Steuerliche Anteilsbewertung: Bundesfinanzhof konkretisiert Bewertungsgrundsätze bei Verkäufen unter fremden Dritten

Grundsätze der steuerlichen Anteilsbewertung

Die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist für steuerliche Zwecke in verschiedenen Situationen, insbesondere im Erb- oder Schenkungsfall, erforderlich. Das Bewertungsgesetz sieht für die Ermittlung des gemeinen Werts (Verkehrswert) dieser Anteile unterschiedliche Verfahren vor. Vorrangig ist zur Ableitung des gemeinen Werts jedoch auf Veräußerungen zwischen fremden Dritten abzustellen, die innerhalb eines Jahres vor dem steuerlichen Bewertungsstichtag liegen. Nur soweit keine entsprechenden Vorgänge vorliegen, muss für Zwecke der Bewertung auf üblicherweise zur Anwendung kommende Bewertungsverfahren auf Basis der Ertragsaussichten der Gesellschaft zurückgegriffen werden (z.B. nach IDW S1). Als Mindestwert ist dabei der Substanzwert der Gesellschaft zu berücksichtigen, der sich aus der Summe der gemeinen Werte aller Wirtschaftsgüter und aktiven Ansätze des Betriebsvermögens abzüglich der Schulden und passiven Ansätze ermittelt. Unter welchen Bedingungen die verschiedenen Bewertungsmethoden anzuwenden sind, hat der Bundesfinanzhof zuletzt weiter konkretisiert.

Kein zwingender Ansatz des Substanzwerts bei Wertableitung aus Übertragungen

Zunächst hat der Bundesfinanzhof die herrschende Auffassung bestätigt, wonach der Substanzwert nur dann die anzuwendende Wertuntergrenze darstellt, wenn sich der gemeine Wert nicht aus Übertragungen zwischen fremden Dritten ableiten lässt und folglich Bewertungsverfahren Anwendung finden. Dies entspricht auch der bislang (und weiterhin) in den Richtlinien zum Bewertungsgesetz festgelegten Auffassung der Finanzverwaltung, von der das Finanzamt und das erstinstanzliche Finanzgericht im Urteilsfall jedoch abgewichen sind. 

Fremdüblichkeit bei Veräußerungen zwischen Dritten

Im Fokus der Urteile stand des Weiteren die Frage, wann Übertragungen, die zwar grundsätzlich zwischen fremden Dritten erfolgen, im Detail jedoch besonderen Umständen unterliegen, zur Bewertung herangezogen werden können. Entscheidungserheblich sei hierbei, so der Bundesfinanzhof, ob der bei diesen Übertragungen erzielte Veräußerungspreis tatsächlich im „gewöhnlichen Geschäftsverkehr“ zustande gekommen sei. Hiervon sei nicht auszugehen, wenn der Veräußerungspreis sich nach dem Nennwert der Anteile oder einem (gleichbleibenden) Vielfachen hiervon ermittelt. Auch gesellschaftsvertragliche Regelungen, die eine bestimmte Reihenfolge der Personen vorsehen, denen die Anteile zum Kauf anzubieten sind, oder andere Beschränkungen der freien Preisbildung benennen, sprechen gegen das Vorliegen einer für steuerliche Bewertungszwecke berücksichtigungsfähigen Transaktion im gewöhnlichen Geschäftsverkehr. Hierunter fällt insbesondere auch ein pauschaler, gleichbleibender Bewertungsabschlag für Holdinggesellschaften, der die konkreten Umstände des Unternehmens nicht berücksichtigt.

Einordnung

Die Urteile des Bundesfinanzhofs sind grundsätzlich zu begrüßen, da sie hinsichtlich der sehr praxisrelevanten Methodik des Bewertungsgesetzes für zusätzliche Klarheit sorgen. Zu beachten ist, dass die zur Bewertung von Kapitalgesellschaften ergangenen Urteilsgrundsätze auch für die Bewertung von Anteilen an Personengesellschaften und Einzelunternehmen relevant sind. Die neuen Rechtsprechungsgrundsätze entfalten vor diesem Hintergrund besondere Breitenwirkung.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.9.2024 – II R 15/21
Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.9.2024 – II R 49/22

Stefan Hamacher, LL.M.

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