Altschuldenprogramm der nordrhein-westfälischen Landesregierung
Die Landesregierung NRW hat ein umfassendes Programm zur Entlastung der Kommunen von sogenannten Altschulden initiiert. Ziel ist es, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden zu stärken und ihnen neue Perspektiven für Investitionen und Entwicklung zu eröffnen.
Aktueller Stand
Am 25.2.2025 hat das Landeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur anteiligen Entschuldung der Kommunen beschlossen. Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit in der Verbändeanhörung und soll bis Sommer 2025 verabschiedet werden. Ab dem Haushaltsjahr 2025 stellt das Land jährlich 250 Mio. € bereit, insgesamt 7,5 Mrd. € über 30 Jahre. Damit setzt NRW erstmals eine substanzielle Entschuldung der Kommunen um.
Inhalte des Programms
Definition der Altschulden:
Als Altschulden gelten kommunale Liquiditätskredite (Kassenkredite), die eine Pro-Kopf-Verschuldung von mehr als 100 € je Einwohner überschreiten. Zum Stichtag 31.12.2023 belief sich der Gesamtstand dieser Verbindlichkeiten auf etwa 20,9 Mrd. € landesweit.
Finanzierungsstruktur:
Das Land übernimmt bis zu 50 % der als übermäßig geltenden Liquiditätskredite. Die restlichen 50 % soll idealerweise der Bund übernehmen, eine verbindliche Zusage des Bundes steht jedoch aus. Die Übernahme erfolgt ausschließlich für Kredite zur Liquiditätssicherung, nicht für Investitionskredite.
Teilnahmebedingungen:
Kommunen können freiwillig teilnehmen, sofern sie zwischen 2016 und 2025 nicht durchgehend hohe Steuereinnahmen hatten. Die Antragstellung erfolgt über die NRW.BANK.
Schuldendeckel und Spitzenentschuldung:
Für besonders hoch verschuldete Kommunen ist eine Spitzenentschuldung vorgesehen: Nach Teilnahme am Programm soll keine Kommune mehr als 1.500 € Pro-Kopf-Verschuldung aus berücksichtigungsfähigen Liquiditätskrediten aufweisen. Zusätzlich gibt es eine Mindestentschuldung für alle teilnehmenden Kommunen.
Auswirkungen auf die Kommunen:
Die Entschuldung soll insbesondere den Kommunen helfen, deren finanzielle Handlungsfähigkeit durch hohe Liquiditätskredite eingeschränkt ist. Kommunale Spitzenverbände begrüßen den Gesetzentwurf grundsätzlich, fordern aber eine dauerhaft bessere Finanzausstattung, damit die Entlastung nachhaltig wirkt.
Kritik gibt es an der geplanten Finanzierung des Landesanteils: Die Mittel sollen über Abzüge im Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) bereitgestellt werden, was bedeutet, dass die Kommunen einen Teil der Entlastung faktisch selbst finanzieren müssten. Die kommunalen Spitzenverbände fordern eine andere Lösung.
Bilanzielle Konsequenzen:
Für das Land NRW: Die Übernahme von bis zu 50 % der kommunalen Altschulden belastet den Landeshaushalt mit insgesamt 7,5 Mrd. € über 30 Jahre. Die Finanzierung erfolgt über eine jährliche Bereitstellung von 250 Mio. €, die aus dem Landeshaushalt und durch Anpassungen im GFG aufgebracht werden.
Für die Kommunen: Die Entlastung verbessert die Eigenkapitalquote und die Kreditwürdigkeit der Kommunen, da Liquiditätskredite abgebaut werden. Allerdings bleibt die Sorge, dass durch die Gegenfinanzierung über das GFG die kommunale Finanzkraft langfristig nicht gestärkt, sondern nur umgeschichtet wird.
Bewertung und Ausblick
Das Altschuldenprogramm ist ein bedeutender Schritt zur Entlastung kommunaler Haushalte in NRW und adressiert die strukturellen Finanzprobleme vieler Städte und Gemeinden. Der Erfolg hängt jedoch maßgeblich von einer Beteiligung des Bundes und einer fairen Finanzierung ab, die die kommunale Handlungsfähigkeit nicht weiter einschränkt. Eine nachhaltige Lösung erfordert neben der Umsetzung des Gesetzes auch eine grundlegende Reform der kommunalen Finanzstrukturen und eine dauerhafte Verbesserung der Finanzausstattung der Kommunen.