Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein Immobilienobjekt in Grund- und Boden- sowie Gebäudeanteil für Zwecke der AfA; Wahl der Wertermittlungsmethode
Kernaussage
Ist für die Anschaffung eines Immobilienobjekts ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA aufzuteilen. Für die Schätzung des aufzuteilenden Werts kann die ImmoWertV herangezogen werden; welches Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist, ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine vermögensverwaltende GbR, erwarb im August 2013 eine Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz zum Kaufpreis von 158.500 € zzgl. Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 14.013,71 €. Die Klägerin beabsichtigte, die in einer beliebten Ferienregion an der Ostsee belegene Eigentumswohnung dauerhaft ausschließlich an Feriengäste zu vermieten. In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2013 erklärte die Klägerin aus der Vermietung des Immobilienobjekts einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 12.578 €. Dabei berücksichtigte die Klägerin die AfA auf den von ihr mit 145.459,87 € (84,32 %) ermittelten Gebäudewert zeitanteilig ("pro rata temporis") in Höhe von 970,87 €. Zunächst veranlagte das Finanzamt (FA) erklärungsgemäß unter Vorbehalt der Nachprüfung. Im weiteren Veranlagungsverfahren ermittelte das FA für das Immobilienobjekt die Kaufpreisanteile von Grund und Boden und Gebäude im sog. "vereinfachten Verfahren" unter Verwendung der Arbeitshilfe des Bundesministeriums der Finanzen (BMF). Danach ergab sich ein Kaufpreisanteil für Grund und Boden von 42 % (72.827 €) sowie ein Gebäudeanteil von 58 % (99.687 €). Mit dem gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2013 berücksichtigte das FA die (zeitanteilige) AfA nur noch in Höhe von 743 €.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch legte die Klägerin ein Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen A für die Bewertung von Grundstücken vom 24.04.2016 vor, in dem dieser den Anteil des Gebäudes unter Anwendung des Ertragswertverfahrens mit 84,37 % ermittelt hatte. Das FA vertrat im Einspruchsverfahren demgegenüber die Auffassung, dass das Ertragswertverfahren vorliegend nicht zur Wertfindung geeignet sei und der Gebäudeanteil (einschließlich Außenanlagen) nach dem anzuwendenden Sachwertverfahren bei einem Gesamtsachwert in Höhe von 52.086 € ‑‑ausweislich eines Gutachtens der Bewertungsstelle des Finanzamts Z‑‑ lediglich 51 % (= 26.166 €) betrage.
Für die Jahre 2014 – 2016 wurde der Streit um die Höhe der AfA fortgesetzt. Die Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG.
Die Revision ist in materiell-rechtlicher Hinsicht begründet. Das FG hat im Zuge der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage die Aufteilung der Kaufpreisanteile für Grund und Boden und Gebäude zu Unrecht nach dem Verhältnis der Sachwerte vorgenommen.
Für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils kann im Streitfall die ImmoWertV vom 19.05.2010 herangezogen werden, denn sie enthält anerkannte Grundsätze für die Schätzung von Verkehrswerten von Grundstücken. Nach deren Bestimmungen ist der Verkehrswert mit Hilfe des Vergleichswertverfahrens (einschließlich des Verfahrens zur Bodenwertermittlung), des Ertragswertverfahrens, des Sachwertverfahrens oder mehrerer dieser Verfahren zu ermitteln. Die Verfahren sind nach der Art des Wertermittlungsobjekts unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der zur Verfügung stehenden Daten, zu wählen; die Wahl ist zu begründen. Dabei stehen die ‑‑nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu wählenden‑‑ Wertermittlungsverfahren einander gleichwertig gegenüber. Der Verkehrswert ist sodann aus dem Ergebnis des oder der herangezogenen Verfahren unter Würdigung seines oder ihrer Aussagefähigkeit zu ermitteln.
Die Ermittlung der Verkehrswertrelation ist zwar Teil der Sachverhaltsfeststellung des FG, die für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist. Der BFH als Revisionsgericht muss -bei Heranziehung der ImmoWertV durch die Vorinstanz- aber prüfen, ob dabei die (rechtlichen) Vorgaben der maßgeblichen Bestimmung -im Streitfall des § 8 ImmoWertV- beachtet worden sind. Im Hinblick auf die Wahl des Bewertungsverfahrens zur Ermittlung der Verkehrswerte von Grund und Boden sowie Gebäude hat die höchstrichterliche Rechtsprechung nachfolgende Grundsätze aufgestellt:
Zum einen hat die Rechtsprechung bei Mietwohngrundstücken im Privatvermögen ‑‑jedenfalls in der Vergangenheit‑‑ im "Regelfall" eine Kaufpreisaufteilung unter Anwendung des Sachwertverfahrens mit der Erwägung für "angebracht" gehalten, dass für den Erwerb einer solchen Immobilie neben Ertragsgesichtspunkten und der sicheren Kapitalanlage auch die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens ausschlaggebend sein könne. Ferner hat der BFH stets betont, dass nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden sei, welches Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist.
