Bundesfinanzhof: Betriebsausgabenabzug in Personengesellschaftskonzernen – Zinszahlungen auf „unternehmensgruppeninterne“ Darlehen
Bisherige gesetzliche Regelungen zum anteiligen Betriebsausgabenabzug
Werden im Rahmen einer Mitunternehmerschaft mit natürlichen Personen als Anteilseignern unmittelbar oder – über weitere Tochterpersonengesellschaften – mittelbar Anteile an Kapitalgesellschaften gehalten, stellt sich die Frage, inwieweit etwaige Betriebsausgaben mit den gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Sofern ein Veranlassungszusammenhang zwischen Betriebsausgaben und Kapitalgesellschaftsanteilen zu bejahen ist, werden etwaige Betriebsausgaben von Gesetzes wegen lediglich zu 60 % zum Abzug zugelassen. Hintergrund ist der Umstand, dass der Gesetzgeber in Bezug auf die mit den Kapitalgesellschaftsanteilen erzielten Einnahmen korrespondierend eine Teilfreistellung gewährt.
Teleologische Reduktion bei Zinszahlungen auf unternehmensgruppeninterne Darlehen
Mit Urteil vom 16.11.2023 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die gesetzlichen Regelungen zum anteiligen Betriebsausgabenabzugsverbot im Zusammenhang mit über eine Mitunternehmerschaft gehaltenen Kapitalgesellschaftsanteilen in bestimmten Konstellationen teleologisch zu reduzieren sind.
Der Fall
Geklagt hatten mehrere GmbH & Co. KGs eines mehrstufigen Personengesellschaftskonzerns. Die H-KG und ihre Schwestergesellschaft, die I-KG, hatten im Laufe der Zeit Anteile an einer Kapitalgesellschaft, der D-GmbH, erworben. Diese Anteile stellten aus Sicht der H- und der I-KG unstrittig notwendiges Sonderbetriebsvermögen II beider Gesellschaften bei der X-KG dar, einer Mitunternehmerschaft, an der die H- und die I-KG lediglich mittelbar über die gemeinsame Tochterpersonengesellschaft, der G-KG, beteiligt waren. H- und I-KG waren somit als sogenannte Sondermitunternehmer der X-KG anzusehen. Zur Finanzierung der Anteile an der D-GmbH wurde den Anteilserwerberinnen, H- und I-KG, seitens der unter ihnen hängenden Personengesellschaften zinspflichtige Darlehen gewährt. Darlehensgeber waren u.a.:
- die G-KG als unmittelbare Tochterpersonengesellschaft der H-KG und der I-KG,
- die X-KG, zu deren Betriebsvermögen die Anteile an der D-GmbH als Sonderbetriebsvermögen gehörten, und
- die O-GmbH, zugleich Tochterkapitalgesellschaft und ertragsteuerliche Organgesellschaft der X-KG.
Abstellung auf den Gesamtgewinn der konkreten Mitunternehmerschaft
Die Finanzverwaltung argumentierte, dass sämtliche Zinszahlungen der H- und der I-KG an ihre unmittelbaren und mittelbaren Tochtergesellschaften dem anteiligen Betriebsausgabenabzug unterlägen, weil sie im Zusammenhang mit dem Erwerb der Anteile an einer Kapitalgesellschaft, der D-GmbH, stünden. Die hiergegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg: Der Bundesfinanzhof stellt klar, dass das anteilige Betriebsausgabenabzugsverbot im Zusammenhang mit Anteilen an Kapitalgesellschaften nicht greift, soweit die Zinszahlungen auf diejenige Mitunternehmerschaft entfallen, zu der die erworbenen GmbH-Anteile als Sonderbetriebsvermögen gehören. Dass die Sonderbetriebsausgaben der Sondermitunternehmer (bezogen auf die Gesamtfinanzierung) und die Einnahmen dieser Gesellschaft (hier Anteil Finanzierung X-KG) sich nicht betragsmäßig entsprechen, ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs irrelevant. Bei mehrstöckigen Personengesellschaften bleibt es daher hinsichtlich des gesetzlich normierten, anteiligen Betriebsausgabenabzugsverbots bei einer auf den Gesamtgewinn der konkreten Mitunternehmerschaft bezogenen Betrachtung. Damit setzt der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zur Einschränkung des anteiligen Betriebsausgabenabzugsverbots fort: Bereits mit Urteil vom 6.2.2020 hatte er entschieden, dass das anteilige Abzugsverbot nicht greift, soweit Betriebsausgaben bei der Mitunternehmerschaft zu steuerpflichtigen Betriebseinnahmen bei den Mitunternehmer:innen im Sonderbetriebsvermögen führen.
Konzernabschlussprüfungskosten einer Holdinggesellschaft
Obwohl das jetzige Urteil aus Sicht der Praxis zu begrüßen ist, führen die gesetzlichen Regelungen zum teilweisen Betriebsausgabenabzugsverbot im Zusammenhang mit Anteilen an Kapitalgesellschaften bei Personengesellschaften in der Praxis weiterhin zu Problemen und fragwürdigen Ergebnissen. Dies zeigt einmal mehr die Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 25.8.2022: Danach sollen Kosten der Konzernabschlussprüfung einer Konzernoberpersonengesellschaft ebenfalls vom anteiligen Betriebsausgabenabzugsverbot betroffen sein, wenn die einzige Tätigkeit dieser Gesellschaft im Halten von GmbH-Anteilen besteht. Aufgrund der eingelegten Revision wird der Bundesfinanzhof nun Gelegenheit haben, sich auch zu dieser Rechtsfrage zu äußern, zumal solche Kosten in der Erfüllung einer gesetzlichen Prüfungspflicht begründet sind und in keinem direkten Zusammenhang mit den gehaltenen Assets stehen. Sollte der Bundesfinanzhof die Rechtsauffassung der Vorinstanz bestätigen, wäre es wünschenswert, dass er sich auch dazu äußert, wie bei gemischten oder operativ tätigen Holdinggesellschaften zu verfahren ist.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.11.2023 – Az. IV R 26/20 und Finanzgericht Köln, Urteil vom 25.8.2022 – Az. 3 K 999/20, Revision beim Bundesfinanzhof –Az. IV R 25/22