Gewinnerzielungsabsicht beim Betrieb einer Photovoltaikanlage
Kernaussage
Der dauerdefizitäre Betrieb einer Photovoltaikanlage schließt die bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erforderliche Gewinnerzielungsabsicht aus, wenn die Hinnahme der Verluste auf dem Motiv des Steuerpflichtigen beruht, durch die emissionsfreie Erzeugung von Strom für das öffentliche Netz einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Sachverhalt
Im Jahr 2006 installierten die Kläger (Ehegatten) auf dem Dach ihres zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhauses eine Photovoltaikanlage. Die Anschaffungskosten von gut 23.000 € finanzierten die Kläger fremd. Den erzeugten Strom speisten sie vollständig ins öffentliche Netz ein. Die Kläger erlitten in den Jahren 2006 bis 2018 aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage durchgängig Verluste, da die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegten Einspeisevergütungen die Aufwendungen (insbesondere Absetzungen für Abnutzung und Schuldzinsen) in keinem der vorgenannten Jahre erreichten. Der für den vorgenannten Zeitraum aufgelaufene Gesamtverlust betrug mehr als 20.000 €.
Das Finanzamt (FA) erkannte die Verluste bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Kläger bis einschließlich des Jahres 2014 endgültig an, für die Jahre 2015 bis 2017 dagegen nur vorläufig. Im Zuge der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2018 gelangte das FA zu der Auffassung, dass es den Klägern an einer Gewinnerzielungsabsicht fehle. Es änderte die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2017 und erließ für das Jahr 2018 einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid und erkannte die erklärten gewerblichen Verluste nicht an.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Die Kläger begehren die Zulassung der Revision.
Entscheidung
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Das FG hat den Klägern die Gewinnerzielungsabsicht aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage abgesprochen und sich hierbei auf die in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung vertretenen Grundsätze berufen. Hiernach ist zunächst in objektiver Hinsicht eine Prognose darüber anzustellen, ob der Betrieb nach seinem Wesen und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften. Ist die Prognose --wie im Streitfall-- negativ, erlaubt dies jedoch nicht ohne Weiteres den Schluss, dass der Steuerpflichtige auch subjektiv die Erzielung eines Totalgewinns nicht beabsichtigte. Dies ist vielmehr nur dann --widerlegbar-- gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkünftesphäre zu dienen (sog. Hobbybereich). Bei anderen Tätigkeiten müssen zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden. Im Fall einer längeren Verlustperiode spricht vor allem das fehlende Bemühen, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen, für sich genommen schon dafür, dass langjährige Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen werden. In einem solchen Fall sind an die Feststellung persönlicher Gründe und Motive, die den Steuerpflichtigen trotz der Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, zwar keine hohen Anforderungen zu stellen; die Feststellung ist aber nicht vollkommen entbehrlich.
Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze hat das FG festgestellt, dass die Kläger die nachhaltig bestehende Verlustsituation im Hinblick darauf hingenommen haben, dass sie mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage emissionsfrei und klimaschützend Strom erzeugen wollten. Diese Erwägung hat das FG als persönlichen --außerhalb der steuerrechtlich relevanten Einkünftesphäre liegenden-- Grund gewürdigt. Hiergegen wäre in einem Revisionsverfahren nichts zu erinnern. Eine verlustbehaftete Betätigung, die vordergründig nicht von einem erwerbswirtschaftlichen, sondern einem --wenn auch äußerst gewichtigen-- idealistischen Motiv des Steuerpflichtigen getragen wird, ist mit dem Erfordernis aus § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG, die Erzielung von Gewinnen zu beabsichtigen, nicht in Einklang zu bringen. Es ist nicht klärungsbedürftig, dass Verluste aus solchen Betätigungen einkommensteuerrechtlich der Privatsphäre zuzuordnen sind.
Hieran ändert das Klimaschutzgebot aus Art. 20a des Grundgesetzes (GG) nichts. Die Norm verpflichtet den Staat zum Klimaschutz, vermittelt dem Einzelnen aber keine subjektiven Schutzansprüche. Sie verpflichtet somit nicht, Verluste eines Steuerpflichtigen, die aus einer den Klimaschutz fördernden Betätigung herrühren, trotz fehlender Gewinnerzielungsabsicht nur aufgrund des staatlichen Gebots aus Art. 20a GG steuerrechtlich anzuerkennen. Im Übrigen ist der Gesetzgeber nicht untätig geblieben, sondern fördert den Bau und Betrieb von Photovoltaikanlagen in erheblichem Umfang durch eine garantierte Einspeisevergütung nach dem EEG. Art. 20a GG lässt dem Gesetzgeber grundsätzlich die Wahl zwischen verschiedenen Förderinstrumenten und verpflichtet ihn nicht, gerade eine einkommensteuerrechtliche Förderung zu gewähren.
Soweit die Kläger auf die erheblichen Steigerungen des Börsenstrompreises seit dem Krieg in der Ukraine verweisen hat, handelt es sich nach der Feststellung des BFH um das Vorbringen neuer Tatsachen, die in einem künftigen Revisionsverfahren unbeachtlich wären und daher auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unberücksichtigt bleiben müssen.
Hinweis
Im Zusammenhang mit der ertragsteuerlichen Beurteilung sind aktuell folgende Grundsätze zu beachten:
- Ertragsteuerlich relevant sind Photovoltaikanlagen grundsätzlich nur, wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden.
- Bei kleineren Photovoltaikanlagen bis zu 10 kW/kWp (und vergleichbaren BHKW) kann auf Antrag der steuerpflichtigen Person aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen unterstellt werden, dass diese ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden und es sich daher um eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei handelt (BMF v. 29.10.2021).
- Ab 2022 ist die Steuerbefreiung der Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb bestimmter näher definierter Photovoltaikanlagen zu beachten.
Fundstelle
BFH, Beschluss vom 16.11.2022 - X B 46/22