Zum anderen hat die Rechtsprechung bei der Bewertung von Mietwohngrundstücken im Privatvermögen auch eine Anwendung des Ertragswertverfahrens für möglich erachtet, wenn dieses zum zutreffenderen Wert geführt und die tatsächlichen Wertverhältnisse besser abgebildet hat. Überdies hat der BFH in anderem materiell-rechtlichen Zusammenhang schon früher entschieden, dass die zur Aufteilung gebäudebezogenen Aufwands zu bestimmenden Verkehrswerte des eigengenutzten sowie des fremdvermieteten Teils eines Gebäudes nach dem Ertragswertverfahren ermittelt werden können, wenn eine Bewertung im Sachwertverfahren der zur Vermietung genutzten Flächen und der eigengenutzten Flächen wegen der unterschiedlichen Nutzbarkeit der jeweiligen Bereiche zu einem ersichtlich sachwidrigen Ergebnis führt.
Das Vergleichswertverfahren hat die frühere Rechtsprechung zur Ermittlung des Verkehrswerts des Boden- und des Gebäudeanteils einer privaten Eigentumswohnung als "nicht brauchbar" angesehen, da diese Bewertungsmethode nur erlaube, die Eigentumswohnung als eine Einheit von Miteigentumsanteil und Sondereigentum zu bewerten. Daher sei das Vergleichswertverfahren mit dem Gebot der Einzelbewertung nicht vereinbar.
Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der BFH seine Rechtsprechung in jüngster Zeit dahin fortentwickelt, dass einerseits bei umfassend sanierten, denkmalgeschützten Mietwohngebäuden die Wertanteile für Grund und Boden sowie Gebäude auf der Grundlage des Sachwertverfahrens ermittelt werden können, wenn anderweitig ermittelte Ertrags- und Vergleichswerte die tatsächlichen, an einem angemessenen Kaufpreis zu messenden Wertverhältnisse nicht einmal annähernd abbilden können; andererseits kann aber bei Mietwohngebäuden auch das Ertragswertverfahren anzuwenden sein, wenn es sich im Einzelfall ‑‑etwa mit Blick auf den Renovierungszustand oder die begehrte innerstädtische Lage‑‑ um Renditeobjekte handelt und das Sachwertverfahren nicht in gleicher Weise zur Wertfindung geeignet erscheint, weil der mit dieser Methode ermittelte Wert ganz erheblich von dem zwischen den Kaufvertragsparteien vereinbarten und tatsächlich gezahlten Kaufpreis abweicht.
Der BFH hält an den dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises durch getrennte Ermittlung des Verkehrswerts von Grund und Boden sowie Gebäude unter Rückgriff auf die (gleichwertigen) Wertermittlungsverfahren der ImmoWertV fest. Die genannten Grundsätze haben weiterhin ihre Berechtigung und werden ‑‑soweit ersichtlich‑‑ in Rechtsprechung, Finanzverwaltung und Literatur jedenfalls nicht grundsätzlich in Frage gestellt.
Der BFH nimmt den Streitfall indes erneut zum Anlass hervorzuheben, dass sich aus seiner bisherigen Rechtsprechung kein steuerrechtlicher ‑‑insbesondere kein typisierender‑‑ Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren für bestimmte Gebäudearten ergibt. Das bedeutet, dass sich die Wahl der Ermittlungsmethode einer Verallgemeinerung schon dem Grunde nach entzieht und auch nicht auf ein ‑‑"fallgruppenspezifisch vorrangiges"‑‑ Wertermittlungsverfahren beschränkt werden kann; denn einen von der Beurteilung im Einzelfall unabhängigen "Vorrang" einzelner Bewertungsmethoden bei bestimmten Objektarten kann es ‑‑entgegen den dahin gehenden Formulierungen im angefochtenen Urteil des FG‑‑ schon von Gesetzes wegen nicht geben. Soweit aus einzelnen Formulierungen älterer BFH-Entscheidungen etwas Gegenteiliges gefolgert werden könnte, hält der BFH hieran nicht fest; insbesondere besteht auch keine Rechtfertigung für eine vorrangige Anwendung des Sachwertverfahrens.
