Gewerbesteuer: Schachtelprivileg verstößt im Drittstaatenfall gegen Kapitalverkehrsfreiheit

 

Schachtelprivileg im Inlands- versus Drittstaatenfall

Im Gewerbesteuergesetz werden Dividendeneinkünfte in Abhängigkeit von der Ansässigkeit der ausschüttenden Gesellschaft (Tochtergesellschaft) beim Anteilseigner (Muttergesellschaft) unterschiedlich behandelt. Die Kürzungsvorschrift für Dividendeneinkünfte aus inländischen Tochtergesellschaften setzt nach § 9 Nr. 2a GewStG nur eine Mindestbeteiligung in Höhe von 15 % des Stammkapitals an der ausschüttenden Gesellschaft zu Beginn des Erhebungszeitraums voraus. Bei Ausschüttungen einer in einem Drittstaat ansässigen Tochtergesellschaft verlangt § 9 Nr. 7 GewStG dagegen, dass eine Mindestbeteiligung in Höhe von 15 % ununterbrochen seit Beginn des Erhebungszeitraums besteht und die Bruttoerträge aus bestimmten aktiven Einkünften im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG stammen.

Finanzgericht Münster: Vorlagebeschluss vom 20.9.2016

Die Tatsache, dass die Anforderungen an die Anwendung des internationalen Schachtelprivilegs deutlich höher sind als im reinen Inlandsfall, nahm das Finanzgericht Münster zum Anlass, in seinem Vorlagebeschluss vom 20.9.2016 dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob das Schachtelprivileg im Drittstaatenfall der Kapitalverkehrsfreiheit widerspricht (siehe dhpg Meldung vom 1.2.2017).

Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 20.9.2018: Verstoß gegen Unionsrecht

Mit Urteil vom 20.9.2018 stellt der Europäische Gerichtshof fest, dass die strengeren Voraussetzungen des internationalen Schachtelprivilegs eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und den Drittstaaten darstellen, die gemäß Art. 63 des Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Vertrags (AEUV) grundsätzlich verboten ist. Eine Rechtfertigung hierfür bestehe nicht. Der in Art. 64 Abs. 1 AEUV kodifizierte Bestandsschutz (sogenannte „Stand-still-Klausel“) für am 31.12.1993 bestehende Rechtsvorschriften betreffend den Kapitalverkehr mit Drittstaaten im Zusammenhang mit Direktinvestitionen sei aufgrund der danach vollzogenen wesentlichen gesetzgeberischen Änderungen nicht einschlägig. Die Ungleichbehandlung betreffe zudem Situationen, die objektiv miteinander vergleichbar seien und sei nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt. § 9 Nr. 7 GewStG könne nicht mit der Notwendigkeit gerechtfertigt werden, Missbräuche und Steuerhinterziehungen zu vermeiden.

Fazit

Das Urteil schafft Abhilfe in den Fällen, in denen bislang die Kürzung von Dividendeneinkünften aus Drittstaaten an den strengeren Voraussetzungen des internationalen Schachtelprivilegs, insbesondere des Aktivitätsvorbehalts, scheiterten. Bei zukünftigen Fällen bzw. noch offenen Bescheiden sollte lediglich die Erfüllung der Voraussetzungen des nationalen Schachtelprivilegs auch für den Drittstaatenfall ausreichend sein.

Stefan Hamacher, LL.M.

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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