Führt jede Einlage zu nachträglichen Anschaffungskosten?

Hintergrund

Der Bundesfinanzhof vertritt in seinem Urteil vom 11.7.2017 die Auffassung, dass Aufwendungen eines Gesellschafters für Darlehen an bzw. Bürgschaften für seine GmbH bei Ausfall aufgrund der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 steuerlich nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten abzugsfähig sind. Solche lägen nur noch in Ausnahmefällen vor, wenn die Finanzierungshilfen nach der handelsrechtlichen Definition als Anschaffungskosten zu bewerten seien, weil es sich steuerbilanziell um Einlagen in das Vermögen der GmbH handelt. Sofern diese Kriterien nicht erfüllt seien, liege regelmäßig ein steuerlich unbeachtlicher privater Vermögensverlust des Gesellschafters vor. In einem laufenden Revisionsverfahren wird aktuell um die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten bei einer Gesellschaftereinlage gestritten.

Sachverhalt

Der Kläger war mit seinen drei Brüdern an der A-GmbH beteiligt. Bereits vor seinem Eintritt als Gesellschafter hatte der Kläger eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten der A-GmbH gegenüber der Bank übernommen. Nach hohen Verlusten in den Jahren 2008 und 2009 stellte die A-GmbH zum Ende des Jahres 2009 ihren Geschäftsbetrieb mit Veräußerung ihres Vermögens ein. Zwischen Juni und November 2010 leisteten der Kläger und seine Brüder Zuführungen in die Kapitalrücklage der A-GmbH zwecks Vermeidung einer Liquidation. Die Bank stellte Ende 2010 einen Teilverzicht auf ihre gegenüber der A-GmbH bestehenden Forderungen in Aussicht, woraufhin die A-GmbH an die Bank den verbliebenen Betrag zahlte. Anschließend veräußerten der Kläger und seine Brüder ihre Anteile an der A-GmbH zu einem Kaufpreis von 0 €. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 machte der Kläger einen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG in Höhe seines Anteils an der Stammeinlage und den nachträglichen Anschaffungskosten aus der Kapitalzuführung geltend.

Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf

Das Finanzgericht Düsseldorf ermittelte die nachträglichen Anschaffungskosten restriktiver, indem es von dem Betrag der Kapitalrücklage die Zahlung der A-GmbH an die Bank abzog. Dieser Zuführungsbetrag habe wirtschaftlich betrachtet der Ablösung der von Gesellschafterseite gewährten Sicherheiten (Bürgschaften) gedient. Die Bürgschaft sei durch ihr Stehenlassen im Kriseneintrittsjahr 2008 eigenkapitalersetzend geworden, womit die Rückgriffsforderung mit ihrem gemeinen Wert zu diesem Zeitpunkt anzusetzen sei. Dieser gemeine Wert liege jedenfalls deutlich unter dem Nominalbetrag der Schuld, für die sich der Gesellschafter verbürgt habe.

Beschluss des Bundesfinanzhofs

Im Revisionsverfahren will sich das Gericht nun grundlegend mit der Frage befassen, ob Zuzahlungen, die der Gesellschafter in die Kapitalrücklage einer Kapitalgesellschaft leistet, bei diesem in jedem Fall und zu jedem denkbaren Zeitpunkt zu nachträglichen Anschaffungskosten führen und ob solche Zuzahlungen einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO darstellen könnten. Mit Beschluss vom 11.10.2017 hat das Gericht das Bundesministerium der Finanzen zum Beitritt aufgefordert. Für die steuerliche Gestaltung von Finanzierungshilfen an in der Krise befindlichen Kapitalgesellschaften wird der Ausgang dieses Verfahrens von erheblicher Bedeutung sein.

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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