Keine Rückstellungen für Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Kernaussage
Für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes zu aktivieren sind, dürfen in der Steuerbilanz keine Rückstellungen gebildet werden (§ 5 Abs. 4b EStG). Durch die Bildung von Rückstellungen sollen zukünftige Aufwendungen antizipiert werden, und nicht zukünftig ergebnisneutrale Vorgänge wie die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern. Auch wenn die Vorschrift verständlich und auf den ersten Blick eindeutig ist, so bestehen doch im Einzelfall Zweifelsfragen hinsichtlich ihrer Anwendung, wie ein aktuelles Urteil zeigt.
Sachverhalt
Eine GmbH, die mit der Entsorgung von Abfällen beauftragt ist, betreibt mehrere Mülldeponien. Die öffentlich-rechtliche Genehmigung der Deponien ist u.a. mit der Auflage verbunden, nach der Ablagerung von Abfällen die Deponie stillzulegen und nach dem Ende der Stilllegungsphase die Deponie dergestalt abzudichten, dass durch den dort lagernden Müll keine Gefährdung für die Umwelt und die Allgemeinheit ausgehen kann. Auch nach der Abdichtung ist die GmbH noch für mehrere Jahre zur Nachsorge der Deponie verpflichtet. Für die Stilllegung, Rekultivierung und Nachsorge der Deponie muss die GmbH unstreitig Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden.
Entscheidung
Das Finanzgericht Münster hat in erster Instanz entschieden, dass die Rückstellungen auch solche Ausgaben beinhalten dürfen, die zwar dem Grunde nach zukünftige Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter darstellen, aber – da sie in der Stilllegungs- oder Nachsorgephase anfallen – keine Erträge mehr erwirtschaften können und daher wertlos sind. Dem ist der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren nicht gefolgt. Der Bundesfinanzhof hält den Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift für eindeutig und sieht daher keinen Raum für eine teleologische Reduzierung. Zur genauen Ermittlung der Rückstellung hat der Bundesfinanzhof den Fall an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Konsequenz
In seinem Urteil stellt der Bundesfinanzhof klar, dass es für das Rückstellungsverbot allein auf die Frage ankommt, ob die fraglichen Aufwendungen Anschaffungs- oder Herstellungskosten darstellen. Ob damit tatsächlich ein Wertzuwachs in Form von künftigen Erträgen verbunden ist, ist für die Beurteilung irrelevant. Insoweit kann das Urteil durchaus über den entschiedenen Fall hinaus bedeutend sein, zumal die Finanzverwaltung im Schreiben vom 25.7.2005 eine Auffassung vertreten hat, die auch eine abweichende Interpretation zulässt. Speziell für Deponiebetreiber enthält das Urteil noch einen weiteren wichtigen Aspekt: Der Bundesfinanzhof hat Zweifel geäußert, ob für die Abzinsung der Rückstellung tatsächlich zwischen der Stilllegungs- und der Nachsorgephase zu differenzieren ist (so Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 25.7.2005). Auch diese Frage hat der Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurück verwiesen.
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