Vergütung durch hälftige Abtretung des Anspruchs auf die mit Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgelder als Entgelt

Kernaussage

Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass die einheitliche Leistung des Inhabers eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde, die aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme von Pferden besteht, eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn der Eigentümer der Pferde diese Leistung durch hälftige Abtretung des ihm bei einer erfolgreichen Turnierteilnahme seiner Pferde zustehenden Anspruchs auf die gewonnenen Preisgelder vergütet.

Sachverhalt

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates v. 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL).

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen A, dem Inhaber eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde, und dem FA X (Deutschland) über die Umsatzsteuerpflichtigkeit der vom Kläger erbrachten Leistungen, die durch hälftige Abtretung des Anspruchs auf die mit den Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgelder vergütet wurden.

Der Kläger des Ausgangsverfahrens betrieb in den Jahren 2007–2012 einen Ausbildungsstall für Turnierpferde. Er schloss mit Pferdeeigentümern, die in Deutschland wohnten, Verträge, nach denen diese ihm ihre Pferde zur Verfügung stellten. Diese Pferde wurden in diesem Stall untergestellt und gepflegt. Sie wurden dort ausgebildet und nahmen in Deutschland und im Ausland an Turnieren teil. Nach diesen Verträgen hatten die Eigentümer die Kosten für den Unterhalt, die Turnierteilnahme, den Transport, den Hufschmied und den Tierarzt der Pferde zu tragen, während der Kläger des Ausgangsverfahrens die Kosten für seine eigene Teilnahme als Reiter an den Turnieren, d.h. Reisekosten, Hotelkosten und Spesen, zu übernehmen hatte.

Vor dem Hintergrund, dass die bei Pferdeturnieren gewonnenen Preisgelder allein dem Eigentümer der Pferde zustanden, sahen die genannten Verträge vor, dass der Kläger 50 % aller Geld- und Sachpreise (im Folgenden zusammen: Preisgelder) erhalten sollte. Hierzu trat der Eigentümer bereits beim Abschluss des Überlassungsvertrags dem Kläger die künftigen Ansprüche hierauf zur Hälfte ab. Der Kläger durfte etwaige Forderungen eines Eigentümers ihm gegenüber mit etwaigen eigenen Forderungen gegenüber dem betreffenden Eigentümer verrechnen.

Im Rahmen einer Steuerprüfung wurde davon ausgegangen, dass die Turniererlöse mit fremden Pferden dem Regelsteuersatz der Umsatzsteuer unterliegen. Daher erließ die Steuerverwaltung X geänderte Umsatzsteuerbescheide. Der Kläger legte gegen diese Bescheide Einsprüche ein, die als unbegründet zurückgewiesen wurden. Das FG (Deutschland) wies die gegen diese Entscheidung gerichtete Klage des Klägers ab. Gestützt auf das Urteil v. 10.11.2016 – C-432/15, Baštová, sowie auf die Rechtsprechung des BFH entschied es, dass die durch die Teilnahme an Turnieren mit fremden Pferden gewonnenen Preisgelder ein Entgelt für umsatzsteuerpflichtige Leistungen seien. Nach den Feststellungen des FG hatte der Kläger auf der Grundlage der mit den Pferdeeigentümern geschlossenen Verträge eine einheitliche Leistung erbracht, die die Unterbringung, das Training und die Turnierteilnahme der Pferde umfasste. Ebenfalls nach diesen Feststellungen erhielt er als Entgelt für diese einheitliche Leistung von den Pferdeeigentümern zum einen den Ersatz der Kosten des Unterhalts, der Turnierteilnahme, des Transports, des Hufschmieds und der tierärztlichen Versorgung und zum anderen eine hälftige Beteiligung an den mit den Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgeldern. Nach Ansicht des FG erbrachte der Kläger somit auch eine Leistung gegen Abtretung eines Teils dieser den Pferdeeigentümern zustehenden Preisgelder.

