Keine Verhängung von Verwarngeldern für ordnungswidriges Parken durch private Dienstleister

 

Kernaussage

Die den Polizeibehörden gesetzlich zugewiesene Verpflichtung zur Überwachung des ruhenden Verkehrs und die Ahndung von Verstößen dürfen nicht durch private Dienstleister durchgeführt werden. Die Bestellung privater Personen zu Hilfspolizeibeamten der Ortspolizeibehörden ist gesetzeswidrig. Der von einer Stadt bewusst durch „private Dienstleister in Uniform der Polizei" erzeugte täuschende Schein der Rechtsstaatlichkeit, um den Bürgern und Gerichten gegenüber den Eindruck polizeilicher Handlungen zu vermitteln, ist strafbar. Dies entschied aktuell das Frankfurter Oberlandesgericht.

Sachverhalt

Der Oberbürgermeister der Stadt hatte als Ortspolizeibehörde wegen unerlaubten Parkens im eingeschränkten Halteverbot gegen einen Bürger ein Verwarngeld von 15 € verhängt. Auf dessen Einspruch wurde das Verwarngeld zunächst vom Amtsgericht bestätigt. Die Feststellungen zu dem Parkverstoß beruhten auf der Angabe des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der der Stadt durch „die Firma X überlassen" und von der Stadt als „Stadtpolizist" bestellt worden war. Die Tätigkeit übte der Zeuge in Uniform aus. Gegen die Verurteilung wandte sich der Bürger mit Erfolg.

Entscheidung

Nachdem die Richter zuvor schon den Einsatz sog. „privater Dienstleister" bei der Überwachung des fließenden Verkehrs grundsätzlich für gesetzeswidrig erklärt hatten, nahm das Gericht das aktuelle Verfahren zum Anlass, nunmehr erstmals auch über die Zulässigkeit des Einsatzes von sog. „privaten Dienstleistern" im Bereich der Verkehrsüberwachung im ruhenden Verkehr zu entscheiden. Die der Stadt als Polizeibehörde gesetzlich zugewiesene Verpflichtung der Überwachung des ruhenden Verkehrs und die Ahndung von Verstößen seien hoheitliche Aufgaben. Mangels Ermächtigungsgrundlage dürften sie nicht durch private Dienstleister durchgeführt werden. Insoweit stelle die vorgenommene Kombination aus Arbeitnehmerüberlassung und anschließender Bestellung zum „Hilfspolizeibeamten" eine vorsätzliche Umgehung des geltenden Rechts dar. Die Stadt könne für die eigene „Stadtpolizei" „eigene Bedienstete" bestellen. Das habe sie aber nicht getan. Stattdessen habe sie ihre hoheitliche Sanktionsmacht, Verwarngelder zu erheben, dazu verwendet, das Geschäftsmodell eines privaten Dienstleisters zu finanzieren. Damit dies nicht auffalle, lasse sie die Verkehrsüberwachung den privaten Dienstleister im strafbewehrten Gewand einer Polizeiuniform durchführen. Damit täusche die Stadt strukturell und systemisch den Bürger und die Gerichte im vollen Bewusstsein, dass sie geltendes Recht umgeht. Die Stadt habe damit nicht nur gegen geltendes Recht verstoßen, sondern zudem in Kenntnis dieses Verstoßes im Zusammenwirken mit einem privaten Dienstleister gegenüber Bürgen und Gerichten ein rechtsstaatswidriges System der Verschleierung und Täuschung aufgebaut.

Konsequenz

Der Beschluss schlägt aktuell hohe Wellen. Die Richter stellten deutlich klar, dass die ohne Rechtsgrundlage erfolgte Abgabe der Überwachung des ruhenden Verkehrs an Privatpersonen und die gleichzeitige Vorspiegelung gegenüber allen anderen Beteiligten – auch den Gerichten – es handele sich um Ortspolizisten, offenkundig rechtswidrig und strafbar ist. Die daraus resultierende Frage, ob überhaupt ein "Bußgeld" vorliegt oder ob es sich vielmehr um ein Betrugsdelikt und dessen noch unklare prozessuale Durchsetzbarkeit handelt, liess das Frankfurter Oberlandesgericht noch offen.

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