 lud der Geschäftsführer der GmbH zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung für Ende Januar 2025 ein, auf der die Einziehung des Geschäftsanteils des betroffenen Anteilseigners nach der vorgenannten Satzungsklausel beschlossen werden sollte. Dieser wollte das nicht geschehen lassen und rief – ohne die tatsächliche Beschlussfassung abzuwarten – noch im Dezember 2024 das Gericht an mit dem Antrag, der GmbH die Einreichung einer ihn nicht mehr als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste zu verbieten (verbunden mit der Verpflichtung, ihn weiterhin als GmbH-Gesellschafter zu behandeln). 

… ist nicht immer die rechte Pünktlichkeit!

Zu seiner Überraschung waren Landgericht und auch Oberlandesgericht der Meinung, dass die Möglichkeit zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes gegen lediglich drohende Gesellschafterbeschlüssen nicht besteht und wiesen den Antrag ab. Die Richter erklärten, der Antrag hätte nur dann Erfolg gehabt, wenn bereits durch das Warten des Anteilseigners mit der Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes bis zu der befürchteten Beschlussfassung Ende Januar 2025 ein Schaden eintreten würde. Dies war aber nicht ersichtlich: Der Anteilseigner war ordnungsgemäß zur Gesellschafterversammlung Ende Januar 2025 geladen und konnte auch daran teilnehmen, so die Richter, selbst wenn er nach den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen bei der Beschlussfassung über die Einziehung seines Anteils einem Stimmverbot unterlag. Er hätte damit unschwer bei Zustandekommen des Einziehungsbeschlusses unmittelbar im Anschluss daran im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gerichtlichen Schutz beantragen können. Ein prophylaktisches Anrufen des Gerichts war jedenfalls nicht erforderlich. 

Was bedeutet das für die Praxis?

Generell ist der einstweilige Rechtsschutz ein probates Mittel, um subjektive Rechte bei Dringlichkeit bereits vor der Entscheidung über eine Klage wirksam zu schützen. Das Gericht trifft dann eine vorläufige Regelung, um den Eintritt irreversibler Zustände zu verhindern. Hierbei ist aber genau zu prüfen, ob mit dem angegriffenen Rechtsakt wirklich „vollendete Tatsachen“ geschaffen werden. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen zunächst rein vorsorglich gegen eine drohende, indes noch gar nicht stattgefundene, Beschlussfassung vorgegangen werden soll, wird ein Eilverfahren allerdings nicht helfen. Hier muss der Betroffene warten, ob der befürchtete Beschluss zustande kommt und kann dann – per vorläufigem Rechtsschutz – gegen diesen vorgehen. 
OLG München, Beschluss v. 16.1.2025, 7 W 55/25 e
 

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Christina Schrey

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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