Senioren sollten Steuerbonus für Hausnotrufsystem beantragen

Kernaussage

Die Kosten für ein Hausnotrufsystem betragen bei den führenden Anbietern zwischen 23 € und 27 € monatlich im Basis-Tarif. Bei Pflegebedürftigkeit werden die Kosten größtenteils von der Pflegekasse übernommen. Senior:innen, die nicht im Heim leben und die Kosten selbst tragen müssen, gingen bisher beim Finanzamt leer aus. In Betracht kommt eine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen mit 20 % der Kosten. Das Finanzamt lehnt den Abzug regelmäßig ab, weil es an der erforderlichen räumlichen Nähe des Dienstleistungserbringers zum Haushalt fehlt. Das könnte sich jetzt nach einem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg ändern. Eine endgültige Entscheidung hierüber muss voraussichtlich jedoch noch der Bundesfinanzhof treffen.

Sachverhalt

Im Streitfall nutzte eine allein in ihrem Haushalt lebende 77-jährige Seniorin ein Hausnotrufsystem und machte die Ausgaben dafür in ihrer Einkommensteuererklärung als haushaltsnahe Dienstleistung geltend. Das Finanzamt lehnte den Steuerabzug mit Verweis auf die Verwaltungsanweisungen ab. Diese weisen die Finanzbeamt:innen an, nur solche Aufwendungen zu begünstigen, die innerhalb eines „Betreuten Wohnens“ in einer Senioreneinrichtung anfallen.

Entscheidung: der Begriff des Haushalts

In der vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg verhandelten Klage gaben die Richter:innen der Seniorin recht. Sie begründeten ihre Ansicht mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der „haushaltsnahe“ Leistungen als solche definiert, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung haben und gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte in regelmäßigen Abständen anfallen. „In“ einem Haushalt wird die haushaltsnahe Dienstleistung erbracht, wenn sie im räumlichen Bereich des vorhandenen Haushalts geleistet wird. Der Begriff des Haushalts ist insoweit räumlich-funktional auszulegen. Da üblicherweise Haushaltsangehörige im Bedarfsfall Hilfe holen, ersetze das Notrufsystem bei Alleinlebenden die Überwachung im Haushalt.

Ablehnende Bescheide offenhalten

Nach der Zulassung zur Revision ist damit zu rechnen, dass der Fiskus das steuerzahlerfreundliche Urteil beim Bundesfinanzhof überprüfen lässt. Hier ist bereits ein Parallelfall des Sächsischen Finanzgerichts anhängig, das mit gleicher Begründung die Kosten anerkannt hatte. Betroffene sollten die Steuerermäßigung in ihrer Steuererklärung beantragen und ablehnende Bescheide durch Einspruch und Antrag auf Ruhen des Verfahrens offenhalten.

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.6.2021, 5 K 2380/19. Parallelfall des Sächsischen Finanzgerichts mit Urteil vom 14.10.2020, 2 K 323/20; hierzu ist die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig unter Az. VI R 7/21.

Dr. Lutz Engelsing

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