Der Kläger legte gegen die Entscheidung des FG beim vorlegenden Gericht, dem BFH, Revision ein. Der BFH führt aus, dass die Feststellungen des FG mangels hiergegen gerichteter Revisionsrügen für ihn gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend seien. Ferner entsprächen diese Feststellungen den Rechtsgrundsätzen zur Abgrenzung einer einheitlichen Leistung von einer Mehrheit von Leistungen, die der EuGH aufgestellt habe. Das vorlegende Gericht führt aus, dass im Ausgangsverfahren nur die Frage streitig sei, ob der Kläger gegenüber den Pferdeeigentümern Dienstleistungen erbracht habe, die durch die hälftige Abtretung der mit diesen Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgelder vergütet worden seien.

Insoweit weist das vorlegende Gericht erstens darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil Baštová (Rn. 40) festgestellt habe, dass die Überlassung eines Pferdes durch seinen Eigentümer, der mehrwertsteuerpflichtig sei, an den Veranstalter eines Pferderennens zwecks Teilnahme des Pferdes an diesem Rennen keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL darstelle, wenn für sie weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt werde und nur die Eigentümer der Pferde mit einer erfolgreichen Platzierung in dem Rennen ein – sei es auch ein im Voraus festgelegtes – Preisgeld erhielten. Dagegen habe der Gerichtshof befunden, dass die Überlassung eines Pferdes eine Dienstleistung gegen Entgelt darstelle, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung des Pferdes in dem Rennen unabhängige Vergütung zahle.

Zweitens weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass es mit seinem Urteil v. 10.6.2020 (XI R 25/18, BFHE 270, 181) die sich aus dem Urteil Baštová ergebende Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL entsprechend auf das Verhältnis zwischen dem Eigentümer eines Pferdes und dem Inhaber eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde übertragen habe, wenn Ersterer die bei den entsprechenden Turnieren gewonnenen Preisgelder zur Hälfte an Letzteren abtrete. Insbesondere weist es darauf hin, dass es entschieden habe, dass in einem solchen Fall die Zahlung für das Wettbewerbsergebnis des Inhabers des Ausbildungsstalls erfolge, obwohl diese Zahlung rechtlich durch einen Dritten, nämlich den Pferdeeigentümer, und nicht durch den Turnierveranstalter selbst erfolge. Daher sei die Auszahlung der gewonnenen Preisgelder keine Zahlung für andere Leistungen, die der Inhaber des Ausbildungsstalls erbracht habe, und gehöre mithin nicht zu dem Entgelt, das er für diese Leistungen erhalte.

Drittens weist das vorlegende Gericht in Bezug auf den Ausgangsrechtsstreit darauf hin, dass der Kläger keinen eigenen Anspruch gegenüber den Turnierveranstaltern auf Erhalt der gewonnenen Preisgelder habe geltend machen können. Er habe nur deshalb einen Anspruch darauf erlangt, weil die Pferdeeigentümer ihm diese Preisgeldansprüche, die ihnen gegenüber den Turnierveranstaltern zugestanden hätten, zur Hälfte abgetreten hätten. Insoweit könnte davon auszugehen sein, dass die vom Gerichtshof im Urteil Baštová vorgenommene Beurteilung auf die vorliegende Fallgestaltung zu übertragen sei, in der die Pferdeeigentümer einen Teil der im Turnier gewonnenen Preisgelder dem Kläger des Ausgangsverfahrens für die von ihm erbrachte einheitliche Leistung zugewandt hätten. Daher könnten diese Preisgelder, die von der Platzierung der Pferde abhingen, keine Vergütung für die genannte einheitliche Leistung darstellen, da zwischen ihr und den Preisgeldern kein unmittelbarer Zusammenhang bestehe.

Das vorlegende Gericht hat jedoch Zweifel, ob es möglich ist, die im Urteil Baštová vorgenommene Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL auf den Ausgangsrechtsstreit zu übertragen, da sich jenem Urteil nicht mit hinreichender Klarheit entnehmen lasse, ob der Gerichtshof seine Beurteilung mit dem Fehlen eines Entgelts oder mit dem Fehlen einer Leistung begründet habe. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist die Begründung in den Rn. 36 ff. des Urteils Baštová ambivalent. Im Urteil Baštová habe der Gerichtshof nämlich festgestellt, dass für die Überlassung eines Pferdes keine tatsächliche Gegenleistung vorliege, wenn der Eigentümer nur bei einer erfolgreichen Platzierung im Rennen ein Preisgeld erhalte. Dies deute somit darauf hin, dass der Gerichtshof bei seiner im Urteil Baštová vorgenommenen Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL auf das Fehlen eines Entgelts abstelle.

