EuGH Vorlage zur Umsatzsteuerpflicht bei Subventionen

Kernaussage

Der BFH hat dem EuGH im Rahnen zweiter Beschlüsse vier Fragen zur umsatzsteuerlichen Behandlung einer teilweise durch EU-Beihilfen subventionierten Lieferung vorgelegt.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtigen in den beiden Fällen sind eine GmbH & Co. KG bzw. eine eG, die in den Streitjahren als Großhändler für Obst und Gemüse tätig waren. Beide waren eine anerkannte Erzeugerorganisation i.S.d. EGV 2200/96 vom 28.10.1996 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse. Diese Erzeugerorganisationen können nach Artikel 15 EGV 2200/96 einen Betriebsfond einrichten und dafür eine finanzielle Beihilfe der EU erhalten.

Die Steuerpflichtigen schlossen in den Streitjahren Projektverträge mit verschiedenen Erzeugern ab, im Rahmen dessen die Steuerpflichtigen und der jeweilige Erzeuger eine Vereinbarung für die Durchführung einer bestimmten Investition im Betrieb des Erzeugers trafen. Die Kosten für die Instandhaltung der Investition waren vom Erzeuger zu tragen. Im Projektvertrag wurde vereinbart, dass die Vertragsparteien zu gleichen Teilen Miteigentümer des Projektgegenstandes werden. Der Projektgegenstand wurde über die Steuerpflichtigen bestellt. Diese machte den vollen Vorsteuerabzug geltend und stellte den jeweiligen Erzeugern einen Anteil der Netto-Investitionskosten zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung. Die Steuerpflichtigen gingen davon aus, dass nur die unmittelbaren und mittelbaren über den Betriebsfond an die Steuerpflichtigen geflossenen Zahlungen Entgelte für die Lieferungen der Projektgegenstände seien. Die Zahlungen aus dem Betriebsfond aus EU-Mittel stellten nach Auffassung der Steuerpflichtigen einen nicht steuerbaren Zuschuss dar.

Die Betriebsprüfung für die Streitjahre vertrat die Auffassung, dass der Zuschuss aus EU Mitteln einen nicht steuerbaren Zuschuss darstellt. Hinsichtlich der Ausgangsumsätze an die jeweiligen Erzeuger sei davon auszugehen, dass die Erzeuger von vorneherein die Verfügungsmacht an dem gesamten Projektgegenstand erworben haben. Denn die Lieferung des Projektgegenstandes erfolgte unmittelbar an den Erzeuger. Die Bemessungsgrundlage für die Lieferung sei, da es sich bei den Erzeugern um Genossenschaftsmitglieder handelt, nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 UStG in Form der Mindestbemessungsgrundlage zu ermitteln. Daher seien die steuerpflichtigen Umsätze der Steuerpflichtigen in den Streitjahren zu erhöhen. Dies gilt auch für Investitionen von Erzeugern, die zu 50 % aus einem besonderen Finanzbeitrag des jeweiligen Erzeugers und einer Beihilfe der EU gespeisten Betriebsfond finanziert wurden und die Steuerpflichtigen nur die mittelbar von den Erzeugern getragenen Aufwendungen in Höhe von 50 % besteuert haben. Die Steuerpflichtigen legten gegen die Umsatzsteuerbescheide erfolglos Einspruch ein. Daraufhin wurde Klage erhoben. Das FG hat entschieden, dass die Klagen unbegründet sind. Die Steuerpflichtigen legten gegen das jeweilige Urteil Revision ein.

Entscheidung

Der BFH hat die Verfahren gemäß §§ 74, 121 FGO ausgesetzt und dem EuGH vier Fragen zur Entscheidung vorgelegt.

Nationales Recht
Der BFH ist der Ansicht, dass nach nationalem Recht die Klage aus mehreren Gründen abzuweisen ist. Nach Auffassung des BFH könnte es sich bei den Umsätzen im Streitfall um einen Tausch mit Baraufgabe i.S.d. § 3 Abs. 12 UStG handeln. Denn die Parteien haben sich in einem Vertrag dazu verpflichtet einander gegenseitig Leistungen zu erbringen. Die Bemessungsgrundlage für den Tausch wäre dann der Wert des Umsatzes des anderen Unternehmers gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG.

