Arbeitgeber sind keine Vermögensberater für Arbeitnehmer

Kernaussage

Arbeitgeber sind grundsätzlich nicht verpflichtet, die Vermögensinteressen ihrer Mitarbeiter wahrzunehmen. Auch haften sie nicht für unvollständige Informationen über Entgeltumwandlungen, wenn die Information lediglich allgemein ist. Erteilt der Arbeitgeber aber Auskünfte ohne Verpflichtung, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Andernfalls kann eine Haftung die Folge sein. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 18.2.2020 entschieden.

Sachverhalt

Im konkreten Fall ging es um den im Jahr 2014 in Ruhestand getretenen Kläger, der bis dahin bei der Beklagten beschäftigt war. Im Jahr 2003 hatte der Kläger an einer Betriebsversammlung teilgenommen, auf der ein Fachberater der örtlichen Sparkasse über Chancen und Möglichkeiten der Entgeltumwandlung als Vorsorge über die Pensionskasse informiert hatte. Daraufhin schloss der Kläger im Herbst 2003 dann eine Entgeltumwandlungsvereinbarung mit Kapitalwahlrecht ab.

Anfang 2015 ließ er sich seine Pensionskassenrente als Einmalkapitalbetrag auszahlen. Aufgrund einer Gesetzesänderung im Jahr 2003 musste der Kläger hierfür nun Sozialversicherungsbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichten. Dies sei dem Kläger jedoch nicht bekannt gewesen.

Der Kläger klagte daraufhin gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber vor dem zuständigen Arbeitsgericht auf Erstattung dieser Sozialversicherungsbeträge im Wege des Schadensersatzes. Nach Auffassung des Klägers hätte der Arbeitgeber ihn vor Abschluss der Vereinbarung über das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer Beitragspflicht auch für Einmalkapitalleistungen informieren müssen. Das Arbeitsgericht Dortmund wies die Klage ab; das Landesarbeitsgericht gab ihr dann statt. Daraufhin legte der Arbeitgeber Revision vor dem Bundesarbeitsgericht ein – mit Erfolg.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hob das Berufungsurteil auf und wies die Klage ab. Nach Auffassung der Richter des Bundesarbeitsgerichts sei der Arbeitgeber nicht der Vermögensberater des Arbeitnehmers und habe daher nicht dessen Vermögensinteressen wahrzunehmen.
Gibt der Arbeitgeber jedoch Auskünfte, ohne dazu verpflichtet zu sein, müssen die Aussagen richtig, eindeutig und auch vollständig sein. Andernfalls komme eine Haftung für Schäden in Betracht, die der Arbeitnehmer aufgrund der fehlerhaften Auskunft erleidet.

Im konkreten Fall kamen die Richter jedoch zu dem Entschluss, dass der Arbeitgeber weder bei der Informationsveranstaltung noch vor dem Abschluss der Vereinbarung auf die geplante Gesetzesänderung hätte hinweisen müssen. Auf der Betriebsversammlung waren weder die Gesetzesänderung noch die Beitragspflichten zur Sozialversicherung thematisiert worden. Etwas anderes hätte aber gegolten, wenn der Arbeitgeber detailliert Informationen zur sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der Entgeltumwandlung gegeben hätte. Dann wäre er gegebenenfalls auch verpflichtet gewesen, auf die damals noch in Planung befindliche Gesetzesänderung hinzuweisen.

Konsequenz

Für Arbeitgeber gilt daher – allein schon zur Vermeidung von Haftungsrisiken – Auskünfte an Arbeitnehmer tatsächlich nur auf diejenigen zu beschränken, die gesetzlich erforderlich sind. Bei darüber hinausgehenden Informationen bringt sich der Arbeitgeber andernfalls unfreiwillig in die Gefahr der Haftung,

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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