Anwendung des Sanierungserlasses auch auf Altfälle unzulässig

Hintergrund

Mit Beschluss vom 28.11.2016 entschied der Große Senat des Bundesfinanzhofs, dass der Sanierungserlass der Finanzverwaltung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. In Reaktion auf das Urteil implementierte der Gesetzgeber neue Regelungen im Zusammenhang mit der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen (§ 3a EStG und § 7b GewStG). Das rückwirkende Inkrafttreten der Neuregelungen zum 9.2.2017 unterliegt dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Freigabe durch die Europäische Kommission.

Mit Schreiben vom 27.4.2017 veröffentlichte auch das Bundesministerium der Finanzen zeitnah eine diesbezügliche Übergangsregelung. Diese ordnet die weitere Anwendung des Sanierungserlasses auf die Fälle an, in denen der Forderungsverzicht vor Veröffentlichung des Urteils des Bundesfinanzhofs am 8.2.2017 endgültig vollzogen wurde. Hintergrund für die Übergangsregelung seien Gründe des Vertrauensschutzes.

Sachverhalte

In zwei Urteilen vom 23.8.2017 erzielten die Kläger in den Streitjahren 2004 bzw. 2006 außerordentliche Erträge aus Forderungsverzichten. In beiden Fällen beantragten die Kläger, unter Berufung auf den Sanierungserlass, den Erlass der auf den Verzichten beruhenden Körperschaftsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen. In beiden Fällen lehnte das Finanzamt die Anträge ab. Nach Auffassung des Finanzamts fehlte es jeweils an der nach dem Sanierungserlass erforderlichen Sanierungsabsicht der Kläger.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof lässt die Streitfrage, ob die Voraussetzungen des Sanierungserlasses erfüllt sind, in beiden Fällen offen. Stattdessen hat das Gericht entschieden, dass auch die Übergangsregelung des Bundesministeriums der Finanzen einen Verstoß gegen die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung darstellt und somit keine geeignete Grundlage für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen ist. Voraussetzung für die Implementierung einer Vertrauensschutzregelung sei ein schützenswertes Vertrauen des Steuerpflichtigen. Ein solches erfordere wiederum eine gesicherte, zweifelsfreie Rechtslage. Im Hinblick auf den Sanierungserlass sei eine solche nicht gegeben gewesen.

Ausblick

Die Urteile des Bundesfinanzhofs sorgen gegenwärtig für Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die steuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen. Die Reaktion des Gesetzgebers und das Prüfungsergebnis der Europäischen Kommission bleiben mit Spannung abzuwarten. Zu hoffen ist, dass der Gesetzgeber eine Übergangsregelung für Altfälle schafft.

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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