Kein Aufteilungsgebot bei Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks mit Betriebsvorrichtungen – Änderung der Rechtsprechung

Vermietung und Verpachtung von Grundstücken

Nach § 4 Nr.12 Satz 1 Buchst. a UStG ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerfrei. Von dieser Steuerfreiheit schließt § 4 Nr.12 Satz 2 UStG insbesondere die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art aus, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. In seiner bisherigen Rechtsprechung ist der Bundesfinanzhof (BFH) davon ausgegangen, dass sich in Bezug auf Betriebsvorrichtungen aus § 4 Nr.12 Satz 2 UStG ein Aufteilungsgebot ergibt. Danach ist die Vermietung und Verpachtung von Betriebsvorrichtungen nicht von der Umsatzsteuer befreit, selbst wenn diese wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Das ist auch gefestigte Auffassung der Finanzverwaltung. 

Zwischenzeitlich hat der BFH diese Rechtsprechung aufgegeben und folgt der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, nach der die entsprechenden Regelungen der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) nicht auf die Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen anzuwenden sind, wenn diese eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden.

Was sagt der BFH?

Diesem Urteil schließt sich der BFH für die Auslegung von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nunmehr an und hält an der bisherigen Annahme nicht mehr fest. Die deutsche Norm sei entsprechend der MwStSystRL richtlinienkonform auszulegen. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ist nicht auf die Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen anzuwenden, wenn es sich hierbei um eine Nebenleistung zur Verpachtung eines  Gebäudes als Hauptleistung handelt, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen Vertrags nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei ist, sodass eine einheitliche Leistung vorliegt. Vorrangig ist nunmehr die Prüfung, ob es sich bei der Grundstücksvermietung zusammen mit der Überlassung von Betriebsvorrichtungen um eine einheitliche Leistung handelt. Allerdings muss im zweiten Schritt intensiv geprüft werden, ob die Leistung als Hauptleistung anzusehen ist. Denkbar ist auch, dass die Überlassung von Betriebsvorrichtungen die Grundstücksüberlassung dominiert. Dann wäre die Gesamtleistung mit ihren Elementen der Überlassung von Maschinen und Gebäuden insgesamt steuerpflichtig. Von einer Dominanz eines Leistungsbestandteils gegenüber einem anderen kann aber nur dann gesprochen werden, wenn der Vorgang eine einheitliche Leistung bildet. Ist das nicht der Fall, ist jede Leistung steuerrechtlich eigenständig zu beurteilen.

Was ist jetzt zu erwarten?

Zumindest bei der Frage der Steuerpflicht oder Steuerbefreiung bei Betriebsvorrichtungen im Zusammenhang mit Immobilien wird das Bundesministerium für Finanzen im Anwendungserlass nachbessern müssen. Die Rechtsprechung kann nachteilig wirken, wenn die Option zur Umsatzsteuerpflicht nicht eröffnet ist und damit die Möglichkeit des zumindest teilweisen Vorsteuerabzugs entfällt. In diesen Fällen bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung eine Übergangsregelung schafft. Ist die neue Sichtweise dagegen vorteilhaft, kann schon jetzt versucht werden, auf die geänderte Rechtsprechung zu verweisen.

Die Rückausnahme aus der Steuerbefreiung nach § 4 Nr.12 Satz 2 UStG bei den Betriebsvorrichtungen dürfte aber weiterhin bestehen, wenn es sich um eine Einzelleistung handelt bzw. wenn der Vermieter des Grundstücks (der Immobilie) ein anderer Rechtsträger ist als der Vermieter der Betriebsvorrichtung.
 

Oliver Stoffers

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