Sofern kein Tausch mit Baraufgabe vorliegt, ist der BFH der Ansicht, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für die Lieferung nicht nur die den Erzeugerin in Rechnung gestellten Beträge, sondern auch die Zahlung aus dem Betriebsfond gehören. Denn bei der Zahlung vom Betriebsfond handelt es sich um eine Zahlung eines Dritten und nicht um die Umschichtung eigener Finanzmittel. Denn der Betriebsfond sei nach nationalem Recht als Zweckvermögen körperschaftsteuerpflichtig und stelle auch in der Umsatzsteuer ein rechtsfähiges Organ dar.

Sofern weder ein Tausch noch ein Entgelt von dritter Seite vorliegt, stellen dem BFH zufolge, die Einkaufspreise der Vorlieferanten der Steuerpflichtigen die Bemessungsgrundlage für deren Lieferung an die Erzeuger dar. Im Streitfall liegt das gezahlte Entgelt jedoch unter der Mindestbemessungsgrundlage i.S.d. § 10 Abs. 4 UStG, sodass die Mindestbemessungsgrundlage zum Tragen kommt. Dies gilt dem BFH zufolge unabhängig davon, dass der Erzeuger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt war.

Unionsrecht
Der BFH vertritt jedoch die Ansicht, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, dass die zuvor dargelegten Möglichkeiten mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Der BFH ist der Ansicht, dass sofern der EuGH zu der Auffassung gelangt, dass ein Tausch mit Baraufgabe vorliegt, die Bemessungsgrundlage nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zu bestimmen ist, weil das Unionsrecht keine dem § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG vergleichbare Sonderregelung zur Bemessungsgrundlage beim Tausch enthält. Die Besteuerungsgrundlage ist danach alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer für die Lieferung vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.

Unabhängig davon ist der BFH der Ansicht, dass zu klären ist, ob eine vom Betriebsfonds an die Erzeugerorganisation ausgezahlte finanzielle Beihilfe im Sinne des Art. 15 der VO Nr. 2200/96 eine "mit dem Preis der Lieferung zusammenhängende Subvention" eines "Dritten" darstellt. Der EuGH verlangt dafür, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Lieferung und Subvention besteht Dass nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG in den dort genannten Fällen auch die an die Steuerpflichtigen gezahlten, mit dem Preis der Lieferung zusammenhängenden Subventionen in die Besteuerungsgrundlage einzubeziehen sind, zielt darauf ab, den gesamten Wert der Gegenstände und Dienstleistungen der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, sodass vermieden wird, dass die Zahlung einer Subvention zu einem geringeren Steuerertrag führt. Das FG hat diese Voraussetzungen im Streitfall als erfüllt angesehen und entschieden, dass das mit den Betriebsfondsmitteln verfolgte Förderungsziel der Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage nicht entgegensteht. Der BFH neigt dazu, der Beurteilung des FG zu Folgen. Unionsrechtlich zweifelsfrei ist diese Einschätzung jedoch nicht, sodass dies dem EuGH zur Klärung vorgelegt wird.

Falls nach Auffassung des EuGHs im Falle der Gewährung von finanziellen Beihilfen zur Besteuerungsgrundlage nur die vom Erzeuger gezahlten Beträge gehören, ist weiter fraglich, ob das Unionsrecht der Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 UStG entgegensteht. Denn diese Vorschrift ist eine abweichende nationale Sondermaßnahme im Sinne des Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG und darf nur angewandt werden, soweit dies zur Vermeidung von Missbräuchen und Steuerhinterziehungen unbedingt erforderlich. Die Gefahr des Rechtsmissbrauchs oder der Steuerhinterziehung besteht allerdings nicht, wenn sich aus den objektiven Umständen ergibt, dass der Steuerpflichtige korrekt gehandelt hat. Deshalb könnte die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG unzulässig sein, wenn die verbilligte Lieferung darauf beruht, dass der Lieferer dafür eine finanzielle Beihilfe der EU erhält.

Abschließend soll der EuGH klären, ob es zulässig ist, die Mindestbemessungsgrundlage anzuwenden, obwohl der Leistungsempfänger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn es um die verbilligte Lieferung von Investitionsgütern geht, die der Berichtigung der Vorsteuerabzüge unterliegen.

Hinweis

Grundsätzlich teilt der BFH die Auffassung vom Finanzamt und Finanzgericht, dass der volle Einkaufspreis der Erzeugerorganisationen Bemessungsgrundlage für die Weiterlieferung der Investitionen an die Erzeuger ist. Allerdings hält er es für unionsrechtlich zweifelhaft, ob es dadurch zur Belastung finanzieller Beihilfen der EU mit Umsatzsteuer kommen dürfe.

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