Ober- oder Untergesellschaft: In welches Handelsregister wird ein Gewinnabführungsvertrag eingetragen?

„Sowohl als auch“ oder „entweder – oder“?

Ein Gewinnabführungsvertrag zwischen zwei GmbHs kann nicht in das Handelsregister der Obergesellschaft (Organträgerin) eingetragen werden, sondern nur in das Handelsregister der Untergesellschaft (Organgesellschaft). Dies stellte der Bundesgerichtshof kürzlich unmissverständlich klar.

Obergesellschaft wollte unbedingt, dass der Gewinnabführungsvertrag in ihr Handelsregister eingetragen wird …

Eine GmbH hatte als Obergesellschaft einen Gewinnabführungsvertrag mit einer anderen GmbH geschlossen, wonach sämtliche Gewinne der untergeordneten GmbH abgeführt werden sollten. Für beide beteiligten GmbHs wurde die Eintragung des geschlossenen Gewinnabführungsvertrags ins Handelsregister beantragt. Das für die Obergesellschaft zuständige Registergericht wies den Eintragungsantrag jedoch zurück mit der Begründung, dass ein Gewinnabführungsvertrag in das Handelsregister der Obergesellschaft weder eingetragen werden könne noch müsse. Damit wollte sich die Obergesellschaft nicht zufriedengeben und legte Beschwerde ein. 

… und scheiterte

Der Bundesgerichtshof bestätigte allerdings knapp, dass ein Gewinnabführungsvertrag nur in das Handelsregister der untergeordneten GmbH eingetragen werden kann und nicht in das Handelsregister der Obergesellschaft einzutragen ist. Die Wirksamkeit eines Gewinnabführungsvertrags ist auch nicht von der Eintragung ins Handelsregister der Obergesellschaft abhängig. Die Richter:innen erläuterten dazu wie folgt: Ins Handelsregister würden grundsätzlich nur Tatsachen und Rechtsverhältnisse eingetragen, deren Eintragung vom Gesetz – entweder als eintragungspflichtig oder als eintragungsfähig – vorgesehen ist. Wegen der dem Handelsregister zukommenden Publizitätsfunktion, der Öffentlichkeit zu ermöglichen, sich über die Rechtsverhältnisse von Kaufleuten und Gesellschaften zu informieren und Umstände zu veröffentlichen, die für den Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung sind, lasse die Rechtsprechung ausnahmsweise auch gesetzlich nicht vorgesehene Eintragungen zu, wenn ein erhebliches Bedürfnis an der entsprechenden Information bestehe. Aufgrund der strengen Formalisierung des Registerrechts sei dabei aber äußerste Zurückhaltung geboten. Das erforderliche erhebliche Bedürfnis an der gesetzlich nicht vorgesehenen Eintragung des Gewinnabführungsvertrags in das Handelsregister der Obergesellschaft bestand aber hier gerade nicht, denn dazu reichten rein wirtschaftliche Interessen jedenfalls nicht aus, so die Richter:innen. 

Überfülltes Handelsregisterblatt vermeiden

Im Geschäftsverkehr hat das Handelsregister große Bedeutung. In dem von jedermann online kostenlos einsehbaren öffentlichen Register sind die wichtigsten aktuellen Informationen über eine Gesellschaft und deren Leitungsorgane sowie Anteilseigner:innen hinterlegt. GmbHs, Aktiengesellschaften, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften müssen ins Handelsregister eingetragen sein; für Partnerschaftsgesellschaften und Vereine existieren separate Register und auch für die GbR wird es ab 2024 eine freiwillige Eintragung im sogenannten Gesellschaftsregister geben. Grundsätzlich wichtig ist dabei – und dies stellt der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss deutlich klar –, dass gesetzlich nicht zwingend vorgeschriebene Eintragungen, die wirtschaftlich keine Relevanz haben, unterbleiben: Vorrangig ist immer die Beibehaltung der Registerklarheit und die Vermeidung einer zusätzlichen Eintragungsfülle im jeweiligen Handelsregisterblatt einer Gesellschaft. 

Was muss man immer beachten, damit der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wirksam wird?

Um formell wirksam zu sein, bedarf der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag der Schriftform (gilt für alle Kapitalgesellschaften); eine notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich. Unterzeichnen müssen den Vertrag die Vertretungsorgane der beteiligten Gesellschaften (Geschäftsführer:innen der GmbH). Die GmbH als Untergesellschaft (Organgesellschaft) muss dem Vertragsabschluss zustimmen; hierfür gelten grundsätzlich die gesetzlichen Vorschriften über Satzungsänderungen, die bestimmen, dass der Zustimmungsbeschluss mit einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG) gefasst werden muss, soweit der Gesellschaftsvertrag nicht noch engere Maßgaben aufstellt. Umstritten (und vom Bundesgerichtshof bisher offengelassen) ist allerdings, ob diese Dreiviertelmehrheit tatsächlich genügt oder – wenn der Gesellschaftsvertrag dazu schweigt – alle Gesellschafter:innen dem Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags zustimmen müssen. Die herrschende Meinung hält die Zustimmung aller Gesellschafter:innen für erforderlich, weil ein Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag stets eine Änderung des Gesellschaftszwecks bewirkt.

Wichtig ist, dass dieser Zustimmungsbeschluss nach dem GmbH-Gesetz notariell zu beurkunden ist. Ebenfalls zustimmen muss die Obergesellschaft mit mindestens drei Viertel der bei der Beschlussfassung abgegebenen Stimmen; hier bedarf der Beschluss keiner notariellen Beurkundung. Maßgeblich für das Wirksamwerden des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags ist schließlich nicht die Anmeldung zum Handelsregister, sondern das Eintragungsdatum im Handelsregister der Organgesellschaft. Dieses Datum bestimmt auch den Beginn der mit einem Gewinnabführungsvertrag regelmäßig verbundenen ertragsteuerlichen Organschaft.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.1.2023 – II ZB 10/22

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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