Russland wird zur Steueroase

Steueroasen-Abwehrgesetz gilt seit zwei Jahren

Seit rund zwei Jahren sind die Vorschriften des Steueroasen-Abwehrgesetzes (StAbwG) in Deutschland anwendbar. Durch dieses Gesetz sollen aus Sicht des Gesetzgebers bislang nicht kooperierende Staaten dazu angehalten werden, international anerkannte Standards im Hinblick auf steuerliche Transparenz sowie die verbindlichen BEPS-Mindeststandards umzusetzen und unfairen Steuerwettbewerb zu bekämpfen. Zu diesem Zweck sollen Unternehmen und Privatpersonen durch gezielte Maßnahmen davon abgehalten werden, Geschäftsbeziehungen zu diesen Ländern fortzusetzen oder aufzunehmen.

Viele Inseln – und jetzt eine Großmacht

Welche Länder als Steueroasen einzuordnen sind, bestimmt die Steueroasen-Abwehrverordnung (StAbwV). Deren Liste umfasst bislang zwölf eher exotische Länder von Amerikanisch-Samoa bis Vanuatu, sodass aktuell nur wenige deutsche Steuerpflichtige von den Vorschriften betroffen sind. Das dürfte sich ab dem kommenden Jahr ändern, denn weitere vier Länder sind zur Aufnahme auf die Liste vorgesehen. Neben Antigua und Barbuda, Belize und den Seychellen dürfte vor allem die Aufnahme von Russland auf die Liste den Anwendungsbereich des Gesetzes deutlich erweitern. Die Aufnahme Russlands war erwartet worden, nachdem das Land zuletzt zweimal in Folge auch bei der EU gelistet war. Der Bundesrat muss der Erweiterung der Liste noch zustimmen.

Umfangreiche steuerliche Sanktionen

Bei Geschäftsbeziehungen mit Steuerpflichtigen, die in einer Steueroase ansässig sind, sieht das Gesetz weitreichende Verschärfungen gegenüber den sonstigen nationalen Vorschriften vor:

  • Im Verhältnis zu Ländern, die in der StAbwV genannt sind, werden etwaig bestehende Doppelbesteuerungsabkommen insoweit ausgesetzt, als sie deutsche Besteuerungsrechte beschränken (§ 1 Abs. 3 Satz 2 StAbwG).
  • Aufwendungen aus Geschäftsbeziehungen mit den in der StAbwV aufgeführten Ländern dürfen nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden (§ 8 StAbwG).
  • Bei einer Beteiligung an einer Gesellschaft, die in einem in der StAbwV aufgeführten Land ansässig ist, greift eine verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9 StAbwG).
  • Für Ansässige in einem in der StAbwV aufgeführten Land greifen erweiterte Quellensteuerpflichten, wenn sie aus Geschäftsbeziehungen mit deutschen Steuerpflichtigen Einkünfte erzielen (§ 10 StAbwG). Dies betrifft beispielsweise die Erbringung von Dienstleistungen oder den Handel mit Waren. Die deutschen Geschäftspartner sind zum Einbehalt und zur Entrichtung der Quellensteuer (15 % plus Solidaritätszuschlag) verpflichtet.
  • Bei Beteiligungen an Gesellschaften, die in einem der in StAbwV aufgeführten Länder ansässig sind, sind Gewinnausschüttungen und Gewinne aus Anteilsveräußerungen nicht steuerlich begünstigt (§ 11 StAbwV).
  • Es greifen verschärfte Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten für deutsche Steuerpflichtige, die Geschäftsbeziehungen in Länder unterhalten, die in der StAbwV aufgeführt sind (§ 12 StAbwG).

Zu den Einzelheiten der Anwendung des Gesetzes hat die Finanzverwaltung am 30. November 2023 den Entwurf eines BMF-Schreibens veröffentlicht und um Kommentierung bis zum 9. Januar 2024 gebeten.

Sanktionen greifen ab dem 1. Januar 2024

Auch wenn viele deutsche Unternehmen und Privatpersonen ihre geschäftlichen Verbindungen nach Russland infolge des Angriffskrieges gegen die Ukraine und diverser außersteuerlicher Sanktionsvorschriften stark reduziert oder teilweise gänzlich beendet haben, dürfte es derartige Geschäftsbeziehungen nach wie vor in einem beachtlichen Umfang geben. Diese Beziehungen werden durch die geplante Aufnahme Russlands in die Liste der StAbwV wirtschaftlich und steuerlich erheblich belastet. Für betroffene deutsche Steuerpflichtige besteht großer Zeitdruck, denn die Maßnahmen greifen – mit Ausnahme des Verbots des Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzugs sowie der Verschärfungen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen – bereits ab dem 1. Januar 2024.

Entwurf eines BMF-Schreibens zur Anwendung des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb (Steueroasen-Abwehrgesetz - StAbwG) vom 30. November 2023

Update: Der Bundesrat hat der Aufnahme der Russischen Föderation und von drei weiteren Ländern auf die Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete am 15. Dezember 2023 zugestimmt. Durch die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt vom 20. Dezember 2023 (BGBl I 2023, Nr. 375) ist die Erweiterung der Liste in Kraft getreten.

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

Zum Profil von Benno Lange

Nadine Sinderhauf

Steuerberaterin

Zum Profil von Nadine Sinderhauf

Sarah Müngersdorff

Steuerberaterin

Zum Profil von Sarah Müngersdorff

Julien Jeuckens

Steuerberater

Zum Profil von Julien Jeuckens

Kontakt

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf

Mail Kontaktformular Telefon +49 228 81000 0 Newsletter Newsletter
YouTube Video laden
Permalink