Bundesfinanzhof erweitert Anwendungsbereich der Realteilung

Kernaussage

Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft führt grundsätzlich zur Besteuerung. Liegen die Voraussetzungen einer Realteilung vor, kann die Besteuerung der stillen Reserven jedoch verhindert werden. Voraussetzung ist, dass die Gesellschafter das Betriebsvermögen der Gesellschaft unter sich aufteilen und es bei ihnen im Betriebsvermögen erfasst wird. Die Beendigung der Gesellschaft wird hingegen seit dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17.9.2015 nicht mehr verlangt, wenn ein Mitunternehmer unter Übernahme eines Teilbetriebs aus der Gesellschaft ausscheidet und diese von den verbleibenden Mitunternehmern fortgeführt wird. Mit dem überarbeiteten Anwendungsschreiben zur Realteilung vom 20.12.2016 hat sich die Finanzverwaltung dieser Rechtsauffassung kürzlich angeschlossen. Streitig blieb bislang die Rechtsfrage, ob eine steuerneutrale Realteilung auch dann vorliegt, wenn der Ausscheidende keinen Teilbetrieb, sondern nur einzelne Wirtschaftsgüter in sein Betriebsvermögen überträgt. Der Bundesfinanzhof hatte diese Frage ausdrücklich offengelassen. Das Bundesministerium der Finanzen lehnt die Anwendung der Realteilungsgrundsätze in diesen Fällen ab. Mit Urteil vom 30.3.2017 hat der Bundesfinanzhof nun diese Rechtsfrage geklärt. Zeitgleich ist ein zweites Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.3.2017 zum Realteilungsbegriff veröffentlicht worden.

Sachverhalt

Im erstgenannten Urteil brachte F seinen Kommanditanteil an der GmbH & Co. KG in eine von ihm neu gegründete Ein-Mann-GmbH & Co. KG (Z-KG) ein, wobei diese nach einer juristischen Sekunde ihren Austritt aus der Klägerin erklärte. Als Sachwertabfindung erhielt die Z-KG – bis auf die genutzten Grundstücksteile – sämtliche Wirtschaftsgüter des Geschäftsbereichs 5 der Klägerin und führte diesen fort. Mangels Übertragung der genutzten Grundstücksteile als wesentliche Betriebsgrundlagen bildeten die übertragenen Wirtschaftsgüter keinen Teilbetrieb. Die Klägerin vermietete die zurückbehaltenen Grundstücksteile an die Z-KG und führte die übrigen Geschäftsbereiche fort. Zuvor hatte F bereits seine im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen Auslandsbeteiligungen, die allein für die zurückbehaltenen Geschäftsbereiche bedeutsam waren, zugunsten seines Darlehenskontos in das Gesamthandsvermögen der Klägerin eingelegt. Die Finanzverwaltung qualifizierte den Umstrukturierungsvorgang zusammengefasst als gewinnrealisierendes Tauschgeschäft. Das Finanzgericht Düsseldorf wendete hingegen die gesetzliche Regelung zur steuerneutralen Übertragung von Wirtschaftsgütern bei Mitunternehmerschaften mit Rechtsträgerwechsel (§ 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG) analog an.

Kläger im zweiten Verfahren waren Vater (V) und Sohn (S), die die Auflösung ihrer GmbH & Co. KG beschlossen hatten. Während dem V gemäß dem Auflösungsbeschluss nur ein geringer Teil von den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens zugewiesen wurde, erhielt S den wesentlichen Teil des Gesellschaftsvermögens und übte damit fortan eine gewerbliche Tätigkeit als Einzelunternehmer aus. Aufgrund der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit im Einzelunternehmen von S sah die Finanzverwaltung hierin keine Realteilung, sondern ging davon aus, dass V seinen Mitunternehmeranteil auf S entgeltlich übertragen hat. Das Finanzgericht Köln stellte hingegen die Beendigung der bisherigen Tätigkeit und damit eine Realteilung fest, schon alleine aufgrund des Rechtsformwechsels.

Entscheidungen

Der Bundesfinanzhof wendet sich in beiden Urteilen gegen die Auffassung der Finanzverwaltung. Im erstgenannten Fall urteilt das Gericht, dass die Grundsätze der Realteilung auf das Ausscheiden des Mitunternehmers auch anzuwenden sind, obwohl die Abfindung nicht in der Übertragung eines Teilbetriebs, sondern in einzelnen Wirtschaftsgütern des mitunternehmerischen Vermögens besteht. Zudem sei der Umstand, dass die Übertragungsvorgänge auf einem einheitlichen Plan beruhten und in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt worden sind, für die steuerneutralen Übertragungen des Mitunternehmeranteils gemäß § 24 UmwStG und anschließend der einzelnen Wirtschaftsgüter als Sachwertabfindung gemäß den Realteilungsgrundsätzen unschädlich.

Im zweiten Urteil differenziert das Gericht grundsätzlich zwischen den Tatbeständen einer echten und unechten Realteilung. Der erste Tatbestand liege vor, wenn eine Gesellschaft aufgelöst und das Betriebsvermögen unter den Gesellschaftern aufgeteilt wird. Der zweite Tatbestand sei erfüllt, wenn (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen aus der Personengesellschaft ausscheidet und die Gesellschaft von den übrigen Mitunternehmern fortgeführt wird. Im zu entscheidenden Fall habe somit aufgrund der Auflösung und Vollbeendigung der GmbH & Co. KG eine echte gewinnneutrale Realteilung durch Aufgabe des Gewerbebetriebs stattgefunden.

Konsequenz

Für die Transaktionspraxis sind diese beiden Urteile des Bundesfinanzhofs ausdrücklich zu begrüßen, da sich bei der Auseinandersetzung von Personengesellschaften neue Gestaltungsansätze ergeben. Allerdings steht die Reaktion der Finanzverwaltung auf die neuen richterlichen Erkenntnisse noch aus.

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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