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts sprechen jedoch andere Argumente dafür, dass bei dieser Auslegung auf das Fehlen einer Dienstleistung abzustellen sei. Insoweit weist es zum einen darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil Baštová befunden habe, dass das Preisgeld nicht für die Überlassung des Pferdes, sondern für die Erzielung eines bestimmten Ergebnisses, nämlich die erfolgreiche Platzierung des Pferdes im Wettbewerb, gezahlt werde und daher gewissen Unwägbarkeiten unterliege. Zum anderen habe der Gerichtshof befunden, dass die Einstufung der Überlassung eines Pferdes als steuerpflichtiger Umsatz in Abhängigkeit von dem Ergebnis, das das Pferd in dem Rennen erziele, im Widerspruch zu seiner ständigen Rechtsprechung stehe, nach der der Begriff „Dienstleistung“ objektiven Charakter habe und unabhängig von Zweck und Ergebnis der betreffenden Umsätze anwendbar sei.

Wenn bei der im Urteil Baštová vorgenommenen Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL das Fehlen eines Entgelts maßgeblich sein sollte, dann wäre die rechtliche Beurteilung durch das FG unzutreffend. Wenn es bei dieser Auslegung demgegenüber auf das Fehlen einer Leistung ankomme, dann würde sich das Urteil des FG als zutreffend erweisen. Denn im Gegensatz zu der Rechtssache, in der das Urteil Baštová ergangen sei, handele es sich im vorliegenden Fall um eine einheitliche Gesamtleistung, bestehend aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme von Pferden. Diese Leistung sei in ihrer Gesamtheit frei von Unwägbarkeiten, da diese nur den in der Turnierteilnahme bestehenden Teilbereich dieser Leistung beträfen. Somit hänge die hälftige Preisgeldabtretung nicht mit der Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses zusammen, sondern mit dieser einheitlichen Leistung, die der Kläger des Ausgangsverfahrens unabhängig von den Wettbewerbsergebnissen erbringe. Daher liege eine Dienstleistung vor, die – wie von der Rechtsprechung des Gerichtshofs gefordert – objektiven Charakter habe. Die hälftige Abtretung der Preisgelder stelle eine Bedingung dar, von der der Inhaber des Stalls die Erbringung seiner einheitlichen Leistung abhängig mache, und sie weise daher den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Leistung auf.

Für diese Analyse spreche auch die Berücksichtigung der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität, die ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems darstelle. Insoweit führt das vorlegende Gericht aus, dass die hälftige Abtretung der bei Turnieren gewonnenen Preisgelder darauf abgezielt habe, die einheitliche Leistung des Klägers des Ausgangsverfahrens zu vergüten, und dass die Parteien der diese Abtretung vorsehenden Verträge grundsätzlich davon ausgegangen seien, dass am Ende der Wettkämpfe nachhaltig Preisgelder erzielt würden. Unter diesen Umständen hat der BFH beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Erbringt der Inhaber eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde an den Pferdeeigentümer eine einheitliche Leistung, die aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme von Pferden besteht, auch insoweit gegen Entgelt, als der Pferdeeigentümer diese Leistung durch hälftige Abtretung des ihm bei einer erfolgreichen Turnierteilnahme zustehenden Anspruchs auf Preisgeld vergütet?

Entscheidung

Eine Dienstleistung wird nur dann „gegen Entgelt“ im Sinne dieser Bestimmung erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für eine dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Dienstleistung bildet. Dies ist dann der Fall, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.

Im vorliegenden Fall ist für die Beurteilung, ob im Ausgangsrechtsstreit eine Dienstleistung gegen Entgelt vorliegt, als Erstes die vom Kläger des Ausgangsverfahrens erbrachte Dienstleistung zu ermitteln. In seiner Vorlageentscheidung geht das vorlegende Gericht von der Prämisse aus, dass es sich bei der vom Kläger erbrachten Leistung um eine einheitliche Leistung handelt, die in der Unterbringung, dem Training und der Turnierteilnahme von Pferden besteht. Es weist insoweit ausdrücklich darauf hin, dass es zum einen nach nationalem Recht an die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden sei und dass zum anderen diese Feststellungen den vom Gerichtshof aufgestellten Rechtsgrundsätzen zur Abgrenzung einer einheitlichen Leistung von einer Mehrheit von Leistungen entsprächen.

