Entschädigung für Überspannung eines Grundstücks mit Stromleitung

Kernaussage

Der BFH hat sich zur steuerlichen Behandlung einer einmaligen Entschädigung für die Erlaubnis zur Überspannung eines sich im Privatvermögen befindendes Grundstück mit einer Hochspannungsleistung geäußert.

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks, das er zusammen mit seiner Ehefrau selber bewohnt. Aufgrund des Baus einer Hochspannungsleitung direkt über dem Grundstück des Steuerpflichtigen, schloss dieser mit der D-GmbH eine Vereinbarung, wonach er der D-GmbH das Recht zur Beanspruchung seines Grundstücks für den Bau und die Unterhaltung elektrischer Leitungen einräumte. Da sich der Steuerpflichtige zu einer immerwährenden beschränkt persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch verpflichtete, wurde ihm in 2008 eine einmalige Entschädigung gezahlt.

In seiner Einkommensteuererklärung 2008 erfasste der Steuerpflichtige den Vorgang nicht. Das Finanzamt gelangte durch eine Kontrollmitteilung in 2012 Kenntnis davon, dass ein Vertrag zwischen den Parteien bestand. Das Finanzamt erließ daraufhin einen geänderten Einkommensteuerbescheid, der die Entschädigung als Einkünfte aus sonstigen Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG enthielt.

Der Steuerpflichtige legte erfolglos gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid Einspruch ein. Dieser wurde damit begründet, dass die hoheitliche Belastung des Grundstücks mit einer Leitungsdienbarkeit eine entschädigungspflichtige Enteignung sei, derer sich der Steuerpflichtige nicht hätte entziehen können. Durch die erzwungene Gestattung der Nutzung des Grundstücks und die dafür ins Grundbuch eingetragene beschränkte Dienstbarkeit sei der Verkehrswert des Grundstücks gesunken. Nach Auffassung des Klägers stellt die Zahlung der Entschädigung einen Vorgang auf der Vermögensebene dar, der nicht steuerbar sei.

Gegen die Einspruchsentscheidung legt der Steuerpflichtige Klage ein. Das FG hat entschieden, dass die Klage unbegründet ist. Die Entschädigung stellt nach Auffassung des FG jedoch keine sonstigen Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG, sondern Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung dar. Der Steuerpflichtige erhob Revision gegen das Urteil.

Entscheidung

Der BFH entschied, dass die Revision begründet ist. Die Entschädigung gehöre nicht zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Denn dem BFH zufolge erzielt nur derjenige Einkünfte gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, der einem anderen zeitlich begrenzt unbewegliches Vermögen oder Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, gegen Entgelt zum Gebrauch oder zur Nutzung überlässt.

Die Grenze vom Nutzungs- zum Vermögensbereich ist nach Ansicht des BFH dann überschritten, wenn die gewählte Ausgestaltung der schuldrechtlichen Vereinbarungen dazu führt, dass der Besteller zwar bürgerlich-rechtlich Eigentümer des belasteten Grundstücksteils bleibt, er aber seine Herrschaftsgewalt wirtschaftlich gesehen endgültig in vollem Umfang verliert und eine Rückübertragung dieser Herrschaftsgewalt nahezu unmöglich wird. Das FG habe dabei als Tatsacheninstanz zu beurteilen, ob und inwieweit eine zeitlich begrenzte, unter § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG fallende entgeltliche Nutzungsüberlassung eines Grundstücks oder von Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, gegeben ist.

Nach Ansicht des BFH hat das FG im Streitfall unterlassen, die zeitlich begrenzte, entgeltliche Nutzungsüberlassung, klar von der grundsätzlich entgeltlichen, aber nicht steuerbaren dauerhaften Übertragung eines Wirtschaftsguts abzugrenzen. Daher habe das FG nicht erkannt, dass es im Streitfall an einer zeitlich begrenzten Nutzungsüberlassung fehle. Nach dem vom FG festgestellten Inhalt der Vereinbarung habe der Kläger der D-GmbH das Recht eingeräumt, sein Grundstück zum Zwecke von Bau, Betrieb und Unterhaltung elektrischer Leitungen nebst Zubehör einschließlich Steuer- und Telekommunikationskabel und aller dazu erforderlichen Vorkehrungen in Anspruch zu nehmen und zur Absicherung dieses Rechts eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch bestellt. Die der D-GmbH gewährten Rechte sind daher nach Auffassung des BFH weder schuldrechtlich noch dinglich auf eine zeitlich bestimmte oder absehbare Dauer beschränkt.

Zudem sei vom FG nicht hinreichend gewürdigt worden, dass die D-GmbH gegenüber dem Kläger sowohl die Überspannung des Grundstücks, als auch die Eintragung einer entsprechenden beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, notfalls auch zwangsweise durch Enteignung, hätte durchsetzen können. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des BFH für die Anwendbarkeit des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unerheblich, ob der Nutzungsüberlassung ein freiwillig begründetes Rechtsverhältnis oder aber z.B. ein Besitzeinweisungsbeschluss einer Behörde zugrunde liegt. Das Entgelt für die Entschädigung muss sich aber nach seinem wirtschaftlichen Gehalt als Gegenleistung für die Nutzung eines Grundstücks im Privatvermögen darstellen.

Im Streitfall stellt die Entschädigung nach Auffassung des BFH einen Ausgleich für die dingliche Eigentumsbeschränkung und die damit in Verbindung stehende Wertminderung des Grundstücks dar. Daher steht nach Ansicht des BFH die endgültige Aufgabe eines eigenständigen Vermögenswertes im Vordergrund und nicht die zeitliche Nutzungsüberlassung eines Grundstücks, sodass der Vorgang als nicht steuerbare Vermögensumschichtung zu behandeln sei und damit keine Einkünfte nach § 21 EStG darstellt.

Darüber hinaus gehört die dem Kläger gezahlte Entschädigung dem BFH zufolge auch nicht zu den sonstigen Einkünften i.S. des § 22 Nr. 3 EStG. Eine sonstige Leistung i.S. dieser Vorschrift sei jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das eine Gegenleistung auslöst. Nicht davon erfasst seien Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich. Wird das Entgelt dafür erbracht, dass ein Vermögensgegenstand in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird, so gehört es nach ständiger Rechtsprechung nicht zu den Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG.

Konsequenz

Da nicht die zeitlich vorübergehende Nutzungsmöglichkeit am Grundstück vergütet wurde, sondern die unbefristete dingliche Belastung des Grundstücks mit einer Dienstbarkeit und damit die Aufgabe eines Eigentumbestandteils, wies der BFH den Vorgang der privaten Vermögensebene zu.

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