Bundesfinanzministerium wendet Rechtsprechung zur Zusätzlichkeitsvoraussetzung nicht an
Hintergrund
Der Bundesfinanzhof hatte im August 2019 entgegen der bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass das Kriterium „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ bereits dann erfüllt ist, wenn ein Gehaltsanspruch zunächst vertraglich wirksam reduziert wird und anschließend ein Sachbezug mit gleichem Wert zusätzlich zum dann noch bestehenden Gehalt vereinbart wird (vgl. Blog-Beitrag vom 20.12.2019).
Diese Rechtsprechungsänderung hatte große praktische Bedeutung, da in mehreren Vorschriften des Einkommensteuergesetzes eine Steuerfreiheit oder eine günstige pauschale Versteuerung davon abhängig gemacht wird, dass eine Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird. Nach bisheriger Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung war diese Zusätzlichkeitsvoraussetzung nicht erfüllt, wenn ein bestehender Gehaltsanspruch lediglich in einen entsprechenden Sachbezug umgewandelt wird. Durch die geänderte Rechtsprechung hatte der Bundesfinanzhof eine Möglichkeit der Nettolohnoptimierung aufgezeigt, solange Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich einig waren.
Finanzverwaltung wendet Rechtsprechung nicht über Einzelfall hinaus an
Das Bundesfinanzministerium hat mit Datum vom 5.2.2020 ein Schreiben veröffentlicht, wonach diese Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus von der Finanzverwaltung nicht angewendet wird. Zudem wird eine Gesetzesänderung angekündigt. Eine entsprechende Regelung war in dem Referentenentwurf eines Grundrentengesetzes auch enthalten, den das Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 17.1.2020 vorgelegt hatte. In dem vom Bundeskabinett am 19.2.2020 letztlich angenommenen Entwurf war diese Regelung jedoch nicht mehr enthalten. Es bleibt abzuwarten, ob und in welchem Gesetzgebungsverfahren die Neuregelung erneut aufgegriffen wird.