EU-Kommission kritisiert deutsche Pauschalierungsregelung für Landwirte

Kernaussage

Die EU-Kommission mahnt mit Schreiben vom 08.03.2018 einen Verstoß gegen die Umsetzung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie bei der Pauschalierungsregelung für landwirtschaftliche Erzeuger an.

Inhalt

In seinem Anschreiben rügt die EU-Kommission 3 Punkte bei der Umsetzung der grundsätzlich nach den Artikel 295 bis 305 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie zulässigen Pauschalierungsregelung für landwirtschaftliche Erzeuger.

Erstens dürfen in Deutschland ganz allgemein alle Landwirte auf die Durchschnittsatzbesteuerung zurückgreifen und zwar unabhängig davon, ob die Anwendung der normalen MwSt-Regelung auf Schwierigkeiten stoßen würde oder nicht. Nach Auffassung der Kommission ist eine solche allgemeine Anwendung der Pauschalierung nicht gerechtfertigt und unvereinbar mit Artikel 296 der MwSt-Richtlinie.

Zweitens führt der Pauschalausgleichs-Prozentsatz von 10,7 % nach Auffassung der EU-Kommission in Deutschland zu einer strukturellen Überkompensation der Pauschallandwirte, die gegen Artikel 299 der MwSt-Richtlinie verstößt. Dabei beruft sich die Kommission zum einen auf eine Beschwerde aus der hervorgehe, dass besonders im Bereich der Schweinehaltung eine erhebliche Überkompensierung vorliegt und zum anderen auf Berechnungen des Bundesrechnungshofes, wonach die Vorsteuerbelastung der Landwirte lediglich 9, 3 % betrage.

Drittens habe Deutschland dadurch gegen Artikel 297 der MwSt-Richtlinie verstoßen, dass es der Kommission den Prozentsatz des Pauschalierungsausgleichs nicht vor seiner Anwendung mitgeteilt hat.

Deutschland hat nunmehr eine Frist von 2 Monaten gesetzt bekommen (Fristsetzungsschreiben), sich zu diesen Rügen zu äußern.

Ablauf eines Vertragsverletzungsverfahrens

Gemäß Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union kann die Kommission als Hüterin der Verträge rechtliche Schritte gegen einen Mitgliedstaat einleiten, der seinen Verpflichtungen gemäß dem EU-Recht nicht nachkommt.

Das Vertragsverletzungsverfahren beginnt mit der Übermittlung eines Auskunftsersuchens („Fristsetzungsschreiben“) an den betreffenden Mitgliedstaat, der sich hierzu innerhalb einer bestimmten Frist – normalerweise binnen zwei Monaten – äußern muss.

Hält die Kommission die Auskünfte nicht für ausreichend und gelangt sie zu dem Schluss, dass der betreffende Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen gemäß dem EU Recht nicht nachkommt, kann sie ihn (mittels einer „mit Gründen versehenen Stellungnahme“) förmlich auffordern, das EU-Recht einzuhalten und ihr die entsprechenden Maßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist, in der Regel zwei Monate, mitzuteilen.

Hält ein Mitgliedstaat das EU-Recht nicht ein, kann die Kommission beschließen, den betreffenden Mitgliedstaat vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen. In etwa 95 % der Vertragsverletzungsverfahren kommen jedoch die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen gemäß dem EU-Recht nach, bevor der Gerichtshof befasst wird. Stellt der Gerichtshof in seinem Urteil fest, dass ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen verstoßen hat, so muss dieser Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um dem Urteil nachzukommen.

Hat ein Mitgliedstaat die Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien nicht innerhalb der vom EU-Ministerrat und vom Europäischen Parlament gesetzten Frist getroffen, kann die Kommission den Gerichtshof ersuchen, bereits mit seinem ersten Urteil in dieser Rechtssache eine Geldstrafe gegen den betreffenden Mitgliedstaat zu verhängen. Diese mit dem Vertrag von Lissabon eingeführte Möglichkeit ist in Artikel 260 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgeschrieben.

Hinweis

Der weitere Verfahrensgang bleibt abzuwarten. Der in der Vergangenheit auch schon wiederholte Male angemahnte, zu weite Anwendungsbereich der Umsatzsteuerpauschalierung für Landwirte, steht hiermit wieder einmal zur Diskussion und man darf gespannt sein auf den Austausch der Argumentationen.

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