Post-Implementation Review von IFRS 9 – Classification and Measurement of Financial Instruments
Im Jahr 2020 hat das IASB beschlossen einen „Post-Implementation Review“ für die Vorschriften zur Klassifizierung und Bewertung von finanziellen Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten nach IFRS 9 – Finanzinstrumente zu beginnen. Mit dem Exposure Draft ED/2023/2 schlägt das IASB klarstellende Änderungen für die folgenden Themenbereiche vor:
- Ausbuchung finanzieller Verbindlichkeiten bei Erfüllung über ein elektronisches Zahlungsverkehrssystem
- Klassifizierung finanzieller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, die durch ESG-Faktoren beeinflusst werden
Ausbuchung finanzieller Verbindlichkeiten bei Erfüllung über ein elektronisches Zahlungsverkehrssystem
Die Ergänzungsvorschriften sehen vor, dass finanzielle Verbindlichkeiten nach „settlement date accounting“ auszubuchen sind. Außerdem wird ein neues Wahlrecht eingeführt, das es einem Unternehmen erlaubt, eine finanzielle Verbindlichkeit vor dem Erfüllungstag als abgegolten zu betrachten und dementsprechend auszubuchen, wenn:
- das Unternehmen keine Möglichkeit hat, die Zahlungsanweisung zurückzuziehen, zu stoppen oder zu stornieren,
- das Unternehmen praktisch keinen Zugang zu den Zahlungsmitteln besitzt, die genutzt werden, um die Verpflichtung zu begleichen, und
- das mit dem elektronischen Zahlungsabwicklungssystem verbundene Risiko unbedeutend ist.
Dieses Risiko ist als unbedeutend zu beurteilen, wenn die Ausführung der Zahlungsanweisung in einem standardisierten administrativen Prozess erfolgt und die Zeitspanne zwischen der Zahlungsanweisung und der tatsächlichen Überweisung der Zahlungsmittel kurz ist. Dementgegen ist das Risiko als bedeutend zu beurteilen, wenn die Durchführung der Zahlungsanweisung von der Fähigkeit des Unternehmens abhängt, ausreichend Zahlungsmittel am Tag der Fälligkeit bereitzustellen.
Klassifizierung finanzieller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, die durch ESG-Faktoren beeinflusst werden
ESG-bezogene Merkmale können die Klassifizierung und Bewertung finanzieller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten beeinflussen. ESG-bezogene Merkmale können z.B. die Abhängigkeit eines Zinssatzes von den Emissionen des Unternehmens sein. Im Kern geht es bei Finanzinstrumenten mit ESG-bezogenen Merkmalen um die Fragestellung, ob die Zahlungsstrombedingungen das SPPI-Kriterium erfüllen und dementsprechend eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten erfolgen kann. Das SPPI-Kriterium besagt im Kern, dass die Vertragsbedingungen des Finanzinstruments zu festgelegten Zeitpunkten zu Zahlungen führen, die ausschließlich Tilgungen und Zinsen auf das ausstehende Kapital darstellen und damit konsistent mit einem “Standardkreditvertrag” (basic lending arrangement) sind.
Die vom IASB vorgeschlagenen Ergänzungen sehen vor, dass bei der Beurteilung, ob das SPPI-Kriterium erfüllt ist, sich der Fokus nicht darauf richtet wie viel Vergütung ein Unternehmen erhält, sondern wofür ein Unternehmen vergütet wird. Ferner wird klargestellt, dass vertragliche Zahlungsströme, die Risiken oder Marktfaktoren kompensieren, die üblicherweise nicht als Risiken oder Kosten eines “Standardkreditvertrags” angesehen werden, nicht im Einklang mit dem Sollobjekt “Standardkreditvertrag” stehen. Dies soll auch gelten, wenn solche Vertragsbedingungen für den Markt des Unternehmens üblich sind. Änderungen der vertraglichen Zahlungsströme sollen dann nicht im Einklang mit einem Standardkreditvertrag stehen, wenn diese nicht mit Richtung und Höhe von möglichen Änderungen der Risiken und Kosten eines Standardkreditvertrags stehen. So erfüllt beispielsweise ein Darlehen das SPPI-Kriterium, dessen Zinsentwicklung an die Reduktion von Treibhausgasemissionen des Schuldners geknüpft ist.
In diesem Zusammenhang ergänzt der Entwurf zudem die Beurteilung von Vertragsbedingungen, die die Höhe oder den Zeitpunkt von vertraglichen Zahlungsströmen in Abhängigkeit vom Eintritt eines ungewissen Ereignisses verändern. Diese Beurteilung ist grundsätzlich so vorzunehmen, dass sie unabhängig von der Eintrittswahrscheinlichkeit eines ungewissen Ereignisses ist. Veränderungen vertraglicher Zahlungsströme entsprechen nach dem Entwurf nur dann dem SPPI-Kriterium, wenn der Eintritt des ungewissen Ereignisses spezifisch für den Schuldner ist. Dies ist der Fall, wenn das Ereignis von der Erreichung eines vertraglich spezifizierten Ziels durch den Schuldner abhängt. Darüber hinaus dürfen die resultierenden Zahlungsströme keine Investition in den Schuldner darstellen oder den Gläubiger an der Wertentwicklung eines zugrundeliegenden Vermögensgegenstandes teilhaben lassen.
Zusätzlich enthalten die Ergänzungsvorschriften Klarstellungen zu Klassifizierungsvorschriften für nicht rückgriffsberechtigte finanzielle Vermögenswerte sowie vertraglich verknüpfte Instrumente.
Das IASB analysiert derzeit die schriftlichen Stellungnahmen zu dem Exposure Draft, um über weitere Ergänzungsvorschriften zu entscheiden.