Als Zweites ist zur Beurteilung der Frage, ob diese Dienstleistung „gegen Entgelt“ erbracht wird, zu prüfen, ob die zugunsten des Inhabers eines Stalls vorgenommene hälftige Abtretung des dem Pferdeeigentümer bei einer erfolgreichen Turnierteilnahme seiner Pferde zustehenden Anspruchs auf die Preisgelder eine Vergütung ist, die den tatsächlichen Gegenwert für diese einheitliche Leistung bildet, so dass zwischen dieser Leistung und dieser Vergütung ein unmittelbarer Zusammenhang i.S.d. Rechtsprechung besteht.

Insoweit geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass der Kläger als Gegenleistung für die von ihm erbrachte einheitliche Leistung zum einen die Erstattung der Kosten für den Unterhalt, die Turnierteilnahme, den Transport, den Hufschmied und die tierärztliche Versorgung der Pferde und zum anderen eine Beteiligung an den mit den Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgeldern erhielt, wobei diese Beteiligung durch eine hälftige Abtretung des den Pferdeeigentümern gegenüber den Turnierveranstaltern zustehenden Anspruchs auf die Preisgelder an den Kläger sichergestellt wurde.

Aus diesen Feststellungen wie auch aus dem Wortlaut der Vorlagefrage ergibt sich, dass die Gesamtheit der vom Kläger erbrachten Leistungen, nämlich die Leistungen der Unterbringung, des Trainings und der Turnierteilnahme der Pferde, nur durch die hälftige Beteiligung des Klägers am Anspruch auf die mit den Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgelder vergütet wurde. Denn in dem – vom vorlegenden Gericht zu verifizierenden – Fall, dass die von den Pferdeeigentümern vorgenommene Zahlung der Kosten des Unterhalts, der Turnierteilnahme, des Transports, des Hufschmieds und der tierärztlichen Versorgung der Pferde eine bloße Erstattung der dem Kläger im Rahmen des Betriebs seines Stalls entstandenen Kosten darstellt, stellt eine solche Erstattung keine Vergütung der von ihm erbrachten genannten Leistungen dar.

Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den genannten Leistungen und der hälftigen Abtretung des Anspruchs auf die mit den Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgelder besteht. Zunächst ist nämlich festzustellen, dass die zwischen dem Kläger des Ausgangsverfahrens und den Pferdeeigentümern geschlossenen Verträge ein Rechtsverhältnis begründet haben, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht wurden, wobei die Vergütung, die der Kläger durch die genannte Abtretung erhielt, den tatsächlichen Gegenwert für die Gesamtheit der Leistungen bildete, die er für die Pferdeeigentümer erbrachte.

Sodann ist zwar die Ungewissheit einer Vergütung geeignet, diesen unmittelbaren Zusammenhang aufzuheben, doch ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall die hälftige Abtretung des Anspruchs auf die mit den Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgelder als solche frei von Unwägbarkeiten war, wie das vorlegende Gericht ausführt. Denn diese Abtretung, die eine Vergütung darstellt und beim Abschluss der oben genannten Verträge erfolgte, hat als solche einen wirtschaftlichen Wert. Zwar stand der dem Kläger für jedes Rennen tatsächlich überwiesene Betrag in Zusammenhang mit dem Ergebnis, das das Pferd eines bestimmten Eigentümers bei einem bestimmten Turnier erzielte. Gleichwohl stand die Abtretung als solche, wie das vorlegende Gericht ausführt, nicht in Zusammenhang mit diesem Ergebnis und damit auch nicht mit einem etwaigen Ergebnis der vom Kläger erbrachten Leistung, sondern mit dem bloßen Umstand, dass dieser eine in dem Vertrag vorgesehene Gesamtheit von Leistungen erbrachte.