Aus den Bestimmungen der ImmoWertV ergibt sich kein Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV sind die Wertermittlungsverfahren vielmehr nach der Art des Wertermittlungsobjekts unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls zu wählen. Die ImmoWertV ist auch nicht abschließend; es besteht die Möglichkeit, Wertermittlungsverfahren weiterzuentwickeln oder neue Verfahren zu entwickeln. Diese (baurechtliche) Ausgangslage schließt es aus, dass die finanzgerichtliche Rechtsprechung ein bestimmtes Verfahren zur Ermittlung des Verkehrswerts eines bebauten Grundstücks bindend vorgibt. Eine Rechtfertigung, von dem (baurechtlichen) Grundsatz der Gleichwertigkeit der Bewertungsverfahren aus steuerrechtlichen Gründen abzuweichen, besteht nicht. Nach Ansicht des BFH verbietet es insbesondere der Grundsatz der Einzelbewertung nicht, einen einheitlichen Kaufpreis nach dem Verhältnis der Ertragswerte auf Grund und Boden einerseits sowie Gebäude andererseits aufzuteilen. Obwohl der Ertragswert des Gebäudes nur in der Weise ermittelt werden kann, dass von dem für die Vermietung des gesamten Grundstücks erzielten Reinertrag der Verzinsungsbetrag des Bodenwerts abgezogen wird, handelt es sich doch um eine Methode, mit der der Wert des Gebäudes als solcher ausreichend sicher geschätzt werden kann. Dabei darf die Ertragswertmethode nicht mit dem von der Rechtsprechung des BFH verworfenen "Restwertverfahren" verglichen werden, bei dem vom gezahlten Kaufpreis zunächst der Grundstückswert abgezogen und lediglich der verbleibende Rest den Anschaffungskosten des Gebäudes zugerechnet wird.
Soweit der BFH bislang schwerpunktmäßig eine Bewertung von Geschäftsgrundstücken im Ertragswertverfahren für angezeigt gehalten und dabei auf deren Charakter als Renditeobjekte abgestellt hat, ist darauf hinzuweisen, dass im Kontext der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung ‑‑d.h. der dynamischen Entwicklung des Immobilienmarktes und des (jedenfalls bis vor kurzem) noch sehr niedrigen Zinsniveaus‑‑ auch reine Wohnimmobilien als Renditeobjekte angesehen werden. Dementsprechend liegen auch dem Erwerb von zur Vermietung bestimmtem Wohnungseigentum regelmäßig Ertragsüberlegungen zugrunde. Die Verhältnisse unterscheiden sich damit von denen in früheren Jahren, für die der BFH davon ausgegangen ist, dass für den Erwerb von Mietwohngrundstücken neben Ertragsgesichtspunkten und dem Aspekt der sicheren Kapitalanlage vor allem die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens ausschlaggebend waren. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, das Ertragswertverfahren außerhalb der Bewertung von Geschäftsgrundstücken von vornherein für weniger geeignet (und mithin für nachrangig) zu halten.
Neben diesen dogmatischen Erwägungen kommt in rechtstatsächlicher Hinsicht hinzu, dass in der Praxis der Immobilienbewertung das Sachwertverfahren keineswegs überwiegt. Vielmehr entspricht es den Gepflogenheiten des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs, sowohl das ‑‑im Einzelfall ggf. zu realistischen Werten führende‑‑ Vergleichswertverfahren bei der Ermittlung von Bodenwerten und ‑‑bei Vorliegen einer ausreichenden Datenbasis‑‑ auch bei bebauten Grundstücken anzuwenden, als auch auf das Ertragswertverfahren zurückzugreifen, wenn vergleichbare Objekte üblicherweise mit der Absicht erworben werden, Erträge zu erzielen und/oder den Wert des eingesetzten Kapitals zu vermehren, sowie eine Anwendung des Sachwertverfahrens in Betracht zu ziehen, wenn es sich um "Sonderobjekte" handelt oder wenn vergleichbare Objekte regelmäßig durch Käufer erworben werden, deren Alternative im Neubau eines entsprechenden Objekts besteht, was am ehesten bei eigengenutzten (Wohn-)Immobilien der Fall sein dürfte.
In der Praxis der Immobilienbewertung wird dem Ertragswertverfahren ‑‑jedenfalls in den Fällen, in denen hinreichend vergleichbare Kauffälle nicht verfügbar sind‑‑ die weiteste Verbreitung zugesprochen. Dies soll für nahezu alle Gebäudearten gelten, auch für Wohn- und Teileigentum. Zum Teil wird aber auch ‑‑jedenfalls bei der Wertermittlung von Eigentumswohnungen‑‑ eine Dominanz des Vergleichswertverfahrens gesehen. Der BFH braucht dem nicht weiter nachzugehen; eine Prädominanz des Sachwertverfahrens besteht bei dem im Streitfall zu bewertenden Immobilienobjekt jedenfalls nicht.
