Finanzverwaltung entschärft Damoklesschwert „Unzulässigkeit von Kettenzusammenfassung“
Kettenzusammenschluss nach dem BFH nicht mehr ohne weiteres möglich
Ziel eines steuerlichen Querverbunds ist es regelmäßig, verlustbringende und gewinnbringende Tätigkeiten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPöR) mit steuerlicher Wirkung zusammenzufassen, um die Ertragsteuerbelastung für die jPöR zu reduzieren. Eine steuerlich wirksame Zusammenfassung der Tätigkeiten knüpft der Gesetzgeber dabei an bestimmte Voraussetzungen. So kann z. B. ein defizitäres Bad mit einem gewinnbringenden Energieversorger nur über das Kriterium einer engen, wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung verbunden werden, da Bäder nicht zu den sogenannten Katalogtätigkeiten der Versorgungsunternehmen gehören, die ohne weitere Voraussetzungen zusammengefasst werden können. Nach der bisherigen Verwaltungspraxis konnten im vorgenannten Beispiel noch weitere Tätigkeiten zusammengefasst werden, auch wenn davon nur zwei der Tätigkeiten die Zusammenfassungsvoraussetzungen erfüllten.
Einerseits konnten deshalb weitere Bäder über das Kriterium der Gleichartigkeit, andererseits andere Versorgungstätigkeiten mit in diesen steuerlichen Querverbund einbezogen werden. Dieser Kettenzusammenschluss ist nach dem Tenor eines Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem vergangenen Jahr nicht mehr ohne weiteres möglich. Für den Zusammenschluss von mehr als zwei Tätigkeiten müssen nach Auffassung des BFH die Voraussetzungen für die Zusammenfassung jeweils zwischen allen Tätigkeiten vorliegen.
In der Praxis ist das regelmäßig nicht der Fall, sodass dieses Urteil dazu führen würde, dass der steuerliche Querverbund deutlich eingeschränkt wird, da i. d. R. eine enge, wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung nur zwischen einem Bad und einer Energieversorgungstätigkeit besteht. Die Folge wäre eine höhere Ertragsteuerbelastung. Unverändert bleibt nach diesem Urteil, dass die Katalogtätigkeiten der Versorgungsunternehmen (Wasser-, Gas-, Elektrizität- oder Wärmeversorgung, öffentlicher Verkehr oder Hafenbetrieb) und gleichartige Tätigkeiten uneingeschränkt zusammengefasst werden dürfen.
Koalitionsvertrag stützt den steuerlichen Querverbund
Zunächst hatte die Finanzverwaltung nicht auf das Urteil reagiert, was zu Verunsicherung geführt hat. Das vorgenannte Urteil wurde bisher nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht, sodass es nicht über den entschiedenen Einzelfall anzuwenden ist. Sollte es zu keiner Gesetzesänderung kommen und das Urteil von der Finanzverwaltung über den Einzelfall hinaus angewendet werden, wäre hiervon eine Vielzahl von Praxisfällen betroffen, bei denen der Querverbund nicht durch eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung abgesichert ist oder bei denen der Sachverhalt zwischenzeitlich von dem Sachverhalt, der der verbindlichen Auskunft zugrunde lag, abweicht. Der zwischen CDU, CSU und der SPD vereinbarte Koalitionsvertrag enthält folgendes klares Bekenntnis zum steuerlichen Querverbund:
„Wir passen den steuerlichen Rechtsrahmen für den Querverbund an, um den Fortbestand der kommunalen Daseinsvorsorge dauerhaft zu sichern.“
Zwischenzeitlich hat sich nun das Bundesfinanzministerium mit einem Schreiben zu Wort gemeldet. Darin wird klargestellt, dass die BFH-Rechtsprechung ausdrücklich nicht zur Anwendung kommen soll (Nichtanwendungserlass). Solche Erlasse sind eher schwach, weil der BFH selbstverständlich jederzeit wieder in seinem Sinn entscheiden kann und die Verwaltung so zum Einlenken bringen kann. Besser wäre daher eine gesetzliche Regelung gewesen. Trotzdem ist das Schreiben eine sehr gute Nachricht, da zumindest für die Vorjahre und aktuelle Zeiträume Rechtssicherheit geschaffen wurde. Für viele Kommunen war das Urteil nämlich ein echtes Drohszenario, da der Querverbund vielfach einen wichtigen Baustein der Bäderfinanzierung darstellt. Unklar bleibt, wie zukünftig mit der Rechtsprechung umgegangen wird. Offensichtlich ist das Ergebnis nicht erwünscht, eine über den jetzt vorgelegten Nichtanwendungserlass hinausgehende Lösung liegt aber nicht auf der Hand. Insbesondere wurde/wird befürchtet, dass eine gesetzliche Klarstellung an europarechtlichen Vorgaben (konkret dem Beihilfeverbot) scheitern würde.