Einbezug in Umsatzsteuerbetrug – die Bedeutung von „hätte wissen müssen“

Aktuelle Entscheidungen (vereinfacht)

In einem lettischen Fall wurde einem Unternehmer vorgeworfen, Saatgut von Scheinlieferanten erworben zu haben. Fraglich für den Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen war, ob der Unternehmer gutgläubig war oder vom Betrug hätte wissen müssen, insbesondere da er außersteuerliche Aufzeichnungspflichten bei Bezug von Lebensmitteln nicht beachtet hatte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kommt hier zum Ergebnis, dass die Missachtung der Vorgaben der entsprechenden Lebensmittelverordnung alleine nicht zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen kann, jedoch gegebenenfalls in Verbindung mit anderen Beweisen.

Dem Bundesfinanzhof lag ein Fall vor, in dem der Kläger mit Altgold handelte. Nach einer Steuerfahndung ging das Finanzamt davon aus, dass der Kläger nur als Strohmann fungierte, ebenso wie seine Lieferanten. Unter anderem wurde ihm der Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen gestrichen. Die hiergegen gerichtete Klage ließ das Finanzgericht weitestgehend zu, versagte aber unverändert den Vorsteuerabzug, da der Kläger vom Umsatzbetrug seiner Lieferanten hätte wissen müssen. Der Bundesfinanzhof hat nun dieses Urteil wieder aufgehoben, da das Finanzgericht zwar unbestritten zahlreiche Indizien angeführt hatte, wieso ein Betrug anzunehmen sei, es aber unterlassen hatte zu klären, welchen Umsatzsteuerbetrug die Lieferanten denn tatsächlich genau begangen hatten.

Konsequenzen

Derzeit sieht die Rechtsprechung die Finanzverwaltung eindeutig in der Pflicht, objektive Nachweise zu erbringen, dass zum einen überhaupt ein Umsatzsteuerbetrug vorliegt und zum anderen der betroffene Unternehmer nicht sorgfältig gehandelt hat. Vermutungen, Behauptungen oder Indizien reichen nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung alleine nicht aus. Tritt die Finanzverwaltung daher mit einem solchen Ansinnen an Sie heran, dürfte es sich lohnen, hiergegen vorzugehen. Besser ist jedoch, Vorkehrungen zu treffen, um erst gar nicht in eine solche Situation zu kommen, z.B. durch bewusste Auswahl der Geschäftspartner.

Gert Klöttschen

Steuerberater

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