Das FG hat die dargelegten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht hinreichend beachtet. Im Ansatzpunkt zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass im Streitfall eine Aufteilung des von der Klägerin gezahlten Gesamtkaufpreises auf Grund und Boden sowie auf das Gebäude nach den jeweiligen realen Verkehrswerten vorzunehmen war, da eine zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag nicht enthalten war. Bei der Beantwortung der Frage, nach welchem Wertermittlungsverfahren die Kaufpreisaufteilung im vorliegenden Fall vorzunehmen ist, ist das FG indes zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Sachwertverfahren "grundsätzlich vorrangig" sei und auch kein Grund bestehe, von diesem (vermeintlich bestehenden) Vorrangverhältnis abzuweichen. Mit diesem Schluss ist das FG rechtfehlerhaft von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen, wonach die Frage, nach welchem Wertermittlungsverfahren die Kaufpreisaufteilung vorzunehmen ist, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beantworten ist und sich die Wahl der Ermittlungsmethode einer Verallgemeinerung entzieht.
Die von Seiten des FA unter Verwendung der Arbeitshilfe des BMF ermittelten Kaufpreisanteile von Grund und Boden sowie Gebäude können im Streitfall der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Auch der vom FA im Einspruchsverfahren ermittelte Verkehrswert des Immobilienobjekts (Gesamtsachwert: 52.086 €) verfehlt die realen Wertverhältnisse (Kaufpreis ohne Anschaffungsnebenkosten: 158.500 €) in so grundsätzlicher Weise, dass er der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden kann.
Schließlich führt auch die vom FG im angefochtenen Urteil vorgenommene Verengung der Verkehrswertermittlung auf das ‑‑aus seiner (unzutreffenden) Sicht "vorrangige"‑‑ Sachwertverfahren zu Verkehrswerten, welche der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden können. Aufgrund des Unterschieds zwischen der vom Sachverständigen S im Erörterungstermin (nach Maßgabe des Ertragswertverfahrens) abgegebenen Verkehrswertschätzung für das Gesamtobjekt in Höhe von 157.484 € und der aufgrund des Beweisbeschlusses vom 10.01.2020 im Ergänzungsgutachten vom 29.07.2020 (nach Maßgabe des Sachwertverfahrens) abgegebenen Verkehrswertschätzung in Höhe von 104.937 € zu den tatsächlich von der Klägerin getragenen Anschaffungskosten (158.500 €) wird deutlich, dass dem Anschaffungsvorgang auf Seiten der Klägerin nicht lediglich (und auch nicht schwerpunktmäßig) Erwägungen zur Schaffung von wertstabilem Vermögen und/oder der Erzielung nicht steuerbarer Wertsteigerungen ‑‑deren Fortbestand in der Zukunft ohnehin nicht garantiert werden kann‑‑ zugrunde gelegen haben können. Vielmehr waren nach den von der Klägerin hinreichend dargelegten Umständen des Einzelfalls die aus dem Objekt erzielbaren Erträge (und eben nicht der Wert der erworbenen Bausubstanz) für die Kaufentscheidung bestimmend. Der in dem augenscheinlichen Wertunterschied zutage tretende Makel haftet dem Sachwertgutachten an und führt dazu, dass die dem Gutachten zugrunde gelegte Methode als zur Wertfindung ungeeignet angesehen werden muss.
Bei dem im Streitfall zu bewertenden Immobilienobjekt handelt es sich um eine in einer beliebten Ferienregion gelegene, ausschließlich zur Fremdvermietung bestimmte Ferienwohnung. Derartige Objekte werden im Regelfall unter Renditegesichtspunkten erworben. Vor diesem Hintergrund erscheint es sachgerecht, die Aufteilung des von der Klägerin gezahlten Gesamtkaufpreises auf Grund und Boden sowie auf das Gebäude nach Ertragswertgesichtspunkten vorzunehmen. Dem FG liegen hierzu mit dem Gutachten des Sachverständigen A vom 24.04.2016 und dem Gutachten des Sachverständigen S vom 22.08.2019 zwei nach Ertragswertgesichtspunkten ermittelte, annähernd betragsidentische Verkehrswerte (Sachverständiger A: Gesamtertragswert 161.200 €; Gebäudeertragswert 136.000 € = 84,37 %; Bodenwertanteil 25.200 € = 15,63 %. Sachverständiger S: Gesamtertragswert: 157.484 €; Gebäudeertragswert 127.676 € = 81,07 %; Bodenwertanteil: 29.808 € = 18,93 %) vor, welche die realen Wertverhältnisse abzubilden vermögen und daher nach Auffassung des Senats einer Schätzung zugrunde gelegt werden können.
Hinweis
Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtszug Gelegenheit haben, die Aufteilung des von der Klägerin gezahlten Gesamtkaufpreises auf Grund und Boden sowie auf das Gebäude nach Maßgabe dieser nach Ertragswertgesichtspunkten ermittelten Verkehrswerte sachgerecht zu schätzen.
Fundstelle
BFH, Urteil v. 20.09.2022 - IX R 12/21