Anwendung der neuen Richttafeln für Pensionsrückstellungen
Hintergrund
Aufgrund einer gestiegenen durchschnittlichen Lebenserwartung in Deutschland wurden am 20.7.2018 die HEUBECK-Richttafeln aktualisiert. Diese stellen eine allgemein anerkannte Rechnungsgrundlage zur bilanziellen Bewertung von Pensionsverpflichtungen in Deutschland dar. Im Rahmen der Überarbeitung wurden die neuesten Entwicklungen bei Sterbe-, Invalidisierungs-, Verheiratungs- und Fluktuationswahrscheinlichkeiten berücksichtigt. Darüber hinaus wurde erstmalig dem Umstand Rechnung getragen, dass ein höheres Renteneinkommen mit einer höheren Lebenserwartung einhergeht. Am 25.9.2018 hat die HEUBECK AG im Rahmen einer Pressemitteilung bekanntgegeben, dass die erst jüngst veröffentlichten Richttafeln 2018 G aufgrund von „Inkonsistenzen in Bezug auf die verwendeten Datengrundlagen“ einer Anpassung bedürfen. Eine Korrektur soll innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen erfolgen.
Anwendungszeitpunkt
Der Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. hat am 5.9.2018 zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der HEUBECK-Richttafeln 2018 G für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen in der Handelsbilanz sowie nach International Financial Reporting Standards (IFRS) Stellung genommen. Für die Bestimmung des Anwendungszeitpunktes ist von Bedeutung, dass das Bundesministerium der Finanzen (BMF) als bedeutender Marktteilnehmer die neuen biometrischen Bewertungsgrundlagen für ertragsteuerliche Zwecke anerkennt. Die Veröffentlichung eines entsprechenden BMF-Schreibens war ursprünglich in Kürze erwartet worden. Nach der jüngsten Pressemitteilung dürfte sich allerdings auch die Veröffentlichung des zu erwartenden BMF-Schreiben verzögern.
Bei Abschlüssen, deren Stichtag nach dem Tag der Veröffentlichung des entsprechenden BMF-Schreibens liegt (oder mit diesem zusammenfällt), ist nach Meinung des Hauptfachausschusses von einer „allgemeinen Anerkennung“ auszugehen. In diesen Fällen sind die neuen Richttafeln also anzuwenden. Eine Anwendung der neuen Richttafeln für Abschlüsse, deren Stichtag vor dem Tag der Veröffentlichung des entsprechenden BMF-Schreibens liegt, ist nach Auffassung des Hauptfachausschusses dann zulässig, wenn die Bewertung nach den neuen Richttafeln die tatsächliche wirtschaftliche Belastung am jeweiligen Stichtag zutreffender abbildet.
Nichtanwendung nur mit Begründung
Falls ein Unternehmen die geänderten Richttafeln nach Anerkennung des BMF nicht anwendet, ist im Einzelfall eine Begründung erforderlich. Hier könnte z.B. angeführt werden, dass bisher bereits aktuellere Schätzwerte als die bisherigen Richttafeln (2005 G) angewendet wurden und daher keine wesentlichen Änderungen bei Anwendung der Richttafeln 2018 G zu erwarten sind. Eine weitere Begründung könnte sein, dass die Überprüfung der geänderten Richttafeln durch Versicherungsmathematiker noch nicht hinreichend erfolgt ist. Hier ist zu beachten, dass die am 25.9.2018 angekündigte Anpassung den Prozess der Anerkennung der Richttafeln durch die Aktuare verzögern wird.
Ausblick
Die gesteigerte Lebenserwartung und auch die Abnahme der Invalidisierungswahrscheinlichkeit führen im Ergebnis zu steigenden Kosten der betrieblichen Altersversorgung. Abhängig von der Entwicklung anderer Bewertungsparameter dürfte sich für das Geschäftsjahr 2018 ein Anstieg der Pensionsrückstellungen in Handels-, IFRS- und Steuerbilanz ergeben. Da sich die Zunahme der Lebenserwartung gegenüber der letzten Aktualisierung der Richttafeln in 2005 abgeflacht hat, ist insgesamt von einer eher moderaten Zunahme der Pensionsrückstellungen auszugehen.
Der Anpassungsaufwand ist in der Steuerbilanz über drei Jahre zu verteilen, wohingegen er in der Handelsbilanz sofort wirksam wird. Nach IFRS führt die Anpassung der Richttafeln zu einem versicherungsmathematischen Verlust, der erfolgsneutral im Eigenkapital zu erfassen ist.