Umsatzsteuerliche Behandlung von Kurbeiträgen: Hat der BFH nun einen Schlusspunkt gesetzt?
In der deutschen Praxis war es in der Vergangenheit üblich, Kurbeiträge grundsätzlich als umsatzsteuerbares und -pflichtiges Entgelt zu behandeln. Das hatte in den allermeisten Fällen den Vorteil, dass aus Kosten in Zusammenhang mit Kureinrichtungen (z. B. Kurpark, Spazierwege), aber beispielsweise auch der Tourismuswerbung Vorsteuern gezogen werden konnten. Da solche Kosten die Einnahmen aus den Kurbeiträgen regelmäßig deutlich überstiegen, war das bisher ein sehr lohnendes Modell für die Kurorte. Die Finanzverwaltung billigt diese Vorgehensweise ausdrücklich.
BFH stellt klar: Kurbeiträge sind nicht grundsätzlich umsatzsteuerbar
Inzwischen deutet sich aber schon seit mehreren Jahren an, dass weder die europäische noch die deutsche Rechtsprechung diesen Weg weiter mitgehen wird. Als ersten Schlusspunkt hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Oktober des letzten Jahres nun klargestellt, dass Kurbeiträge nicht umsatzsteuerbar sind, wenn es sich nicht um ein Entgelt für eine Gegenleistung der Gemeinde handelt. Das ist nach Auffassung des BFH immer dann gegeben, wenn Kurbeiträge grundsätzlich von Besuchern, die sich in der Gemeinde aufhalten, dort aber nicht (ausschließlich) wohnen oder arbeiten, erhoben werden – unabhängig davon, ob die Person Kureinrichtungen nutzt. Das gilt insbesondere dann, wenn die vorhandenen Einrichtungen auch für alle anderen Personen frei und vor allem unentgeltlich zugänglich sind.
Der Vorsteuerabzug aus Aufwendungen, die mit dem Kurbeitrag in Zusammenhang stehen könnten, entfällt damit zur Gänze. Beim Urteilssachverhalt dürfte es sich um die unter Kurgemeinden verbreitetste Konstellation handeln, sodass in der Folge davon auszugehen ist, dass Kosten für Kureinrichtungen und Ähnliches grundsätzlich brutto, also ohne Abzug von Vorsteuern, zu tragen sein werden.
Im Dezember 2023 folgte dann eine weitere Entscheidung mit anderem Ergebnis und in Abgrenzung zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – weil auch der Sachverhalt abwich. Diesmal ging es um einen Küstenort, der an die Kurgäste gegen Zahlung der Kurbeiträge Gästekarten ausgab, die zum Besuch bestimmter Strandabschnitte berechtigten. Besucher ohne Gästekarte durften sich dort dagegen nicht aufhalten. Einwohner der Gemeinde konnten kostenlos eine Berechtigungskarte erhalten. Obwohl die Kurbeiträge nicht von der tatsächlichen Nutzung der Einrichtungen abhingen, ging der BFH von einem umsatzsteuerpflichtigen Entgelt aus, da die Einrichtungen eben nicht für jedermann frei und unentgeltlich zugänglich waren. Da die Gemeinde die Kurbeiträge auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erhob, musste für die Umsatzsteuerbarkeit (vor Geltung des § 2b UStG) zudem eine Wettbewerbs-verzerrung drohen. Davon ging der BFH in der entsprechenden Region aus.
Einen voller Vorsteuerabzug aus den mit den Einrichtungen und der Tourismuswerbung verbundenen Kosten gewährte der BFH jedoch trotzdem nicht. Das Gericht stellte vielmehr klar, dass die unentgeltliche Benutzung der Anlagen durch die Einwohner eine Aufteilung der Vorsteuern notwendig macht.
Urteile noch nicht veröffentlicht
Beide Urteile sind vom Bundesfinanzministerium bisher nicht veröffentlicht worden, sodass noch nicht bekannt ist, wie sich die Finanzverwaltung positionieren wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auf Grundlage der beiden Urteile in nächster Zeit Grundsätze für die Umsatzsteuerbesteuerung von Kurorten erarbeitet werden.
Interessant ist übrigens, dass sich der BFH in beiden Urteilen genötigt fühlte, die Finanzverwaltung auf eigentlich inzwischen klare Grundsätze der Umsatzbesteuerung hinzuweisen: Einmal ging es darum, dass in Zusammenhang mit einer nicht wirtschaftlichen Tätigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPöR) keine unentgeltlichen Wertabgaben besteuert werden, sondern gegebenenfalls eine anteilige Vorsteuerkürzung stattfinden muss.
Zum anderen hat der BFH klargestellt, dass eine jPöR – auch unabhängig von der Anzahl ihrer Betriebe gewerblicher Art – nur ein Unternehmen unterhält und damit auch nur ein Umsatzsteuerbescheid zu ergehen hat. Ertragsteuerlich ist das bekanntlich anders.