Korrektur nicht erfasster Zugänge zum steuerlichen Einlagekonto

Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen besondere Aufmerksamkeit widmen

Dem steuerlichen Einlagekonto kann sowohl bei Kapitalgesellschaften als auch bei Betrieben gewerblicher Art (BgA) wesentliche Bedeutung zukommen, nämlich dann, wenn dieses nutzbar ist und damit Kapitalertragsteuer vermieden werden kann. Leider gibt es hier strenge formale Voraussetzungen, die in der Praxis immer wieder Probleme bereiten. So sind jährlich sogenannte Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen abzugeben. Diese sind formularmäßig mit den Körperschaftsteuererklärungen verbunden. Die Finanzverwaltung sieht dabei einen Vordruck „Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos (§ 27 Abs. 2 KStG) und des durch Umwandlung von Rücklagen entstandenen Nennkapitals (§ 28 Abs. 1 Satz 3 KStG)“ vor, der ein einfaches Berechnungsschema für die Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns und des steuerlichen Einlagekontos anhand des Bestands zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres und der Zu- und Abgänge des laufenden Wirtschaftsjahres enthält.

Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos wird auf den Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres gesondert festgestellt. Die Feststellung ist auch dann vorzunehmen, wenn der Bestand 0 beträgt; es handelt sich um eine Nullfeststellung, nicht um ein Absehen von einer Feststellung. Gleiches gilt, wenn der Bestand sich im Wirtschaftsjahr nicht geändert hat. Die Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahres sind Besteuerungsgrundlagen, die nur mittelbar in den Regelungsinhalt des Bescheids einfließen und daher weder anfechtbar sind noch in Bestandskraft erwachsen können.

Soweit eine Veranlagung wegen Unwesentlichkeit unterbleibt, erfolgt regelmäßig auch keine gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos. Wird eine solche Kapitalgesellschaft später erstmalig zur Körperschaftsteuer veranlagt, können die Einlagen der Vorjahre bei der ersten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos berücksichtigt werden, und zwar über die Feststellungsverjährungsfrist hinaus. Die Feststellungslast für das Vorliegen von Einlagen trägt der Steuerpflichtige.

Der Feststellungsbescheid ergeht gegenüber dem Körperschaftsteuersubjekt (Kapitalgesellschaft oder BgA). Gleich-wohl entfaltet der Bescheid materiell-rechtliche Bindungswirkung zulasten der Anteilseigner und im BgA-Fall zulasten des BgA-Trägers. Der zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres festgestellte Wert des steuerlichen Einlagekontos gilt stets als Anfangsbestand des folgenden Wirtschaftsjahrs (Wj). Er wird der Feststellung am Ende dieses Jahres zugrunde gelegt. Der Feststellungsbescheid für das Wj 01 ist somit Grundlagenbescheid für den Feststellungsbescheid für das Wj 02, der Feststellungsbescheid für das Wj 02 umgekehrt Folgebescheid. Das bewirkt, dass ein Fehler in der Feststellung, insbesondere ein übersehener Zugang zum steuerlichen Einlagekonto, grundsätzlich nicht mehr berichtigt werden kann, sobald der entsprechende Feststellungsbescheid in Bestandskraft erwachsen ist. Ein festgestellter Bestand ist auch dann fortzuschreiben, wenn er materiell fehlerhaft ist.

Ausfüllen der Erklärung oft fehlerbehaftet

Häufig kommt es jedoch vor, dass durch mangelnde Sorgfalt, mangelnde Sachverhaltsaufklärung oder mangelnde Rechtskenntnis beim Ausfüllen der Steuererklärung keine Zugänge zum Einlagekonto erklärt werden. Das fällt in der Praxis oft erst dann auf, wenn eine Einlagenrückgewähr, also insoweit eine Verwendung des steuerlichen Einlagekontos, ansteht. Zu diesem Zeitpunkt ist der Feststellungsbescheid oft schon bestandskräftig, auch wenn die Veranlagung zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt ist. Eine unglückliche Situation, die manchmal behoben werden kann! Hier kommt nämlich gegebenenfalls eine Korrekturvorschrift in Betracht, die den Namen „Offenbare Unrichtigkeiten“ trägt.

Die Berichtigung setzt grundsätzlich voraus, dass die offenbare Unrichtigkeit in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Finanzbehörde entstanden ist. Die Unrichtigkeit muss aber nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein. Sie ist daher auch anwendbar, wenn die Behörde offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt (sogenannte Übernahmefehler).

Offenbare Unrichtigkeiten sind mechanische Versehen wie beispielsweise Eingabe- oder Übertragungsfehler. Ein Fehler ist offenbar, wenn er auf der Hand liegt, also durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist. Dagegen schließen Fehler bei der Auslegung oder Anwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts eine offen-bare Unrichtigkeit aus. Die Regelung ist daher nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sach-verhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht.

Ob ein mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung ausschließender Tat-sachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, muss nach den Verhältnissen des Einzelfalls beurteilt werden. In Fällen, in denen die offenbare Unrichtigkeit auf der versehentlichen Nichtangabe eines Werts in der Steuererklärung beruht, ist eine Korrektur bereits dann möglich, wenn für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich erkennbar ist, dass die Nichtangabe fehlerhaft ist. Entsprechendes gilt, wenn (nur) die Angabe einer Endsumme mit 0 € erfolgt und das erkennbar unrichtig ist. 

Im Fall eines unzutreffenderweise mit 0 festgestellten Einlagekontos wird die Erkennbarkeit in der Praxis daraus abgeleitet, dass sich in der Steuerbilanz entsprechende Positionen (z.B. eine erhöhte Kapitalrücklage) finden. Problematisch ist hier, dass zur Bestimmung der zutreffenden Höhe des steuerlichen Einlagekontos nicht die mechanische Übernahme der im Jahresabschluss angegebenen Beträge ausreicht, sondern auf einer zweiten Stufe noch weitere Sachverhaltsermittlungen zur Höhe des steuerlichen Einlagekontos erforderlich sind. Hierzu hat der Bundesfinanzhof (BFH) schon vor einigen Jahren entschieden, dass allein dieser Umstand eine offenbare Unrichtigkeit nicht ausschließe. In einem aktuellen Urteil hat der BFH diese Rechtsprechung nun erfreulicherweise bestätigt. Die Entscheidung versetzt die Steuerpflichtigen in die Lage, etwaige Fehler als offenbare Unrichtigkeit berichtigen zu lassen, und zwar auch nach Eintritt der Bestandskraft bis zur Grenze der Feststellungsverjährung – wenn ein entsprechender Sachverhalt vorliegt. Für vergessene Einlagekontozugänge besteht insofern noch eine gute Chance auf eine (nachträgliche) Berücksichtigung.
 

Oliver Stoffers

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