Diese Schlussfolgerung gilt auch für die nicht erfolgreiche Teilnahme eines Pferdes an einem bestimmten Turnier, da der Umstand, dass kein Preis gewonnen wurde, die in den oben genannten Verträgen vorgesehene Abtretung nicht in Frage stellen kann. Denn der Gegenwert für die Gesamtheit der vom Kläger erbrachten Leistungen bestand in dieser Abtretung, und zwar unabhängig davon, ob sie bei einem bestimmten Turnier zum Gewinn von Preisgeldern führte oder nicht. Die Pferdeeigentümer vergüteten somit die Gesamtheit der vom Kläger erbrachten Leistungen mit der genannten Abtretung, durch die er in den Genuss der Hälfte des Anspruchs auf die ggf. gewonnenen Preisgelder kommen konnte. Daher wird das Bestehen des erwähnten unmittelbaren Zusammenhangs nicht durch den Umstand beeinträchtigt, dass es dem Kläger als Reiter nicht gelingt, ein Pferd in einem bestimmten Turnier zum Sieg oder zu einer erfolgreichen Platzierung zu führen.

Unter diesem Gesichtspunkt stellt die in den oben genannten Verträgen vorgesehene Abtretung eine Vergütung dar, die im Voraus und nach genau festgelegten Kriterien bestimmt wurde, wodurch für den Kläger gewährleistet war, dass er den Betrag vorhersehen konnte, auf den er bei einem Sieg oder einer erfolgreichen Platzierung des Pferdes in einem Turnier Anspruch haben würde, ohne dass insoweit das Eintreten eines solchen Ereignisses maßgeblich wäre, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass die tatsächliche Umsetzung dieser Abtretung von der genannten Platzierung abhängt. Folglich kann diese Art der Festsetzung der Vergütung den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den vom Kläger erbrachten Dienstleistungen und der von ihm erhaltenen Vergütung nicht beeinträchtigen.

Schließlich ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wenn sich zwei Leistungen gegenseitig bedingen, d.h., wenn die eine Leistung nur unter der Voraussetzung erbracht wird, dass auch die andere Leistung erfolgt, und umgekehrt. Insoweit geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass die zwischen dem Kläger und den Pferdeeigentümern geschlossenen Verträge systematisch die Vergütung des Klägers im Wege einer hälftigen Abtretung des Anspruchs auf die mit den Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgelder vorsahen, unabhängig von der tatsächlichen Teilnahme eines jeden Pferdes an einem bestimmten Turnier oder der Häufigkeit dieser Teilnahme. Unter diesen Umständen stellt diese Abtretung einen wesentlichen Bestandteil der genannten Verträge dar, von dem der Kläger die Erbringung seiner einheitlichen Leistung, nämlich der Gesamtheit der Dienstleistungen, aus denen sich diese zusammensetzte – und nicht die Erbringung allein der Leistung, die in der Turnierteilnahme der Pferde bestand –, abhängig machte.

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass die einheitliche Leistung des Inhabers eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde, die aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme von Pferden besteht, eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn der Eigentümer der Pferde diese Leistung durch hälftige Abtretung des ihm bei einer erfolgreichen Turnierteilnahme seiner Pferde zustehenden Anspruchs auf die gewonnenen Preisgelder vergütet.

Hinweis

Es überrascht, dass der EuGH in der von den Pferdeeigentümern vorgenommene Zahlung der Kosten des Unterhalts, der Turnierteilnahme, des Transports, des Hufschmieds und der tierärztlichen Versorgung der Pferde eine bloße Erstattung der dem Kläger im Rahmen des Betriebs seines Stalls entstandenen Kosten und keine Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen sieht. Wenn der Kläger eine einheitliche Leistung erbringt, die aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme von Pferden besteht, ist davon auszugehen, dass die Kostenerstattungen des Pferdeeigentümers ebenfalls Leistungsentgelt darstellen. 

Es bleibt abzuwarten inwieweit der BFH diesen Punkt in seiner Folgeentscheidung aufgreift.

Fundstelle

EuGH, Urt. v. 9.2.2023 – C-713/21, A/FA X

Andrea Köcher

Steuerberaterin

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