Dauerbrenner: Streit um Zeugnisinhalt

Kernaussage

Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf ein wohlwollendes und qualifiziertes Zeugnis. Die inhaltliche Ausgestaltung im Detail ist jedoch immer wieder Gegenstand von zahlreichen Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. So musste sich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit der Frage befassen, ob im Zeugnis die Erwähnung einer "selbstständigen Arbeitsweise" durch den Arbeitnehmer verlangt werden kann, und hat diese Frage verneint.

Sachverhalt

Die Klägerin war bei der beklagten Anwaltskanzlei mit Sekretariatsaufgaben für einen Partner und zur Unterstützung seines Teams betraut. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt die Klägerin ein Zeugnis, in dem es u.a. hieß: "Dabei arbeitet sie stets sehr sorgfältig und zügig." Darüber hinaus war im Rahmen des Zeugnisses aufgenommen worden, dass das Verhalten der Klägerin "gegenüber den Rechtsanwälten, Kollegen und Mandanten" zu jeder Zeit einwandfrei gewesen sei. Mit beiden Formulierungen war die Klägerin nicht einverstanden und hielt diese für unzureichend. So verlangte sie zum einen, dass die Beurteilung ihrer Arbeitsweise um das Wort "selbstständig" ergänzt werde. Darüber hinaus begehrte sie die Ergänzung ihrer Verhaltensbeurteilung dahingehend, dass ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten "jederzeit einwandfrei" gewesen sei. Da der Arbeitgeber jedoch die gewünschten Änderungen des Zeugnisses verweigerte, lag der Fall letztendlich zur gerichtlichen Klärung vor.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab beiden Parteien jeweils zur Hälfte recht. So schlossen sich die Richter im Hinblick auf die gewünschte Ergänzung im Rahmen der Beurteilung der Arbeitsweise um den Zusatz "selbstständig" der Auffassung der Beklagten an und lehnten den Anspruch ab. Begründet wurde dies damit, dass diesbezüglich kein Zeugnisbrauch festgestellt werden konnte. Für einen solchen sei es erforderlich, dass die ausdrückliche Bescheinigung bestimmter Merkmale in einem bestimmten Berufskreis üblich sei. Auf Ersuchen des Landesarbeitsgerichts war unter Beteiligung von Rechtsanwaltskammern eine Umfrage zu dem von der Klägerin behaupteten Zeugnisbrauch durchgeführt worden mit dem Ergebnis: Der angenommene Zeugnisbrauch besteht nicht. Die fehlende Angabe ist damit auch kein Nachteil. Dagegen konnte die Klägerin sehr wohl die geforderte Ergänzung ihrer Verhaltensbeurteilung verlangen, da die Beurteilung des Verhaltens der Klägerin gegenüber ihrem vorgesetzten Partner fehlte. Dieser sei zwar auch Rechtsanwalt. Durch das Fehlen dieser Verhaltensbeurteilung könnte beim Leser des Zeugnisses allerdings der Eindruck entstehen, dass die Verhaltensbeurteilung gegenüber dem Partner fehlte und damit negativ war. Dies stand im Widerspruch zum sonstigen Zeugnisinhalt, der der Klägerin insgesamt eine
"sehr gute Zusammenarbeit" bescheinigte.

Konsequenz

Regelmäßig streiten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die detaillierte inhaltliche Ausgestaltung von Zeugnissen, die in letzter Instanz dann oft gerichtlich geklärt werden muss. Auf der einen Seite stehen die nachvollziehbaren Interessen des Arbeitnehmers im Hinblick auf ein berufliches Weiterkommen. Auf der anderen Seite kann und will der Arbeitgeber im Hinblick auf den Grundsatz der Zeugniswahrheit auch nicht in jedem Fall den Formulierungswünschen des Arbeitnehmers entsprechen. Damit beiden Seiten ein gerichtliches Verfahren erspart bleibt, ist bei Streitigkeiten das gemeinsame Finden einer Lösung zwingend anzuraten, soweit dies mit dem Grundsatz der Zeugniswahrheit zu vereinbaren ist.

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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